Butter ist seit drei Jahren wieder ein rares Gut. Während 2012 rund 10'642 Tonnen Butter exportiert wurden, waren im Jahr 2020 die Schweizer Tiefkühlbutter-Lager leer, weil die Schweizer während der Covid-Pandemie zu Hause bleiben mussten und dort mehr Butter konsumierten.

Deshalb mussten 2020 bis 2022 grosse Mengen ausländischer Butter importiert werden, im Durchschnitt 28 Mal mehr als in den zehn Jahren davor:

  • 6000 Tonnen (2020)
  • 2500 Tonnen (2021)
  • 7859 Tonnen (2022)
  • 8000 Tonnen (geschätzt für 2023)

2022 wurden in der Schweiz 41'082 Tonnen Butter konsumiert – aber nur 33'737 Tonnen mit Schweizer Milch produziert. Deshalb wird Butter importiert: 900 Gramm pro Kopf und Jahr bei einem Pro-Kopf-Konsum von 5,2 Kilo.

Wir essen also 17 Prozent Import-Butter – meist, ohne es zu wissen. Denn auf der Butter-Packung muss man den Hinweis suchen.

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2023 fehlen im Schweizer Milchmarkt schätzungsweise 8000 Tonnen Schweizer Butter

AboMilch-Tanks in der Milch-Industrie (Symbolbild)Milchmarkt SchweizBauernverbände wollen BOB Butter und BSM Milchpulver in die BOM Milch integrierenMittwoch, 24. Mai 2023 Die Branchenorganisation BOB Butter geht für 2023 von einer höheren Milchproduktion aus als 2022 und von einer abnehmenden Menge von zu Käse verarbeiteter Milch. Trotz dieser für die Butterherstellung günstigen Prognose fehlen 2023 geschätzt 8000 Tonnen Butter.

Die BOB Butter ist ein mächtiger Akteur, der im Schweizer Milchmarkt das Sagen hat. Da stellen sich Fragen:

  • Wie und wann ist die BOB Butter entstanden?
  • Wer steht heute hinter der BOB Butter?
  • Braucht es die BOB Butter (und neben ihr die BSM Schweizer Milchpulver) heute noch?

Die Geschichte der Branchenorganisation BOB Butter geht 110 Jahre zurück

Bis ins 19. Jahrhundert war Butter für die Schweizer Bevölkerung die wichtigste Fett-, Kalorien- und Vitamin-Quelle. Um die Versorgung mit Butter zu sichern, kontrollierte der Bundesrat die Exporte.

Bei Butter-Knappheit wurde die Produktion von Fettkäse (im Sommer auf den Alpen) zugunsten von Magerkäse (im Winter in den Talbetrieben) eingeschränkt.

Ab 1885 wurde immer mehr Fettkäse auch im Tal produziert, weshalb immer weniger Schweizer Butter exportiert werden konnte. Stattdessen musste Butter importiert werden.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, hatte die Schweiz viel zu wenig eigene Butter. Butter wurde zum unbezahlbaren Luxus. Von 6 Kilo Butter pro Kopf und Jahr fiel der Verbrauch auf 1,2 Kilo. Zur Sicherstellung der Butter-Versorgung verordnete der Bundesrat deshalb 1917 die Gründung von regionalen Butterzentralen.

Aus den regionalen Butterzentralen entstanden 1920 die Schweizerische Butterzentrale und daraus wiederum 1932 die Schweizerische Zentralstelle für Butterversorgung, kurz: Butyra.

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«Butterzentrale» im SRF-Radiobeitrag «100 Sekunden Wissen»

Die Butyra erhielt das alleinige Recht für die Einfuhr von Butter. Damit wurde neben dem Käse auch die Butter einer zentralen Bewirtschaftung unterstellt. Mit den kriegswirtschaftlichen Massnahmen im Zweiten Weltkrieg wurde die Macht der Butyra noch ausgebaut – bis sie 1999 aufgelöst wurde.

