Die Tage werden länger, das Wetter lädt zum Draussensein und zu Unternehmungen ein. Immer mehr Schweizer(innen) wählen als Ausflugsziel oder für eine Übernachtung einen Bauernhof aus: Der Agrotourismus boomt. Gäste auf dem Landwirtschaftsbetrieb können einen willkommenen Zusatzverdienst einbringen – wenn das Angebot sowohl zur Nachfrage als auch der Bauernfamilie passt.
Beim Tourismusbüro nachfragen
[IMG 2]«Gibt es eine allgemeine Nachfrage für den Tourismus in einer Region, ist auch Agrotourismus gefragt», hält Karin Wechsler fest. Die gelernte Hotelfachfrau berät in Sachen Agrotourismus, ist Vizepräsidentin des Vereins Agrotourismus Schweiz und hat selbst über 20 Jahre lang Gäste auf dem eigenen Betrieb in Neuenkirch LU empfangen. Um die Nachfrage abzuklären, könne man sich bei Interesse z. B. bei anderen Anbietern oder dem örtlichen Tourismusbüro informieren.
4 Ms und Vorzeigbarkeit
Wichtig für einen erfolgreichen Einstieg in den Agrotourismus ist aber längst nicht nur das lokale Potenzial dafür. Wie Karin Wechsler ausführt, sollten die Gastgeber und der Hof einige grundlegende Kriterien erfüllen:
Gastgeber: 4 Ms («Man muss Menschen mögen»), genügend Zeit haben, Offenheit für Neues
Betrieb: Sauberkeit, Ordnung, Möglichkeiten, Tiere oder die landwirtschaftliche Produktion zu zeigen (Weinbau, Ackerbau, Gemüse, Ställe usw.)
Je nach dem Bedürfnis der Bauernfamilie, ihren Stärken, Vorlieben und Kenntnisse, aber auch der verfügbaren Zeit gilt es anschliessend, die richtige Form für das eigene Agrotourismus-Angebot zu finden. Vom Schlafen im Stroh über kleine Events oder die Beherbergung grösserer Festgesellschaften gibt es zig Möglichkeiten und der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt.
Die Anforderungen abklären
Gewisse Grenzen gibt es dann aber doch, etwa durch die Raumplanung. «Am besten fragt man bei der Gemeinde nach, ob es für das angedachte agrotouristische Angebot spezifische Vorschriften gibt, ein Wirtepatent oder eine Bewilligung vorausgesetzt wird», rät Karin Wechsler. Bei der Abgabe von Lebensmitteln gilt es ausserdem, sich beim kantonalen Amt für Lebensmittel anzumelden und die geforderte Selbstkontrolle durchzuführen. Weiter zu beachten ist der Brandschutz und Versicherungen müssen informiert werden.
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Zu Agrotourismus Schweiz
Die Familie miteinbeziehen
Nicht zuletzt ist neben dem Kontakt mit Behörden auch das Gespräch mit der Familie wichtig. «Sind genügend Zeitressourcen und Geldmittel vorhanden, warum wollen wir überhaupt Agrotourismus anbieten, ist die Gästebewirtschaftung gut in den Alltag einbindbar und können wir den Gästen etwas Spezielles bieten?», nennt die Fachfrau einige Beispielfragen. Inspiration und Unterstützung in Sachen Agrotourismus finde man im Gespräch mit anderen Anbieterhöfen oder spezifischen Beratern, beim Verein Agrotourismus Schweiz, bei landwirtschaftlichen Bildungszentren, in einem Agrotourismus-Arbeitskreis oder selbst als Gast.
Das Angebot bekannt machen
Wie lange die anfängliche Durststrecke bis zum wirklichen Anlaufen des Angebots maximal dauern sollte, möchte Karin Wechsler nicht allgemein bemessen. «Das hängt von den Investitionen und der persönlichen Ausrichtung ab», gibt sie zu bedenken. Um etwas Neues bekannt zu machen, bieten sich ein Eröffnungsfest mit Einladung von Medienleuten und Werbung auf den sozialen Medien an. Sehr hilfreich sei ausserdem die Mund-zu-Mund-Propaganda dank guter Qualität, oder auch Partnerschaften und die Mitgliedschaft im Verein Agrotourismus Schweiz.
Erfolgsrezept und Stolperstein
Mit Freude, Leidenschaft und viel Engagement für die Gäste da zu sein, ist in Karin Wechslers Augen das Erfolgsrezept beim Agrotourismus. Zu wenig verfügbare Zeit, unterschätzter Arbeitsaufwand und das Übersehen rechtlicher Vorgaben sind Stolperfallen, die es zu vermeiden gilt. «Ganz allgemein finde ich es sehr wichtig und empfehle es allen Neueinsteigern, das Modul ‹Willkommen auf dem Bauernhof› an einer landwirtschaftlichen Schule zu besuchen», meint Wechsler abschliessend, «und zwar am besten bevor man anfängt».
In Kürze: Die wichtigsten Punkte für den Einstieg
1. Nachfrage abklären
2. Möglichkeiten, Bedürfnisse und Ideen mit der Familie besprechen
3. Sich über rechtliche Vorgaben informieren
4. Werbung machen und mit hoher Qualität überzeugen
Karin Wechsler empfiehlt allen Interessierten vor dem Einstieg in den Agrotourismus den Besuch des Moduls «Willkommen auf dem Bauernhof» an einer landwirtschaftlichen Schule.