Der Wind fegt kalt und in heftigen Stössen über das Hochplateau auf 1500 m ü. M., auf dem Andermatt UR liegt – fast wie im Himalaja-Gebirge.

Das Wetter beeindruckt die 150 Yaks von Adrian Regli nicht. Mit ihren imposanten Hörnern und dem wuscheligen Fell trotzen sie genügsam der Kälte, ganz wie in ihrer Heimat Tibet, der Mongolei oder Kirgistan.

Adrian Regli hat vor den Yaks Milchvieh-Haltung betrieben und die Rinder den Sommer über gealpt. Auch Schafe, die heute noch zu seinem Betrieb gehören, alpt er den Sommer über. Heute seien es aber nicht mehr so viele wie einst, ergänzt der Urner Landwirt.

Adrian Regli hält 150 Yaks in Andermatt und auf der Gurschenalp

Die Yaks sind eher zufällig bei ihm gelandet: «Jemand suchte per Inserat einen Platz für seine Yaks auf einer Alp», erzählt er munter. «Ich habe dem Besitzer Ursus Schwarz zugesagt, obwohl ich nicht wusste, was Yaks sind», schmunzelt er. Nach einem ersten Sommer bei Adrian Regli fanden die Tiere in Andermatt und auf der Gurschenalp auf 2200 m ü. M. im Schatten des Gemsstocks ihre neue Heimat.

Den Winter verbringen die Tiere in einem offenen Laufstall auf dem Blatt-Hof von Adrian Regli, Wind und Witterung trotzend. Gefüttert werden sie mit Gras-Silage und mit eigenem Öko-Heu. Sonstige Futtermittel müsse er nicht zukaufen, sagt Adrian Regli, ausser Mineralsalz als Leck- und Lockmittel.

«Yaks sind sehr einfach zu haltende Tiere», meint er. Sie sind nicht sehr schwer und ausserordentlich geländegängig, fast wie Gämsen. So geselle sich beim Yak der goldene Tritt zum goldenen Biss. «Dort, wo die Schafe nicht mehr hinkommen, kommen die Yaks oft noch hin», rühmt Regli.

Auf kleinräumigen und unwegsamen oder nicht mehr bestossenen Alpen seien Yaks eine gute Alternative zur Schafhaltung. Die Schafhaltung werde je länger je aufwändiger – sei es wegen des Wolfes oder wegen zunehmender Kontroll-Mechanismen. Bei den Yaks sei zudem die natürliche Abnutzung der Klauen schon bei einer Kombination von Alpung und Haltung auf einem festen Fressplatz gegeben.

Yaks wittern Gefahr und lassen kein Tier der Herde im Stich

Durch ihre halbwild lebenden Vorfahren haben sich die Yaks einen sehr guten Instinkt bewahrt, der sie auf kilometerweite Gefahren wittern lässt. Zudem sind Yaks ausgesprochene Herdentiere. «Es geht nie ein Yak alleine irgendwohin oder würde andere in der Gefahr im Stich lassen,» erklärt der Bergbauer weiter.

Draussen im Laufstall kommen die Yaks neugierig näher, schnuppern und entfernen sich danach. Ihre Hufe klingen leicht auf dem Boden. Flink und gewandt bewegen sie sich über das hügelige, verschneite Gelände. Adrian Regli führt uns seelenruhig am Stier vorbei durch seine Herde hindurch.

Die Yaks liefern Wolle, Milch, Fleisch, Fell und Leder

Das Fell der Tiere schützt sie vor Kälte und Nässe. Die Qualität der Yak-Wolle sei teils fast gleichwertig wie jene von Kaschmir, weiss Adrian Regli zu berichten. In der Schweiz werde die Wolle (noch) nicht oder nur in sehr geringen Mengen privat verarbeitet. Auch Yak-Milch wird in der Schweiz nur sehr vereinzelt produziert. Die Yaks seien aufgrund ihrer kleinen und im Haar verborgenen Zitzen für Ungeübte schwierig zu melken.

«Ich betreibe eine sehr extensive Mutterkuh-Haltung», betont Adrian Regli. Regli ist Mitglied im Schweizerischen Yakzucht Verein (SYV), der ein Herdenbuch führt und Zuchtziele festlegt. So existiert in der Schweiz auch eine Yak-Zuchtbeurteilung.

Das Fleisch vermarktet Regli an private Kunden. «Vieles basiert auf Mund-zu-Mund-Propaganda», erzählt er. Die Kunden seien solche, denen der kräftige Geschmack zwischen Wild und Rind zusagt. Yak-Fleisch ist fettarm und cholesterinarm.

Dass das Yak-Kalb wie in der Mutterkuh-Haltung aufgezogen wird und die Haltung bis zur Schlachtung sehr extensiv ist, schlägt sich in einem höheren Schlachtalter nieder. Geschlachtet wird nach zweimaliger Alpung, betont Adrian Regli.