Mit der neuen Milchmarktordnung wurde die Branchenorganisation BOB Butter als Butyra-Nachfolgeorganisation gegründet.

Wer steht hinter der Branchenorganisation Butter?

Gegründet wurde die Branchenorganisation BOB Butter 1997. Im Unterschied zur halbstaatlichen Genossenschaft Butyra ist die BOB Butter eine GmbH.

Gründer und bis heute Gesellschafter der BOB Butter sind neben der Dachorganisation der Schweizer Milchproduzenten SMP die drei Schweizer Butterhersteller:

UnternehmenOrt/KantonButter-Jahresproduktion
Cremo AGFribourg FR≈ 16'000 Tonnen
Mittelland Molkerei AG (gehört seit 2006 zu Emmi)Suhr AG≈ 16'000 Tonnen
Molkerei Fuchs AGRorschach SG≈     2000 Tonnen

DossierProduktion und VerarbeitungMilchmarkt SchweizDienstag, 21. Februar 2023 Eine offene Kommunikation gehört nicht gerade zu den Kernkompetenzen der BOB Butter und deren Gesellschaftern. Mangels veröffentlichter Zahlen sind diese Produktionszahlen deshalb Schätzungen.

Ebenso nur geschätzt werden kann, dass das Duopol Emmi und Cremo 80 Prozent der Butter-Produktion von 41'000 Tonnen abdeckt. Je zur Hälfte in Kleinpackungen und für Industrie sowie Gewerbebe.

Nicht Mitglied der BOB Butter ist die Züger Frischkäse AG in Oberbüren SG – mit einer Jahresproduktion von 5000 Tonnen Butter oder 12 Prozent der gesamten Inland-Produktion ein bedeutender Butterhersteller.

Nicht Mitglieder sind auch eine Vielzahl kleinerer Butterhersteller und Käsereien, die insgesamt bis 3000 Tonnen oder weitere 8 Prozent der Schweizer Butter herstellen.

BOB Butter der BSM Schweizer Milchpulver haben gemeinsam den Präsidenten und Geschäftsführer

Präsidiert wird die BOB Butter seit 2017 von Urs Werder. Der Landwirt aus Ganterschwil SG produziert Milch für Appenzeller-Käse. Urs Werder ist zudem:

  • Geschäftsführungs-Mitglied der Sortenorganisation Appenzeller Käse
  • Vizepräsident der Genossenschaft Vereinigte Milchbauern Mitte-Ost VMMO
  • Vorstandsmitglied der Schweizer Milchproduzenten SMP
  • Präsident der BSM Milchpulver
  • Präsident der Kommission Käsereimilch der SMP
  • Mitglied der Landwirtschaftskammer des Schweizer Bauernverbandes SBV

Als Urs Werder Mitte April 2023 auch noch als Nacholger für SMP-Präsident Hanspeter Kern kandidierte, war dies einigen SMP-Delegierten dann doch zuviel. Gewählt wurde der Romand Boris Beuret.

Geschäftsführer der BOB Butter und der BSM Milchpulver ist seit 1999 Peter Ryser. Der Milchwirtschafts-Ingenieur HTL war vorher bei der MIBA AG in Basel als Produktionsleiter tätig.

Danach arbeitete er als Standortleiter Kaffeerahmabfüllung in Dietikon und Projektleiter für die Swiss Dairy Food SDF, damals einer der grössten Milchverarbeiter der Schweiz. 2002 brach SDF zusammen, deren Betriebe wurden von Emmi und Cremo übernommen.

Branchenorganisation Milchpulver ist ein «Seitenwagen» der BO Butter

Wie die BOB Butter wurde die Branchenorganisation BSM Schweizer Milchpulver 1998 im Zuge der neuen Milchmarktordnung als eigenständige Selbsthilfeorganisation gegründet. Vorher waren die Schweizer Milchproduzenten SMP (vorher ZVSM) und die Vereinigung Milch für das Milchpulver zuständig.

