Das im südöstlichen Afrika gelegene Land ist reich an fruchtbaren Böden, Rohstoffen und Bodenschätzen. Zudem hat es mit glitzernden, türkisen Wasser an der 2000 km langen weissen Küste ein enormes touristisches Potenzial. Trotzdem gehört Mosambik in die «Top Ten» der ärmsten Länder weltweit. Die Region ist – wie zahlreiche andere Länder Afrikas – geprägt von der Kolonialzeit, gewaltsamen Bürgerkriegen und grassierender Korruption. Nichtsdestotrotz weiss sich die Bevölkerung mit unkonventionellen Ideen zu ­helfen.

Der Kampf gegen Aflatoxin

Mosambik zählt zu den grössten Erdnussproduzenten weltweit. Nur steht auf den Packungen, die wir in der Schweiz kaufen, nie «Produziert in Mosambik». Warum? Weil die Landwirte den neu festgelegten, strikten Anforderungen zum Export aktuell nicht gerecht werden können. Grund dafür ist der starke Pilzbefall in der Erdnussproduktion. Der Pilz produziert Aflatoxin, ein Giftstoff, der bei übermässigem Konsum Leberkrebs verursachen kann. Einleuchtend also, dass maximale Aflatoxinwerte für den Export festgelegt wurden. Meine Tätigkeit im Projekt umfasste die Untersuchung von simplen Massnahmen, um den Pilzbefall zu reduzieren.

Feierabend mal anders

Es ist früher Abend und die Sonne hängt bereits tief am afrikanischen Horizont. Mein Team und ich kehren von einem langen Arbeitstag irgendwo in der Savanne des mosambikanischen Hinterlandes zurück. Einige Autostunden zuvor hatten wir uns von einem abgelegenen Dorf und seinen Einwohnern verabschiedet. Die vielen Kinder rannten uns nach, bis der Staub der ungeteerten Strassen die Sicht durchs Rückfenster verschleierte. Es sind Orte, wo es weder Strom, laufendes Wasser noch Maschinen gibt. Mit einer Vegetationszeit von fast zwölf Monaten versorgen sich die Überlebenskünstler, bis auf ein paar Kilo Reis aus China, selber. Wir sassen mit den Bauern und Bäuerinnen auf ihren selbst gemachten Betten aus Schilfblättern und sprachen über ihre Erdnussernte, darüber, wie die Zyklone und der Pilzbefall den Ertrag massiv einbrechen liessen und wo sie die Ware verkaufen.

Kleine Bananen in tropischer Hitze

Um das Auftreten der Pilzkrankheit in der Erdnussproduktion im nördlichen Mosambik zu untersuchen, entnahmen wir bei jedem Teilnehmer der Studie Proben, welche ich später im Labor auf das Aflatoxin untersuchte. Die Arbeit im Feld war anspruchsvoll, aber stets belohnend. Ich erinnere mich, wie mir in einem Dorf eine Schale mit Bohnen und Maniok angeboten wurde, als Zeichen von Freundschaft und Respekt. Zusammen teilten wir das wenige Essen unter dem grossen Affenbrotbaum – barfuss, erschöpft und zufrieden. Wir setzen den Weg nach Hause fort, in die Provinzstadt im Norden des Landes. Zu fünft sitzen wir im ratternden «Pick-up». Wasserflaschen rollen wegen der groben Feldwege von einer Seite des Autos auf die andere und wir essen süsse, kleine Bananen in der tropischen Hitze.

Autostopp zum Einkauf

Wie aus dem Nichts ruft mein Chef plötzlich «Halt – da gibt’s schöne Hühner!» Der Fahrer hält am Strassenrand, rundherum nur Busch. Im Rückspiegel sehe ich eine Gruppe Jugendlicher, die in zerrissenen T-Shirts je zehn Hühnern in den Händen halten und mit Blicken voller Hoffnung auf das gestoppte Auto zu spurten.

Wir rollen die Fenster herunter und mir wird ein farbiger, flatternder Hahn ins Gesicht gestreckt. Ich erkläre, dass ich kein Interesse habe und noch während ich mein Fenster wieder hoch rolle, rennen die Jugendlichen zum Fenster meines Chefs. Immer noch im Beifahrersitz platziert, analysiert er die schöngefiederten Vögel, die kopfüber in der Luft baumeln. Er nimmt einen auf den Schoss, untersucht ihn und fragt nach dem Preis. Nach einer hitzigen Diskussion scheinen sie sich schliesslich einig zu sein. Langsam begreife ich, dass uns diese ungezähmte Schar Hühner auf der Heimkehr Richtung Nampula begleiten wird, verteilt auf den Schossen der Mitfahrer.

Was Reichtum wirklich bedeutet

Einige weitere Stopps erfolgen jeweils in der gleichen Vorgehensweise, um Holzkohle, Plastikstühle, zwei Ziegen und Tomaten zu besorgen. Ich muss schmunzeln, als mein Arbeitskollege, der mein Staunen bemerkt, mir stolz zwischen Bananenstauden, Hühnern und afrikanischer Musik aus dem Radio im Hintergrund mitteilt: «Wir sind reich, wir haben einfach kein Geld».

Und so neigt sich ein erlebnisreicher Arbeitstag in Mosambik dem Ende zu. Meine Augen folgen den wilden Hügeln, die am Fenster wie eine Sinuskurve vorbeiziehen und ich stimme meinem Kollegen innerlich zu; Reichtum ist nicht unbedingt ein Äquivalent zu Geld – Reichtum bedeutet Gesundheit, Familie und Freude am Leben.

 

Die Autorin

Sera Jane Hostettler ist Absolventin der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen, BE. Dort legte sie ihren Fokus auf die internationale und biologische Landwirtschaft. Im Rahmen eines Praktikums arbeitete sie in Mosambik für eine Entwicklungsorganisation und forschte zu Pilzkrankheiten in der Erdnussproduktion. Diese vielfältige Berufserfahrung als Agronomin bereicherte sie in fachlicher, kultureller sowie sprachlicher Hinsicht und zeigte ihr, dass Reichtum nichts mit Geld zu tun hat.