«Regional einkaufen hilft der Umwelt nicht, die Schweizer könnten guten Gewissens mehr Lebensmittel aus dem Ausland konsumieren», titelt die «Neue Zürcher Zeitung» Mitte August 2023 einen Bericht des Ökonomen Matthias Benz.

Und in der TV-Sendung «10 vor 10» erklärt der Ökonom Stefan Legge, dass «hohe Zölle und die vielen Subventionen auf Gemüse zeigen, dass die Schweizer Landwirtschaft eigentlich nicht wettbewerbsfähig ist und einkommensschwache Haushalte immer stärker belastet werden».

Schweizer Haushalte zahlen heute drei Mal weniger für Lebensmittel als 1969

Tatsächlich werden Schweizer Haushalte nicht stärker belastet, sie zahlen im Gegenteil immer weniger für Lebensmittel:

  • 1969 31,0 Prozent
  • 1979 20,0 Prozent
  • 1989 21,0 Prozent
  • 1999 13,6 Prozent
  • 2009   9,9 Prozent
  • 2019   9,8 Prozent

Haushalte mit über 12'500 Franken Monatslohn geben sogar nur 4,9 Prozent des Einkommens für Nahrungsmittel aus.

Dass Haushalte mit weniger als 4600 Franken Monatslohn hohe 13,1 Prozent ausgeben müssen, ist unfair – aber der Grund dafür sind nicht die Bauern – sondern Branchen, die anständige Arbeit unanständig tief entlöhnen.

Im Vergleich mit den Nachbarn leben Schweizer sogar günstig:

  • Österreich 9,7 Prozent
  • Deutschland 10,8 Prozent
  • Frankreich 13,1 Prozent
  • Italien 14,2 Prozent

Von Ländern wie Portugal und Spanien (beide über 20 Prozent) oder Osteuropa mit fast 30 Prozent reden wir gar nicht.

(Quelle: Eurostat 2019, neuere Zahlen sind nicht verfügbar)

Über 22'000 Bauernfamilien haben seit dem Jahr 2000 ihre Existenz verloren

Zum zweiten Vorwurf, dass regional einkaufen der Umwelt nicht hilft: Tatsächlich ist der Transport bei vielen Lebensmitteln nicht der wichtigste Aspekt in der Ökobilanz, es gibt stärkere Hebel als den Kauf regionaler Produkte. Aber ...

... in Spanien wird für «unsere» Tomaten das letzte Grundwasser verbraucht, gepflückt werden sie von Afrikanern, die 5 Franken pro Stunde bekommen. Der Weizen in Frankreich wird drei Tage vor der Ernte mit Glyphosat gespritzt. Und so weiter, und so fort.

Und wenn die Schweizer «guten Gewissens mehr Lebensmittel aus dem Ausland konsumieren», sterben noch mehr Schweizer Landwirtschafts-Betriebe. Alleine seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe von 70'500 auf 48'344 gesunken, über 22'000 Bauernfamilien haben in 22 Jahren ihre Existenz verloren.

Bald haben wir Verhältnisse wie in Kroatien, wo so viele Bauern die Landwirtschaft aufgegeben haben, dass 80 Prozent der Lebensmittel importieren werden müssen. Aber solche «Details» vergessen die Ökonomen in ihren Studien.

Unsere Landwirtschaft ist kein Spielzeug für Ökonomen, sondern die Existenz vieler Bauernfamilien

Der Bauer chrampft und der Herr Ökonom in der Grossstadt «startet den Tag mit zwei Stunden Zeitung lesen und Kaffee trinken, bevor er die Mails beantwortet». Das ist kein Witz, so wird Studienautor Stefan Legge in einem Fachblatt seiner Universität beschrieben.

Es ist übel, dass Ökonomen – von Universitäten und damit mit unseren Steuergeldern gut bezahlt – Landwirtschaft «spielen». Unsere Landwirtschaft ist kein Spiel, sondern für 48'344 Bauernfamilien die Existenz – und dies seit Generationen.

Vielleicht überlegen sich die Ökonomen das einmal beim Kaffee trinken am Morgen, bevor sie die nächste Studie publizieren.