Nur Milchwirtschaft in den Bergen, ohne ergänzende Eigenherstellung von feinstem Alpkäse, sei schwierig, sagt Regli. Doch die Nische «Yak-Haltung» und die Vermarktung von Yak-Fleisch würde einigen zum Aufgeben genötigten Betrieben eine Ausweichmöglichkeit und eine Verbesserung ihres Einkommens ermöglichen, ist er überzeugt. «Yak-Halter sind quirlige Typen», lacht Regli.

Yaks eignen sich auch für agrotouristische Angebote. So bietet Adrian Regli auf Anfrage Trekkings auf die Göscheneralp an. Rosali, eines seiner treuesten Yaks, trägt das Gepäck.

Josef Imboden hält 40 Yaks in den steilen Hängen von Raron

Auch in Raron, auf «nur» 700 m ü. M. im Wallis, leben Yaks auf einem Bergbauernhof. Josef Imboden hält auf seinem Hof, dessen Gelände steil ansteigend ist, rund 40 Yaks. Anders als in Andermatt liegt hier bei unserem Besuch kein Schnee. Die Hänge steigen mit trockenem Gras bewachsen steil an und erinnern an die Landschaft vor dem Monsun in Nepal.

«Ich habe das Land, das fünfzig Jahre nicht mehr bewirtschaftet worden ist, von meinen Eltern übernommen,» erzählt Imboden. Nun weiden auf den braunen, schneefreien Hängen die Yaks. Sie fühlen sich im steilen Gelände sichtlich wohl. Flink springen sie an uns vorbei, als es zur Fütterung geht.

Josef Imboden alpt die Tiere von Juni bis Oktober auf zwei verschiedenen Alpen auf einer Höhe zwischen 1800 und 3000 m ü. M. Es seien sehr hochgelegene Schafalpen, die sich für die Bestossung mit Yaks eigneten, erklärt er weiter. 

Im Stall werden die Yaks an zwei grossen Futtertrögen gefüttert. Nur die Ochsen und den Bullen hält er
separat in einer umzäunten Fläche, die mit einem Unterstand versehen ist.

Josef Imboden ist das «stressfreie Schlachten» seiner Tiere wichtig

Seit 2008 hält Quereinsteiger Josef Imboden Yaks. Ihr Fleisch vermarktet er an Gourmet-Restaurants im Raume Zürich und Zug. Im Wallis habe er noch nichts verkaufen können, lacht er. Doch im Raume Zug und Zürich sei in den letzten Jahren auch die Nachfrage von Privatkunden für Yak-Fleisch gestiegen. 

«Ich bin kein Landwirt, sondern ein Verkäufer-Typ», lächelt Josef Imboden. «Zu den Kunden, die ich habe, baue ich ziemlich schnell eine freundschaftliche Beziehung auf», berichtet er weiter. Dies sei für ihn und die Vermarktung des Fleisches sehr wichtig. Es müsse eine Harmonie herrschen zwischen dem Land, das er pflegt, und zwischen den Tieren, die er hält.

Yaks haben das Fett nicht im Fleisch, sondern auf dem Rücken

Entsprechend ist Josef Imboden das «stressfreie Schlachten» sehr wichtig. Deswegen werden die Tiere hauseigen geschlachtet. Dies schlage sich in einer sehr guten Fleischqualität nieder, erzählt der Yak-Halter weiter. Yak-Fleisch habe kein Fett im Fleisch, weil das Fett der Yaks sich auf dem Rücken befindet, um die Tiere vor der Kälte zu schützen, erklärt Imboden.

Neben dem Fleisch verkauft er auch das Fell der Yaks, das er von einer Firma aufbereiten lässt. Doch der Absatz der Felle sei in den letzten Jahren sehr zurückgegangen, merkt Josef Imboden an. Der Absatz sei früher gut gewesen, jetzt sei das Fall den Kunden einfach zu teuer. Mit einem Preis von 460 Franken pro Fell müsse man schon rechnen.

Die Qualität der Zuchttiereund des Fleisches ist hoch

Auch Yak-Fleisch klassiert sich in den höheren Preiskategorien. Allerdings hat dies seine Berechtigung, denn: «Bis ich ein Yak schlachten kann, füttere ich es sicher zwei Winter lang.» Dafür sei die Qualität sehr gut.

Um züchterisch auf gutem Kurs zu bleiben, hat er einen Yak-Bullen aus Osteuropa importiert. Seine Zuchttiere verkauft Imboden schweizweit. Ihm ist vor allem der Charakter der Mutter wichtig. «Dieser Charakter ist ausschlaggebend bei der Entscheidung, wem ich das Kalb verkaufe», so Imboden.

Seine Yaks vermarktet Josef Imboden unter dem Namen «Alpkräuter-Yaks». Dies bedingt aber, dass sie gleich nach der Alpung im Oktober geschlachtet werden. Nur so erhält sich der Geschmack der gefressenen Alpenkräuter im Fleisch. Die Winterfütterung besteht ausschliesslich aus eigenem Bergheu.

Wie es zukünftig weitergeht, weiss der pensionierte Autohändler Imboden nicht. «Es kann auch gut sein, dass es fertig ist, wenn ich aufhöre», sagt er.