Die BSM wird von der SMP und den grossen Schweizer Milchpulverherstellern getragen (die gemäss Schätzungen aus dem Jahr 2015 rund 110 000 Tonnen Milchpulver produzierten):

UnternehmenOrt/KantonMilchpulver-Jahresproduktion
Cremo AGFribourg FR≈ 25'000 Tonnen
Emmi Schweiz AGLuzern LU≈ 25'000 Tonnen
Hochdorf Swiss Nutrition AGHochdorf LU≈ 25'000 Tonnen
≈ 11'000 Tonnen Babynahrung
Nestlé Suisse SAVevey VD≈ 19'000 Tonnen Babynahrung
GEFU Oberle AGRickenbach LU5000 Tonnen Kälbermilchpulver (2022 verifiziert)

Mit Ausnahme der transparenten GEFU Oberle AG sind diese Produktionszahlen Schätzungen.

Erst 2008 wurde die Zusammenarbeit mit der BOB Butter verstärkt. Deren Präsident Urs Werder ist wie oben erwähnt seit 2017 auch Präsident der BSM. Und Geschäftsführer Peter Ryser übernahm im Mandatsverhältnis die Geschäftsführung der Branchenorganisation Schweizer Milchpulver BSM.

Die Aufgaben der Branchenorganisationen BOB Butter und BSM Milchpulver

Gemäss eigenen Angaben vertritt die Branchenorganisation Butter «die Interessen der Butterwirtschaft» – also der Schweizer Butterhersteller Cremo AG, Mittelland Molkerei AG (Emmi) und Molkerei Fuchs AG sowie der Dachorganisation der Schweizer Milchproduzenten SMP.

Die BOB Butter führt Produktions- und Verkaufs-Statistiken von Butter und Rahm in der Schweiz unter anderem zu Handen der Kommission Butterimporte der BOM Milch.

Die Komission Butterimporte der BOM Milch

Die Kommission Butterimporte der BOM Milch gibt es seit April 2020. In ihr sitzen je fünf Vertreter pro «Familie» (der Milchproduzenten und der Verarbeiter/Detailhändler).

«Sie analysiert nach genau festgelegten Spielregeln und mit einem objektiven und von allen anerkannten Planungsinstrument regelmässig die aktuelle und zukünftige Versorgung im Schweizer Buttermarkt», erklärt Stefan Kohler, Geschäftsführer der BOM Milch.

Aus dem Resultat erfolgt dann ein Entscheid für ein Gesuch beim Bund für die Erhöhung des Zollkontingents.

Einem Entscheid müssen mindestens drei Viertel pro «Familie» zustimmen. Dies bedeutet, dass jeweils zwei pro «Familie» faktisch ein Vetorecht gegen ein Importgesuch haben.

Wenn sich aufgrund dieser Statistiken zeigt, dass die Inlands-Produktion zu klein ist, stellt die Kommission Butterimporte der BOM Milch beim Bundesamt für Landwirtschaft BLW einen Antrag auf Butterimporte.

Gemäss der Verordnung des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW für die Buttereinfuhr kann aber jeder Interessierte ein Importgesuch für Butter stellen – was übrigens auch schon vorgekommen ist. Dies im Unterschied zum Fleisch, wo die entsprechende Verordnung explizit nur Proviande zulässt.

Die Marken «Floralp», «Die Butter», «Rosalp» und «Kochbutter Import» gehören der Branchenorganisationen BOB Butter

Die Branchenorganisation BOB Butter ist zudem Inhaberin von vier Buttermarken: «Floralp», «Die Butter», «Rosalp» und «Kochbutter Import».

