Kurz & bündig

- ÖLN-Gemeinschaften haften nur in den Bereichen gemeinsam, die sie zusammen erfüllen.
- Im Gegensatz zu Betriebsgemeinschaften bleiben die Betriebe unabhängig.
- Die ÖLN-Kriterien einer Gemeinschaft werden nach dem gleichen Rhythmus und denselben Kontrollpunkten kontrolliert wie bei Einzel-betrieben. Der Übersicht halber besucht der gleiche Kontrolleur beide Betriebe.

Wann ist Ihrer Erfahrung nach eine ÖLN-Gemeinschaft sinnvoll?

Raphael Müller: Sinnvoll ist eine ÖLN-Gemeinschaft für Landwirte, die einen Teil der ÖLN-Anforderungen allein nicht erfüllen können. Im Gegensatz zu einer Betriebsgemeinschaft kommt es nicht zu einer kompletten Fusion der Betriebe.

DossierJahresthema 2021«Hand in Hand» – die Serie zum Thema ZusammenarbeitMittwoch, 27. Januar 2021 Häufig beginnen Betriebe, in einem ersten Schritt die Nährstoffbilanz gemeinsam zu erfüllen. Danach merken sie, dass es für sie einfacher ist, die gesamten Anforderungen gemeinsam zu erfüllen.

Reicht da ein Dünge-Abnahme-Vertrag nicht aus?

Ein Dünger-Abnahme-Vertrag ist einseitig, sprich ein Landwirt gibt seinen Hofdünger ab. Was danach damit passiert, betrifft ihn nicht mehr. Eine ÖLN-Gemeinschaft geht klar weiter, obwohl jeder Betrieb für sich wirtschaftet.

Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile von ÖLN-Gemeinschaften?

Eigentlich erstaunt es mich, dass es nicht mehr ÖLN-Gemeinschaften gibt. Im Kanton Aargau etwa sind es knapp 60. Denn diese Zusammenarbeitsform ermöglicht Landwirten, zum Beispiel die Fruchtfolge über die gesamte Fläche beider Betriebe zu planen oder die Biodiversitäts-Förderflächen bei einem Betrieb zu optimieren. Das führt dazu, dass sich Betriebe optimieren können, aber dennoch eigenständig bleiben.

Denn eine gemeinsame Haftung gibt es nur in den Bereichen, die gemeinsam erfüllt werden, also beispielsweise bei der Nährstoffbilanz. Das ist ein klarer Unterschiede zu einer Betriebsgemeinschaft.

Dass in einer ÖLN-Gemeinschaft wenig geregelt ist, kann auch ein Nachteil sein. Möchte ein Partner aussteigen, kann er das jährlich mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten tun.

Erfüllt nun zum Beispiel ein Betrieb die Anforderungen an Ökoflächen für beide und steigt aus, bringt das den Partner natürlich in Schwierigkeiten – ausser, er findet relativ schnell einen Nachfolger, der den Ökoflächen-Anteil auch für ihn erfüllen kann.

Sie sind Agricon-Stellenleiter: Wie häufig wird eine ÖLN-Gemeinschaft kontrolliert?

Der Kontroll-Rhythmus und die Kontrollen sind genau gleich wie bei Einzelbetrieben. Der einzige Unterschied ist, dass die beiden Betriebe vom gleichen Kontrolleur besucht werden, damit er die Übersicht behält.

Bei Mängeln kommt die Direktzahlungsverordnung zur Anwendung: Stimmt etwas in dem Bereich nicht, den zwei Betriebe gemeinsam erfüllen, haften sie auch gemeinsam.

Beraten Sie die Landwirte auch?

Wir unterstützen natürlich Landwirte, die Fragen haben, etwa zu Kontrollen. Doch sobald eine Kontrollanmeldung erfolgt ist, machen wir keine Beratungen mehr. Grundsätzlich ist die Beratung Sache der landwirtschaftlichen Schulen oder anderer Fachexperten.

Die Unterlagen zu den Kontrollpunkten umfassen weit über 100 Seiten. Wie behalten Sie als Kontrolleur und als Landwirt den Überblick?

(lacht) Das Spektrum an Kontrollpunkten ist tatsächlich gigantisch. Unsere Kontrolleure sind zum einen Praktiker und kennen sich aus.

Zum anderen haben sie ihre Spezialgebiete. Bei einer Kontrolle werden «nur» die für diesen Betrieb relevanten Punkte kontrolliert. Doch auch das können rasch dreissig bis vierzig Fragen sein, die es abzuarbeiten gilt.

Wie wählen Sie Ihre Kontrolleure aus und wie schulen Sie diese?

Wir haben das Glück, dass wir kaum Fluktuation haben. Unsere Kontrolleure sind seit Jahren dabei und haben viel Erfahrung. Steigt jemand neu ein, dauert es zwei, drei Jahre, um ihn richtig anzulernen – niemand muss von Beginn weg die volle Verantwortung übernehmen.

Jeder unserer Kontrolleure hat jährlich mindestens vier bis fünf Weiterbildungstage. Das kostet uns zwar als Firma einiges, doch dafür halten wir die Qualität hoch. Die Kontrolleure werden zum einen von den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle, aber auch von externen Experten weitergebildet. Und: Wir begleiten auch immer wieder Kontrollen.

Sind Sie als Kontrolleur nicht im Sandwich zwischen Ihren Auftraggebern und den Landwirten?

Wir sehen uns als Bindeglied und nicht nur als Polizei. Bei den Kontrollen haben wir auch eine Kommunikationsfunktion, wenn wir Gesetze und Verordnungen dem Landwirten aufzeigen müssen.

Doch wir geben unseren Auftraggebern, also Bund, Kanton und privaten Labels, auch Rückmeldungen. Zum Beispiel zur Kontrollierbarkeit von gewissen Programmen oder Kontrollpunkten. Beispielsweise ist die Bearbeitungstiefe von maximal 10 cm bei Mulchsaaten nicht kontrollierbar gewesen. Unser Ziel ist, nach kontrollierbaren Kriterien arbeiten zu können.

 

Zur Person

Raphael Müller (36) ist Geschäftsführer und Stellenleiter der landwirtschaftlichen Kontrollstelle Agricon Aargau in Muri. Müller ist Landwirt EFZ und hat an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in Zollikofen Agronomie studiert. Neben seiner Funktion als Stellenleiter bei Agricon führt er den Huserhof in Wohlen AG. Müller plant und bewirtschaftet zudem als Kartoffeldienstleister in Lohnarbeit weitere Flächen im Aargau und den umliegenden Kantonen.

 

Qualitätskontrolle im Agrarbereich

Agricon macht im Auftrag kantonaler und schweizweiter Partner sowie privater Labels Qualitätskontrollen. Agricon führt jährlich auf rund 1600 Betrieben im Aargau und umliegenden Kantonen Kontrollen durch.