Viele Berichte über Massentierhaltungen, vor allem während der Hitzeperiode dieses Jahres zeigen, wie die Tiere leiden müssen. So können die Hühner 30 Prozent weniger Futter aufnehmen, die Eier sind kleiner, die Legeleistung sinkt, die Infekte wie auch Kannibalismus und Federpicken nehmen zu. Die Kühlsysteme vertragen sie nicht, bekommen Atemprobleme und fallen einfach um. 98 Prozent der Hühner in Massentierhaltungen haben ein gebrochenes Brustbein, wahrlich kein schönes Hühnerleben. Auch der Bericht über die Schweineproduktion, dass pro Woche 50'000 Tiere nicht abgesetzt werden können und der Preis von Fr. 8.– auf zirka Fr. 3.– gesunken ist, zeigt, dass etwas verändert werden muss. 

Anpassung an die veränderte Lage

Die Klimaerwärmung hat die Landschaft in den letzten 20 Jahren verändert und schreitet voran. Die Dominanz der Farbe Grün verschwindet immer mehr, die Farben Gelb und Braun werden immer stärker, auch wenn die Gegner davon sprechen, dass das Grünland Schweiz, wie es die letzten 100 Jahre wegen der Fleisch- und Milchproduktion üblich war, erhalten bleiben sollte. Wer sich jetzt schon an die veränderte Lage anpasst, hat in Zukunft die Nase vorn. 

Dies kann man aber von Herrn Ritter, den Wirtschaftsverbänden, den Zwischenhändlern und den Grossisten, die aktuell mit dem Fleischhandel viel Geld verdienen, nicht sagen. Sie möchten so weiter machen wie bisher und spannen zusammen. 80 Prozent der Gelder gehen an die Tierproduktion, obwohl auf der gleichen Fläche siebenmal mehr Menschen mit pflanzlichen Produkten ernährt werden könnten. Dass wir die dritthöchste Tierdichte nebst Holland und Dänemark haben, interessiert niemanden. Dass durch den Stickstoff die Bäume keine tiefen Wurzeln mehr bilden können und der Schutzwald in Gefahr ist, wird ignoriert. 

Wandel als Chance nutzen

Trotz diesen Tatsachen unterstützen Bergbauern, Älpler, Biobauern etc. die Ablehnung der Initiative. Genau sie würden von einer Annahme profitieren, könnten mit Diversität ein Zu­satz­einkommen generieren und die Vielfältigkeit der Landwirtschaft bestens präsentieren. Es wäre jetzt wichtig, in nachhaltige Tierproduktion zu investieren, anstatt fünf Prozent der Betriebe mit überdimensionaler Fleischproduk­tion zu unterstützen. Jetzt könnte man den Wandel als Chance nutzen und für die Generationen, welche in 25 Jahren am Ruder sind, eine sinnvolle Landwirtschaft gestalten. Es sagt ja niemand, dass weniger Lebensmittel produziert werden dürfen. Und solange jährlich über 2 Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfall landen, kann niemand von einem Problem der Nahrungsmittelsicherheit sprechen. 

Der mächtige Bauernpräsident Herr Ritter ist ein gewiefter Politiker und versteht es wie kaum ein anderer, die richtigen Register zu ziehen. So versammelt er jeweils vor der ordentlichen Session die rechten Parteien und gibt ihnen vor, wie sie abzustimmen haben. Nur so kann es sein, dass 43 Prozent der Politiker in Bundesbern, davon drei Prozent Bauern, ihm Gehör leisten. Seine Vernetztheit geht aber noch viel weiter. So verspricht er dem Finanzplatz Unterstützung bei der Verrechnungssteuer und im Gegenzug bekommt er Unterstützung gegen die Initiative. Economiesuisse bezahlt an die Parteien Fr. 330'000.– am 25. September aus, wenn Parolen gefasst werden, wie sie das wollen. Die SVP, FDP und die Mitte bekommen zusätzlich noch je Fr. 80'000.– vom Bauernverband. 

Ablehnung dient der mächtigen Fleischindustrie

Die Ablehnung der Initiative dient den industriellen Produzenten von Fleisch, den Branchenverbänden, die den Preis machen, und Migros, Coop, Aldi, Lidl etc., welche von stabilen Preisen profitieren. Der Bund unterstützt Proviande mit 5,5 Millionen Franken, damit sie den Fleischverkauf ankurbeln. 3 Millionen pro Jahr gehen an die Verarbeitungsbetriebe wie Micarna, damit sie Fleisch einlagern und die Grossisten keine Risiken beim Absatz eingehen müssen.

Anstatt die Mächtigen der Fleischindustrie zu unterstützen, wäre es wichtiger, dass Bauern und Konsumenten zusammenspannen würden. Der Trend geht Richtung regionales, qualitatives Fleisch, lassen wir uns also nicht blenden. In der Zeit, in der der Konsument Hafermilch trinkt, in der die Eimasse für die Bäckereien aus der Tube kommt und das vegane Fleisch annähernd so gut ist wie herkömmliches, braucht es neue Wege.