Vor drei Jahren hat der Bundesrat entschieden, die Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen (InstA) mit der EU abzubrechen und die Verträge nicht zu unterzeichnen. Dies wegen «substanzieller Differenzen in zentralen Bereichen», wie es damals hiess. Gleichzeitig kündigte der Bundesrat an, den bewährten bilateralen Weg weiterzugehen und den politischen Dialog über die weitere Zusammenarbeit aufzunehmen. Das Resultat ist Stand heute der Entwurf für ein Verhandlungsmandat. Das heisst, es sind Pflöcke eingeschlagen worden, worüber man demnächst mit der EU diskutieren will – und Politik sowie Akteure sind eingeladen, sich dazu zu äussern.

Grenzschutz nicht Teil des Mandats

Diese Möglichkeit wird rege genutzt. Denn obwohl das Kernstück des Mandats – der hindernisfreie Zugang zum EU-Binnenmarkt, dem grössten Exportmarkt für die Schweiz – soweit unbestritten scheint, wecken die Pläne des Bundesrats Ängste. Im Zentrum steht dabei aus Landwirtschaftssicht der Grenzschutz, obschon dieser nicht explizit Teil des Verhandlungsmandats ist.

Das Mandat umfasst aktualisierte Binnenabkommen und neue Verträge, für die Landwirtschaft relevant etwa im Bereich der Lebensmittelsicherheit. Hierzu nennt der Bundesrat u.a. folgende Eckpunkte:

  • Zugang zum europäischen Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel
  • Verbesserter Zugang für Lebensmittelproduzenten zum EU-Binnenmarkt und umgekehrt
  • Stärkere Zusammenarbeit bei der Zulassung neuartiger Lebensmittel

Ausnahmen bleiben bestehen

In seinem Faktenblatt versichert der Bundesrat, die bestehenden Ausnahmen würden auch bei den künftigen Verhandlungen erhalten bleiben. Beispielsweise geht es um das Verbot von gentechnisch verändertem Saatgut oder das Tiertransitverbot. Weiter sollen neue Ausnahmen zur Absicherung der Schweizer Standards, insbesondere beim Tierschutz oder betreffend neue Technologien in der Lebensmittelproduktion, im Abkommen verhandelt werden. «Die Agrarpolitik ist vom Abkommen nicht betroffen», betont der Bundesrat. Das heisst, sowohl die Schweiz als auch die EU sollen in der Ausgestaltung der Landwirtschaftspolitik eigenständig bleiben. «Gleiches gilt für den bestehenden Grenzschutz für Agrarprodukte (d.h. Zölle und Kontingente), den die Schweiz aufrechterhalten kann.»

Dass des Verhandlungsmandat keine Änderungen in Sachen Zoll umfasst, stellt die IG Agrarstandort Schweiz (Igas) nochmals explizit klar: «Anderslautende Behauptungen sind billige Angstmacherei». Auch bei internen Stützungen – z. B. Direktzahlungen – werde die Schweiz zu 100 Prozent eigenständig bleiben. Trotzdem wird die Igas nicht müde, die positiven Effekte des Käsefreihandels zu betonen. Ohne könnte ihr zufolge nur ein Bruchteil der 75'000 bis 80'000 t Käse pro Jahr aus der Schweiz exportiert werden und der Käsefreihandel habe der Branche einen Schub an Innovation sowie eine Qualitätssteigerung gebracht. Man wünsche sich vom Bund ein Bekenntnis, dass die Schweiz «ein solidarischer Teil des Kontinents ist und ihr Wohlstand von geregelten Beziehungen zur EU abhängt».

«Keinesfalls zulasten des Agrarkredits»

Der Schweizer Bauernverband (SBV) beurteilt den bisherigen, bilateralen Weg als erfolgreich. Es gelte, ihn weiterzuführen, heisst es in seiner Stellungnahme zum Verhandlungsmandat. Diese Unterstützung knüpft der SBV aber an klare Forderungen. So betont er mehrfach, der Grenzschutz sei nicht verhandelbar, ebenso wenig wie die Freiheit in Sachen inländischer Agrarpolitik und die Ernährungssouveränität. Falls wichtige Ausnahmen bei Tierwohl, neuen gentechnischen Verfahren und Deklarationspflichten möglich blieben, sei eine Harmonisierung der Kontrollsysteme (Lebensmittelsicherheit, Konsumenten-, Marken- und Umweltschutz) allerdings durchaus im Interesse der Land- und Ernährungswirtschaft.

Das Verhandlungsmandat sieht vor, dass regelmässig ausgerichtete Beiträge der Schweiz an die EU rechtverbindlich festgelegt werden. Die Höhe steht noch nicht fest, die SVP warnt aber bereits vor «Zutrittsgebühren» in «Milliardenhöhe pro Jahr». Der SBV fordert, dass lediglich «massvolle finanzielle Verpflichtungen» eingegangen werden, die keinesfalls das Bundesbudget zulasten des Agrarkredits belasten dürften.

Genügend Arbeitskräfte sichern und PSM übernehmen

In Sachen Personenfreizügigkeit mahnt der SBV, die administrativen Hürden für befristet angestellte Arbeitskräfte müssten verhältnismässig sein, damit genügend Erntehelfer rekrutiert werden können. Von der Aktualisierung des «Mutual Recognition Agreements» (MRA) erhofft man sich, dass in der EU zugelassene Pflanzenschutzmittel (PSM) zeitnah übernommen werden können. Wegen offener Fragen verweigert die EU nach Angaben des Bundesrats nämlich aktuell eine Aktualisierung des MRAs, die wegen sich laufend entwickelnden Vorschriften für Produkte eigentlich nötig sei.

Quasi um eine «Wiederbeschaffung» verlorener Vorteile geht es auch bei den EU-Forschungsprogramme. Wegen ungeklärter Verhältnisse mit der EU ist die Schweiz im Moment davon ausgeschlossen. Auch aus Landwirtschaftssicht wäre aber eine Beteiligung etwa an europäischen Forschungs- und Bildungsprogrammen sinnvoll, so der SBV. Dies will man im Rahmen des Verhandlungsmandats so früh wie möglich anstreben.

Vorschläge konkretisieren

Noch immer stehen die eigentlichen Verhandlungen mit der EU bevor. Der Bundesrat hat mittlerweile die Zusammensetzung der Schweizer Delegation für diese Gespräche bekanntgegeben. Sie sollen beginnen, sobald sowohl die Schweiz als auch die EU ihre endgültigen Mandate für die Verhandlungen genehmigt haben. Einen Zeithorizont gibt der Bundesrat hierfür nicht.