Bald beginnt bei uns im Süden Australiens der Sommer. Der Frühling war in unserer Gegend nasser und kühler als sonst. Dank überdurchschnittlicher Regenfälle hatten wir ein sehr gutes Pflanzenwachstum. Der Sommer soll nun noch mehr Regenfälle bringen, wodurch wir weniger bewässern müssen.

Rekordpreis für Raps

Der Raps ist bereits in Schwaden gemäht und kann hoffentlich in wenigen Tagen trocken genug geerntet werden. Der Feuchtigkeitsgehalt darf nicht mehr als 8 % betragen, sonst wird der Raps von der Annahmestelle im nächsten Dorf nicht angenommen. Die Nachfrage ist sehr gross und der Preis liegt aktuell bei 900 Dollar (etwa 580 Franken) pro Tonne. So hoch war er in all den Jahren noch nie.

Steigende Produktionskosten

Im Augenblick sind die Preise für landwirtschaftliche Güter sehr hoch. Gleichzeitig sind aber auch die Produktionskosten gestiegen, insbesondere für Dünger. Superphosphat hat aktuell einen Rekordpreis von 500 Dollar (etwa 320 Franken) pro Tonne, wenn ein ganzer Sattelschlepper gekauft wird. Damit ist der Preis doppelt so hoch wie noch vor zwölf Monaten.

Obstpflücker werden zu teuer 

Obstbauern müssen den Pflückern seit kurzem einen Mindeststundenlohn von 25 Dollar (zirka 16 Franken) plus 10 % Pensionskasse bezahlen. Zuvor wurden die Pflücker pro Kiste, die sie ernteten, bezahlt. Diese Arbeit übernahmen häufig Studenten in ihren Sommerferien. Natürlich sind nicht alle Arbeiter gleich schnell und so sind Angestellte mit geringerer Leistung sehr teure Arbeitskräfte. Für die Obstbauern wird es nicht einfach sein, dieses Problem zu lösen, denn die Supermärkte werden für die Produkte nicht mehr Geld bezahlen wollen. Darüber hinaus sind die Frachtkosten für den Export um 100 % bis 200 % gestiegen, da es aufgrund der Corona-Pandemie viel weniger Flugverkehr gibt. Somit ist das Exportieren von Obst auch wenig lukrativ.

Vollernter statt Handarbeit

Aus diesen Gründen werden jetzt alle Neupflanzungen so angebaut, dass sie mit dem Vollernter gepflückt werden können. Der Baumabstand und der Reihenabstand muss dafür genau stimmen. Eine voll automatisierte Bewässerung wird auch eingebaut. Handarbeiten werden so um jeden Preis vermieden. Bei den Mandelbäumen ist dieses Vorgehen bereits Routine und beim Obstbau sind auch schon einige Versuche im Gange. Beim Stein- und Kernobst wird es jedoch noch etwas Zeit brauchen, bis es mit dem Vollernter gepflückt werden kann.

Die Umstellung auf Vollernter ist mit grossen Investitionen verbunden. In unserer Gegend haben sich deswegen kürzlich vier grosse Obstbauern mit einer kanadischen Pensionskasse zusammengeschlossen und eine neue Firma gegründet.

Unbeliebte Milchfarmen

In Katunga, 40 Autominuten von uns entfernt, hat eine grosse Firma mehrere Farmen aufgekauft und nun wurden vor wenigen Monaten 85 000 Mandelbäume gepflanzt. Auf diesen Farmen wurden früher überall Milchkühe gehalten. Die australische Milchindustrie wächst jedoch seit Jahren kaum und die Milchproduktion stagniert. Letzte Woche wollte ein Milchfarmer altershalber seine 485 Hektaren grosse Farm mit einem 40er-Melkstand versteigern, er erhielt allerdings kein einziges Angebot für seinen Betrieb. Ein Grund war wohl der nicht mehr zeitgemässe Melkstand. Farmen von dieser Grösse können nur noch von grossen Firmen erworben werden. Diese haben strenge Anforderungen an den Zustand von Gebäuden, an die Infrastruktur sowie an das Land und die Bewässerungsanlagen. Weizenfarmer hingegen finden sehr schnell Käufer und die Preise steigen jährlich mindestens um 5%.

Wenig gute Arbeitskräfte

Im Januar ist es bereits 40 Jahre her, dass Werner und ich hier in Tatura die erste Farm gekauft haben. Es war die richtige Entscheidung und wir sind zufrieden, dass seit 2015 unsere zwei Söhne die Farm übernommen haben. Gute Arbeitskräfte zu finden war jedoch früher einfacher.

Zur Person

1981 wanderten die Autorin und ihr Mann Werner nach Australien aus. Nach unzähligen Farmbesichtigungen kauften sie mit ihren bescheidenen Finanzen eine 50-Hektaren- Milchfarm mit 90 Milchkühen und Jungvieh in Tatura im Bundesstaat Victoria. 1997 bauten sie das erste Melkkarussell. Ihre vier Kinder sind alle dort geboren und zweisprachig aufgewachsen. 1988 konnten sie einen Nach-barsbetrieb kaufen und 2005 die zweite Milchfarm. Dort bauten Langs ein 50er-Melkkarussell. In der gesamten Zeit konnten sie die Farm auf 1250 Hektaren bewässertes Land vergrössern und die Herde wuchs auf 1500 Milchkühe plus Jungvieh an. Am 1. Oktober 2015 übergaben sie den Betrieb den zwei ältesten Söhnen. Diese bewirtschaften alles zusammen. Werner und Josy Lang arbeiten noch immer täglich auf dem Betrieb.