In praktisch der ganzen Schweiz gab es seit dem vergangenen Wochenende heftige Gewitter mit Starkregen, Sturmböen und Hagel, die gebietsweise grosse Schäden verursachten. Von alledem verschont blieb das Unterengadin. Die Gegend ist tatsächlich aktuell sogar ziemlich trocken.

«Wir wären froh um jeden Tropfen» 

«Den Regen sehen wir nur im Fernsehen», meint Fadri Stricker, Präsident des Unterengadiner Bauernverbands auf Anfrage. Im Mai habe es noch genug geregnet, die Temperaturen waren aber wie im Rest der Schweiz tief. Das bescherte den Unterengadiner Bauern einen ersten Schnitt von guter Qualität und leicht überdurchschnittliche Erträge. Die Alpen wurden laut Stricker rund 10 Tage später bestossen als in anderen Jahren – allerdings primär wegen des Schnees. «Jetzt ist es heiss und wir wären froh um jeden Tropfen», schildert der Unterengadiner. Im ganzen Juni habe es noch kaum geregnet.

Allerdings seien die Bauern an die Trockenheit gewöhnt und aktuell sehe es noch nicht nach gröberen Ertragseinbussen aus.

Eine der trockensten Gegenden der Schweiz

Allzu erstaunlich ist die Lage im Unterengadin nicht, bestätigt Meteorologe Ludwig Zgraggen vom Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie Meteo Schweiz: «Das Unterengadin ist eine der trockensten Gegenden der Schweiz».  Was die grossen Regenmengen und Unwetter in den letzten Tagen verursacht hat, war laut Zgraggen eine Südwest-Strömung, die feuchte Luft in die Schweiz brachte. «Bis die Luftmassen im Unterengadin angekommen sind, waren sie abgetrocknet», führt der Meteorologe aus. 

Zwar könne es auch im Unterengadin heftige Gewitter geben, das seien aber meist stehende (nicht ziehende) Gewitterzellen. Ein derartiges Ereignis fand im Juli 2015 statt und löste im Val Scarl und in Scuol schwere Murgänge aus, so Ludwig Zgraggen. Grund für die geringen Jahresniederschläge seien die hohen Bergketten, von denen die Region umgeben ist. Beim Aufstieg kühlt die von aussen kommende Luft ab, die Feuchtigkeit kondensiert zu Regen und die Luft strömt trocken ins Unterengadin.

Keine grossen Niederschläge in Sicht

Mit dem heutigen Donnerstagabend ändere sich das Wetter, die Gewitter enden vorerst. «Für das Unterengadin erwarten wir heute Abend, vielleicht morgen Freitag etwas Regen», prognostiziert Zgraggen. Bis grössere Mengen Regen diese Gegend des Bündnerlands erreichen, wird es aber voraussichtlich noch länger dauern.