Zu Fuss, mit dem Hund, auf dem Fahrrad: viele Bauernfamilien stellen fest, dass immer mehr Menschen im ländlichen Gebiet unterwegs sind. Nicht alle Besucher bringen dabei Verständnis für die ansässige Landwirtschaft auf oder wissen, welches Verhalten angebracht ist. Gerade im Kontakt mit Rinderherden kann es so schnell zu gefährlichen Situationen kommen. Umso wichtiger ist für Tierhalter die Beurteilung der Risiken für Drittpersonen und das Umsetzen geeigneter Massnahmen. Dies gilt nicht nur im Berg- oder Wandergebiet!

Nochmal Glück gehabt

Links Bäume im bunten Blätterkleid und die rauschende Langete, rechts eine Rinderweide: der malerische Kiesweg ist wie gemacht für einen erholsamen Herbstspaziergang.
Hansueli Hasler steht auf dem Hausplatz und blickt hinunter auf die Parzelle, die er gerade mit seinen Mutterkühen beweidet. «Am Sonntagnachmittag hörte ich plötzlich ein Brüllen der Kühe und ging hinaus, um zu schauen, was los ist» erzählt er. Durchs Fernglas beobachtete er, wie die ganze Herde aufgebracht Richtung Zaun rannte.

Was er dann sah, liess ihm den Atem stocken: «Ein kleiner Junge befand sich in der Weide und wollte sich den Tieren nähern, seine Mutter stand mit dem Hund aussen am Zaun und schaute zu.» Blitzartig habe er sich da ins Auto gesetzt und sei hingefahren zu den Spaziergängern. Bei seiner Ankunft stand der Bub glücklicherweise schon wieder ausserhalb der Weide, wohlbehalten. «Meine Kühe sind zutraulich, ich kann jede ans Halfter nehmen. Aber das da unten - das hätte auch gewaltig schief gehen können!» sagt der Madiswiler nachdenklich.

Er habe das Gespräch gesucht mit der Mutter, ihr erklären wollen, dass Kühe ihre Kälber verteidigen und welchem Risiko ihr Sohn ausgesetzt gewesen sei. Dass er als Tierhalter letztendlich die Verantwortung trage, wenn etwas passiere. «Mir schien jedoch, dass die Mutter die Problematik nicht erkannt hat. Sie meinte, sie habe auch Kühe neben ihrem Haus und sie fand das alles nicht so schlimm», erinnert sich Hasler kopfschüttelnd.

Tierhalter/-innen und ihre Sorgfaltspflicht

Das Obligationenrecht legt im Artikel 56 fest, dass Tierhalter grundsätzlich immer für Schäden durch ihre Tiere haften, ausser sie können nachweisen, dass sie alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet haben.

Als Leitfaden zur Erfüllung dieser Sorgfaltspflicht hat die BUL gemeinsam mit dem Schweizer Bauernverband, Schweizer Wanderwege und Mutterkuh Schweiz einen Ratgeber mit einer Checkliste entwickelt. Schritt für Schritt können Halterinnen und Halter von Rindviehherden damit ihre Situation vor Ort beurteilen und geeignete Massnahmen definieren. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass in der Gerichtspraxis bei Unfallereignissen der Risikobeurteilung mit dem Ratgeber ein gewisses Gewicht zugunsten der Tierhalter beigemessen wird.

Daher wird die Anwendung des Ratgebers nicht nur bei Weiden mit offizieller Wanderwegquerung empfohlen, sondern auch für folgende Situationen:

  • Weiden mit inoffiziellen (nicht markierten) Wegen
  • Weiden entlang von Wegen mit hoher Personen- und Hundefrequenz
  • Weiden angrenzend an Wohnsiedlungen, Spielplätze, Schulareale, usw.

Der Ratgeber kann gratis bei der BUL oder bei Mutterkuh Schweiz bezogen werden.

Massnahmen sofort umgesetzt

Hansueli Hasler hat inzwischen seine Risikobeurteilung gemacht und Massnahmen umgesetzt: «Grad am Montag habe ich dem Spazierweg entlang eine dritte Litze eingezogen. Zudem habe ich nun am Anfang und am Ende der Weide eine Mutterkuh-Warntafel aufgestellt und werde da auch noch ein Böxli mit Infoflyern montieren.» Er hoffe, dass sich damit weitere Vorkommnisse vermeiden liessen, denn «sowas fährt schon ganz gewaltig ein!»

Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit agriss.ch erstellt.