Im Forschungsprojekt «FertiBull» analysiert die Gruppe Tiergenomik an der ETH Zürich die Genome von mehreren tausend Stieren. Dabei suchen die Forschenden diejenigen genetischen Varianten, welche die Samenqualität und Fruchtbarkeit der Tiere beeinflussen.

Jedes Jahr werden mehr als eine halbe Million Schweizer Rinder künstlich besamt. Um hohe Befruchtungsraten zu gewährleisten, spielt das Fruchtbarkeitsmanagement bei Kühen und Stieren eine entscheidende Rolle. Genetisch wertvolle Stiere werden in spezialisierten Besamungsstationen gehalten und dort regelmässig abgesamt. Ihr Sperma wird eingehend untersucht, portioniert und bis zum Einsatz tiefgefroren. Die Samenqualität und Befruchtungsraten variieren unter den Stieren erheblich. Grund dafür sind neben Umwelteinflüssen auch genetische Unterschiede. In «FertiBull» wird das Genom von fruchtbaren Stieren mit dem von weniger fruchtbaren verglichen, um genetische Ursachen dieser natürlichen Variation zu finden.

Mit den gewonnenen Erkenntnissen können Stiere mit reduzierter Samenqualität und niedriger Fruchtbarkeit in Zukunft frühzeitig erkannt werden. So können entweder kompensatorische Massnahmen ergriffen oder weniger fruchtbare Stiere vom Besamungseinsatz ausgeschlossen werden. Dadurch werden gleichbleibend hohe Befruchtungsraten möglich.

Genom-Analyse für präzise Zucht
[IMG 2]Weltweit wird mit etwa tausend Rinderrassen unter verschiedensten klimatischen Bedingungen Milch und Fleisch produziert. Domestikation, sowie natürliche und künstliche Selektion trugen und tragen zu deren genetischen Vielfalt bei. Züchterische Entscheidungen spiegeln sich im Genom wider: Die Frequenz von erwünschten Varianten steigt, während die Frequenz von unerwünschten Varianten abnimmt. Die Einteilung in erwünscht und unerwünscht ist abhängig von Umwelt- und Produktionsbedingungen.

Mit modernen Sequenziermethoden kann das Erbgut vieler Individuen heute sehr präzise analysiert werden. Mit den genomischen Daten können einerseits molekulare Mechanismen aufgedeckt werden, die für eine phänotypische Variation verantwortlich sind. Andererseits kann so die genetische Diversität innerhalb und zwischen Rassen erfasst werden.

Diese Informationen helfen den Zuchtbetrieben, präzise tierzüchterische Entscheidungen zu treffen und deren langfristige Konsequenzen abzuschätzen.

Hubert Pausch leitet die Gruppe Tiergenomik an der ETH Zürich