  • «Floralp»-Butter besteht ausschliesslich aus frischem (!) Schweizer Milchrahm und enthält keine Zusatzstoffe. Sie wird deshalb als Vorzugsbutter bezeichnet. «Floralp»eignet sich am besten für das Butterbrot, wo das Aroma voll zur Geltung kommt.
  • «Die Butter» besteht aus einer Mischung von 94 Prozent Vorzugsbutter und 6 Prozent Sirtenrahmbutter (ein Koppelprodukt aus der Käsefabrikation). Sie kann aus Frischrahm oder «Lagerbutter» hergestellt werden, deren Anteile variieren im Lauf des Jahres. «Die Butter» wird auch als Kochbutter bezeichnet, weil sie für alle Anwendungen in der kalten und warmen Küche geeignet ist; speziell zum Dünsten, Dämpfen, Abschmecken und Backen.
  • Die Marke «Rosalp» verwenden die Butterhersteller für Butterspezialitäten wie Süssrahm-Butter und gesalzene Butter.
  • Die relativ neue Marke «Kochbutter Import» zur Unterscheidung von Schweizer Kochbutter.

Die BOB Butter konzentriert sich auf ihre Buttermarken und auf Statistiken

«Im Unterschied zur BOM Milch, die sich mit Politik und Milchproduktion auseinandersetzt, fokussiert sich die BOB Butter darauf, ihre eigenen Buttermarken mit hoher Qualität auf den Markt zu bringen», erklärt Peter Ryser, Geschäftsführer der BOB Butter. Die hohe Wertschöpfung komme auch den Milchproduzenten zugute.

Weiter erarbeite die BOB Butter statistische Grundlagen zur Beurteilung der Marktlage. Vom Wochenrapport bis zur Monatsstatistik für die Butterbranche und zu Handen der Kommission Butterimporte der BOM Milch.

Die BOB Butter sichere auch die Inland-Versorgung, um weitereichende Auswirkungen auf den gesamten Milchmarkt bis hin zu Marktverwerfungen zu verhindern. «Unstabile Marktverhältnisse führen in der Regel zu Preisdruck, was die BOB Butter zu verhindern mithilft», betont Peter Ryser.

Die BSM Milchpulver wiederum habe nach dem Wegfall der Export-Stützungen das Export-Geschäft an ihre Mitglieder ausgelagert. «Die Statistiken der BSM Milchpulver sind aber weiterhin Basis für den monatlichen Marktlagebericht.»

Harsche Kritik aus der Milchbranche an der BOB Butter und der BSM Milchpulver

Die relevanten Organisationen der Branche sind mit diesen Erklärungen nicht zufrieden. Sie kritisieren «die intransparente Kommunikation der BOB Butter und BSM Milchpulver». Tatsächlich ist die letzte Mitteilung auf der Website der BOB Butter auf den 25. März 2020 datiert, also über drei Jahre alt. Und die veröffentlichten Statistiken sind wenig aussagekräftig.

Auch im Bundeshaus schaut man kritisch auf die BOB Butter. In einer Interpellation mit dem vielsagenden Titel «Buttermarkt. Marktmanipulation auf Kosten von Bauernfamilien und Steuerzahlern?» fragt zum Beispiel Nationalrat Beat Jans (SP/BS), ob «auf Kosten der Landwirte im Rahmen der BOB Butter kartellähnliche Preisabsprachen stattfinden, die zu solchen extrem hohen Verarbeitungsmargen führen?»

Dazu kommt, dass die Aufgaben der beiden Organisationen unklar oder im Laufe der Zeit verloren gegangen sind. Gleich sechs Verbände würden deshalb die BSM Milchpulver und wenn möglich auch die BOB Butter in die BOM Milch integrieren.

Man kommuniziere nicht über Pressemitteilungen, verteidigt Ryser die Branchenorganisation: «Die BOB Butter ist aber eine der transparentesten Organisationen der Milchwirtschaft. Ihre Geschäfte sind auf der Website oder im Jahresbericht transparent und umfänglich abgebildet.»

Es sei denn, es geht um konkrete Produktionszahlen.