Unsere Provinz im Norden Mosambiks birgt eine Hülle und Fülle ungeahnter Ressourcen. Neben Erdgas und Rubinen, welche für grosse Unruhen in unserer Provinz sorgen und für mehrere hunderttausend Flüchtlinge verantwortlich sind, haben wir auch seltene und hervorragende landwirtschaftliche Produkte wie zum Beispiel die spezielle Kaffeeart Racemosa.

Trockenheitstolerant und natürlich koffeinarm

Dieser Kaffee kommt ursprünglich von einer Inselgruppe in der Nähe des Cabo Delgados, unserer Provinz. Man nennt ihn gewöhnlich Ibo-Kaffee. Speziell an diesem Kaffee ist, dass sein natürlicher Koffeingehalt so tief ist wie jener von industriell entkoffeiniertem Kaffee. Zudem kommt er mit sehr wenig Wasser aus, denn er muss über neun Monate lange Trockenperioden überleben können.

Diese noch sehr wenig bekannte Art wurde während der Besiedelung von den Portugiesen «intensiv» angebaut. Der Kaffee wurde damals nach Portugal exportiert. Nach der Dekolonisierung hat die Lokalbevölkerung den Kaffee weiterhin marginal angebaut und getrunken. Man findet heute noch einige alte Kaffeebäume, doch die meisten wurden vom Zyklon «Kenneth» zerstört, der 2019 die Region verwüstete. Vor rund zehn Jahren wurde eine Kaffeeproduzenten-Organisation gegründet, um die Produktion des Ibo-Kaffees zu fördern. In diesem Rahmen wurden seither neue Kaffeebäume angebaut.

Kaffeeproduktion verbessern

Im April hatte ich das Glück, Beratungsaufträge für ein von der UNIDO (Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung) und der AICS (Italienische Agentur für Entwicklungszusammenarbeit) finanziertes Projekt übernehmen zu können. Ziel des Projekts ist, in Zusammenarbeit mit der Ibo-Kaffeeproduzenten-Organisation, den Racemosa-Kaffee zu fördern. Zweck meines Auftrags war, partizipativ mit den Produzenten ihre Bedürfnisse und Probleme bezüglich Produktion, Verarbeitung und Marketing des Kaffees zu identifizieren.

Zusammen haben wir Ziele und Aktivitäten definiert, die in den nächsten drei Jahren auf die Beine gestellt werden sollen, um den Ertrag, die Verarbeitung und den Verkauf des Kaffees zu verbessern, beispielsweise Änderungen in der Bewässerung.

Ziegen mögen Kaffeebäume

Der Racemosa-Kaffee toleriert lange Trockenperioden, doch ist der Baum nach der Pflanzung auf eine regelmässige Wasserversorgung angewiesen. Auf der Insel sind die Niederschläge zwischen Mai und November äusserst selten, was zu einer hohen Sterberate der jungen Bäume führt. Die Bewässerung erweist sich als schwierig, da das Wasser aus den Brunnen bei übermässiger Nutzung zu salzig wird. Daher müssen im richtigen Moment gesunde und robuste Bäume gepflanzt und das Bewässerungssystem optimiert werden. Ein weiteres Problem ist das Eindringen von Ziegen in die Plantagen, denn in der Trockenperiode lassen die Ziegenhalter ihre Tiere auf der Insel frei. Die Ziegen machen vor den Kaffeepflanzen nicht Halt – die Plantagen müssen deshalb umzäunt werden.

Wertvolle Einkommensquelle

Aufgrund des Zyklons 2019 und der kürzlichen Überfälle, welche die Region schwächen, ist das Wirtschaftssystem des Archipels vollständig zusammengebrochen. Vorher konnten die Inselbewohner direkt oder indirekt vom Tourismus leben. Heute müssen sie auf Fischerei und Landwirtschaft zurückgreifen. Der Druck auf die Fischereigebiete nimmt zu und auf den Inseln ist der Platz zur landwirtschaftlichen Nutzung beschränkt.

Die Kaffeepflanze ist für die Bauern interessant, weil sie sich mit anderen Fruchtbäumen als Partner für Mischkulturen eignet. Ein Beispiel dafür ist die Kombination von Kaffee und Kokospalmen. Bereits jetzt verkauft ein Racemosa-Kaffeeproduzent seinen Kaffee vier- bis fünfmal teurer als ein konventioneller Kaffeeproduzent. Daher ist dieser Kaffee eine Ertragskultur mit echtem Potenzial zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Produzenten.

Für mich ist es ein grosses Glück, mit diesen ausserordentlichen Kaffeeproduzenten zusammenzuarbeiten und punktuell bei diesem Projekt mithelfen zu können.

 

Zur Autorin

 

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Während meines Bachelor-Praktikums in Mosambik habe ich mich in das Land und in meinen zukünftigen Ehemann verliebt. Anschliessend haben wir beide einen Master an der HAFL in Zollikofen gemacht. Ende 2017 sind wir mit unseren zwei Töchtern nach Mosambik ausgewandert. Nach vielen Zwischenfällen konnten wir ein zehn Hektaren grosses Grundstück in Stadtnähe kaufen. Auf unserem Land bauen wir Gemüse, Mais und Sesam an. Inzwischen hat sich unsere Familie vergrössert. Eine Nichte und ein Neffe arbeiten und leben mit uns auf dem Hof.