Kartoffelsorten gibt es fast wie Sand am Meer. Allen gemein ist: Sie mögen fruchtbare, lockere Böden. Auf vernässten, schweren Böden wachsen sie mehr schlecht als recht. Auf den Kartoffelanbau muss man deswegen nicht verzichten: Es gibt ja noch die irische Methode. Dort pflanzte man früher Kartoffeln in sogenannte «lazy beds», also Faulenzer-Beete.
Diese Anbaumethode ist auch geeignet um ein Rasen- oder Wiesenstück in einen Gemüsegarten zu verwandeln. Der Name ist allerdings ein wenig irreführend: Nur die Ernte ist bequem, der Rest ist harte Arbeit. Und so geht es:
- Markieren Sie zuerst die späteren Kartoffelreihen im Abstand von 50 bis 70 cm.
- Bringen Sie direkt neben der Markierung eine zirka 20 cm breite und 5 bis 10 cm hohe Schicht gut verrotteten Mist oder Kompost aus.
- Legen Sie dann die Pflanzkartoffeln im gewünschten Pflanzabstand direkt auf dem Mist oder Kompost ab.
- Stechen Sie von der übrigen Fläche, also jener Fläche, die nicht mit Mist oder Kompost bedeckt ist, die obere Schicht mit dem Spaten ab. Die Grassode sollte möglichst zusammenhalten.
- Decken Sie die Kartoffeln mit den umgekehrten Grassoden zu. Die Wurzelseite muss oben liegen.
- Schaufeln Sie danach noch etwas Erde aus den neu entstandenen Rinnen auf die Grassoden.
- Häufeln Sie die Kartoffeln während der Wachstumsperiode noch ein- bis zweimal an.
- Das war der anstrengende Teil. «Faul» ist nur die Ernte: Man klappt einfach die ehemaligen Rasensoden auseinander und entnimmt die Kartoffeln. Das lässt sich nun wirklich ganz leicht und von Hand erledigen.
Kartoffeln im Heu
Noch bequemer geht die Ernte beim Anbau mit der Tessiner Methode. Dabei muss der Boden nicht einmal umgegraben werden. Man legt die Kartoffeln direkt auf eine sehr kurz gemähte Wiese oder rohen Gartenboden, auf dem man eine Schicht Kompost oder verrotteten Mist ausgebracht hat. Statt mit Erde deckt man die Kartoffeln mit (idealerweise altem) Heu ab. Wenn das Heu zusammenfällt und die Kartoffeln zum Vorschein kommen, muss Heu nachgelegt werden.
Bei grosser Trockenheit sollte man ab und zu giessen. Ansonsten gibt es wenig zu tun. Für die Ernte nimmt man einfach das Heu weg und schon liegen die Kartoffeln vor einem. Man kann sogar einzelne Kartoffeln unter dem Heu «pflücken», wenn man will. Aber Achtung: In niederschlagsreichen Regionen ist diese Methode nicht zu empfehlen. Die feuchte Heuschicht wird sonst zum Schneckeneldorado.
Aus eins mach zehn
Neben anderen Anbaumethoden gibt es auch andere Methoden der Saatkartoffelverwendung, die sich mitunter lohnen. Früher hat man Saatkartoffeln häufig geteilt. Im Extremfall wurden sogar nur die Augen aus den Kartoffeln herausgeschnitten und gepflanzt, damit der grosse Rest der Kartoffel gegessen werden konnte. Die so vermehrten Kartoffeln werden zwar teilweise nicht ganz so gross, sie sind aber besonders vital und gesund. Das liegt daran, dass die Viruskrankheiten, die den Kartoffeln beim Nachbau sonst zu schaffen machen, überwiegend im Kartoffelfleisch sitzen.
Der Kartoffelkeimling nimmt die Viren aus der Pflanzkartoffel auf. Je weniger Pflanzkartoffelfleisch er zur Verfügung hat, desto weniger Viren nimmt er auf. Man kann sogar so weit gehen und nur den Keimling, ganz ohne Kartoffelfleisch, verwenden. In diesem Fall sollte man aber nicht direkt ins Beet, sondern zuerst in Aussaaterde pflanzen und Stecklinge ziehen. Da der Keimling nicht auf das Nährstoffreservoir der Pflanzkartoffel zugreifen kann, muss er sofort selbst Wurzeln bilden.
Das kostet ihn zwar Kraft, geht aber ganz gut. Am besten verwendet man für die Stecklingsanzucht grosse Kaffeefiltertüten, füllt Erde hinein (Gartenerde oder Blumenerde) und stellt diese so in einen Behälter, dass sie nicht umkippen können. Sobald die Setzlinge einige Blätter gebildet haben werden sie mitsamt dem Kaffeefilter gepflanzt. Der Kaffeefilter zersetzt sich in der Erde rasch.
