Die Analyse zu den «Preisen und Margen der (Bio-)Lebensmittel im Detailhandel» von Preisüberwacher Stefan Meierhans ist 17 Seiten dick und enthält – zwischen einigen geschwärzten Stellen – noch genug brisante Aussagen, um die Rechtsabteilungen von Migros und Coop in die Sätze zu bringen. Wichtigstes Ergebnis: Bei vier von fünf Bio-Produkten erzielen Migros und Coop höhere Bruttomargen als mit vergleichbaren konventionellen Produkten.

[IMG 2]In seiner Analyse vergleicht Preisüberwacher Stefan Meierhans die Nettomargen von Migros und Coop mit den Preisen in den Niederlanden, die mit der Schweiz vergleichbar sind.

In den Niederlanden seien die Nettomargen in Prozent vom Verkaufspreis bei den Bio-Produkten grundsätzlich tiefer. In der Schweiz kassieren die beiden orangen Riesen bei Bio-Produkten «eine extrahohe Marge», schreibt Meierhans.

Das Amt des Preisüberwachers kontrolliert seit 1973 die Preise, die nicht im freien Wettbewerb, sondern von marktbeherrschenden Unternehmen, von Kartellen oder dem Staat festgelegt wurden. Der Preisüberwacher schützt damit die KonsumentInnen vor zu hohen Preisen aufgrund fehlenden Wettbewerbes. Das Amt gehört zum Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF.

Migros und Coop nutzen wahrscheinlich das sogenannte Nash-Gleichgewicht

Ein oranger Elefant in einem leeren Raum, daneben das gezeichnete Porträt von «die grüne»-Chefredaktor Jürg Vollmer.EditorialMigros und Coop sind die orangen Elefanten im Raum – Editorial von Jürg VollmerDonnerstag, 26. Januar 2023 Den Milliardenkonzernen Migros und Coop attestiert Stefan Meierhans «Duldung statt Preiskampf». Oder wie wir in unserem Editorial «Migros und Coop sind die orangen Elefanten im Raum» schrieben: Sie nutzen wahrscheinlich das sogenannte Nash-Gleichgewicht, benannt nach dem Mathematiker und Wirtschaftsnobelpreis-Träger John Nash.

Dabei wählen Migros und Coop einzeln ihre beste Strategie – mit Blick auf die Entscheidungen des jeweils anderen: Bei den Produzentenpreisen für die Bio-Lebensmittel schaut Migros, was Coop macht, und Coop schaut, was Migros macht. So, dass sie sich gegenseitig nicht allzu hart konkurrieren. Und beide profitieren von den überhöhten Margen.

Die Gewinner beim Nash-Gleichgewicht sind Migros und Coop. Die Verlierer sind die Konsumenten, die überteuerte Preise bezahlen, und die Bio Suisse-Landwirte respektive Landwirte mit Labels wie IP-Suisse, deren Produkte im Laden gegenüber konventionell produzierten Lebensmitteln nicht konkurrenzfähig sind.

Unter dem Titel «Coop und Migros sichern sich hohe Bio-Margen, indem sie auf Preiskampf verzichten» erklärt die «BauernZeitung» ausführlicher, wie dieses System funktioniert.

SECO und Milchproduzenten SMP kritisieren die hohen Margen von Migros und Coop auch

Den Vorwurf der überhöhten Preise in Migros und Coop gibt es über das Bio-Segment hinaus:

Migros und Coop lehnen Vorschlag des Preisüberwachsers für eine einvernehmliche Lösung ab

Der Preisüberwacher geht davon aus, dass die KonsumentInnen einen Bio-Preisaufschlag zwischen 10 und 30 Prozent akzeptieren würden. Sein Vorschlag: Keine höheren Margen (in Franken pro Kilo, Liter oder Stück), wenn der prozentuale Bio-Preisaufschlag mehr als 20 Prozent beträgt. Höhere Nettomargen bei Bio-Produkten wären dann nur zulässig, solange diese nicht mehr als 20 Prozent teurer sind als ihr entsprechendes konventionelles Produkt.

«Bedauerlicherweise waren die eingeladenen Unternehmen zu dieser mit Preissenkungen verbundenen Zusage nicht bereit», erklärt Preisüberwacher Stefan Meierhans. Er wird nun wohl die Wettbewerbskommission WEKO einschalten (früher Kartellkommission). Diese ist zuständig, wenn der Verdacht besteht, dass Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen – beispielsweise bei der Preisgestaltung.