Die Stecklinge brauchen ein wenig länger, bis sie erntereif sind. Mit dieser Methode kann man von jeder Kartoffel so viele Kartoffelpflanzen ziehen, wie die Kartoffel Augen hat. Im Hausgarten lässt sich damit jede beliebige Kartoffelsorte vermehren und – besonders wichtig – im Nachbau gesund halten. Normalerweise degenerieren nachgebaute Kartoffeln nach wenigen Jahren. Einzig in Höhenlagen bleiben die Kartoffeln längerfristig gesund weil es dort
keine Läuse hat, die die Viruskrankheiten übertragen können.
Die anderen Kartoffeln
Es gibt nicht nur andere Anbaumethoden, sondern auch andere Kartoffelarten. Die Kartoffeln, die wir in der Schweiz anbauen, stammen vermutlich von der peruanischen (eventuell auch chilenischen) Kartoffelart Solanum tuberosum ssp. andigena ab, die um 1565 nach Spanien eingeführt und später mit der aus Südchile stammenden Art Solanum tuberosum ssp. tuberosum gekreuzt worden ist. In den Anden werden jedoch zahlreiche andere Kartoffelarten kultiviert, wie die Solanum phureja oder die nachtfrostverträgliche Solanum ajanhuiri.
In Süd- und Mittelamerika gibt es darüber hinaus rund 230 Wildkartoffelarten. Sie können in der Schweiz meistens nicht angebaut werden, weil es sich um Kurztagspflanzen handelt. Das heisst sie blühen erst, wenn die Tage kürzer werden. Dementsprechend fällt auch die Ernte in die Zeit mit der kurzen Tageslänge – die bei uns bekanntlich die kalte Jahreszeit ist.
Die Kartoffelart Solanum phureja kann man dagegen auch in der Schweiz anbauen. Die Formenund Farbenvielfalt ist gross und Phurejakartoffeln sind deutlich schneller gar, die Kochzeit verringert sich um rund ein Drittel. Allerdings ist auch der Ertrag in der Regel wesentlich geringer. Ein Versuch lohnt sich trotzdem, allein wegen dem speziellen
Geschmack, der als mandel- oder maronenartig bezeichnet werden kann.
Hof- und Spezialkartoffeln
Stefan Griesser aus Weiach ZH ist Hobbykartoffelzüchter. Er hat es trotzdem geschafft eine Nischenzulassung für eine neue Züchtung zu erhalten: Die Sorte «Blue Eyes» ist eine Solanum phureja, die künftig in der Schweiz vermehrt werden soll. Es ist nicht die einzige Kartoffelsorte, die er kultiviert. Griesser bietet Kartoffelproduzenten sogar Hofsorten an. Mit dem Hofsortenprogramm haben die Bauern die Möglichkeit eine neue Sorte exklusiv anzubauen, ihr einen Namen zu geben und sie als Spezialität zu vermarkten.
Es handelt sich dabei um vorerst namenlose Eigenzüchtungen, die sowohl aus klassischen Kartoffelarten (Solanum tuberosum), als auch aus Kreuzungen mit Wildformen bestehen. Da sich nicht jede Sorte gleich gut für jeden Standort eignet, empfiehlt Griesser interessierten Bauern erst einmal mehrere Sorten mit den gewünschten Eigenschaften zu testen und dann die am Standort produktivste zu behalten. Für die Saatgutvermehrung und Gesunderhaltung sind die Bauern in diesem Fall selbst verantwortlich.
Auch Familie Jakob aus Bätterkinden BE ist dem Kartoffelzuchtvirus erlegen: Sie züchten eigene Hofsorten und nennen sie «Jakoberli». Diese und zahlreiche andere Kartoffeln sollte man unbedingt einmal degustieren. Es lohnt sich deshalb schon heute in der Agenda den Termin für den «Härdöpfu- und Öpfumärit» im Wankdorfcenter in Bern anzustreichen.
Er findet dieses Jahr am 13. und 14. Oktober statt. Dort wird Familie Jakob vom Berchtoldshof rund 40 Speisekartoffelsorten anbieten. Neben den eigenen Züchtungen sind auch Solanum phureja Sorten wie «Mayan Gold» oder «Mayan Twilight» darunter. Und wenn eine Sorte mundet kann man im darauffolgenden Frühjahr am Ostermärit das entsprechende Pflanzgut erstehen.
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