Kurz & bündig

- Die Kälber verbringen ihre ersten Lebenswochen in Einzel-Boxen. Danach zügeln sie in die Gruppenhaltung.
- Anfangs viel Kolostrum, anschliessend genügend Milch und eine Mutterschutzimpfung schützen die Kälber.
- Kälbermast ist für Duperrex’ attraktiv. Sie verkaufen das Fleisch in ihrem Hofladen.

«Einen erster Sprung schafften wir mit der Umstellung des Tränkens von zwei Mal am Tag auf ad libitum», sagt Serge Duperrex. Die Rede ist von der Kälbergesundheit, die auf der Stöckweid verbessert wurde, indem die Kälber trinken können, wann immer sie wollen – und das bereits ab dem ersten Tag.

Es gebe Kälber, die am Ende der ersten Woche zehn Liter Milch am Tag trinken. Das alleine sei ein gutes Zeichen. Ausserdem hat die viele Milch gesunde Auswirkungen auf die nächste Etappe: «Diese Kälber sind wohlgenährt und robust. Werden sie nach14 bis 21 Tagen aus ihrer Einzelbox in die Gruppenhaltung umgestallt, werden sie nur selten krank», erklärt Jean-Jacques Duperrex.

Mutter gibt Antikörper über Milch an das Kalb

Die Grundlage für gesunde Kälber legen Duperrex’ bereits vor deren Geburt. Den hochträchtigen Kühen verpassen sie eine Mutterschutzimpfung. Das Prinzip: Die Impfung der Mutter bewirkt, dass sie vermehrt Antikörper produziert.

Diese Antikörper gelangen auch in die Milch, die wiederum dem frischgeborenen Kalb gegeben wird.

Das Kalb bleibt den ersten Tag bei der Mutter in der Abkalbebox. «Dort sind Mutter und Nachwuchs ungestört. Das Kalb kann in Ruhe trinken und nimmt genügend Kolostrum auf. Und die Kuh versäubert unserer Erfahrung nach besser», zählt Jean-Jacques gute Gründe auf.

Zusammenarbeit mit Schweizer Pharmafirma

Für Familie Duperrex lohnt sich die Mutterschutzimpfung in mehrfacher Hinsicht: Erstens starten die Kälber besser geschützt in ihr Leben auf der Stöckweid. Zweitens erhalten Duperrex’ die Impfung gratis. Drittens können sie die Kolostrum-Milch, welche die Kälber nicht trinken mögen, verkaufen.

Wie das geht? Sie haben eine entsprechende Abmachung mit der Schweizer Pharmafirma für Veterinärmedizin Biokema: Biokema kauft den Landwirten das Kolostrum ab, um Tierarzneimittel daraus herzustellen.

Dabei hat Biokema natürlich ein Interesse an besonders gutem Kolostrum – will heissen, an Kolostrum, das viele Antikörper enthält. Deswegen bieten sie die Mutterschutzimpfung kostenlos an.

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«Jetzt nur nicht nachlässig werden»

Dank der Mutterschutzimpfung konnten sie mit der Kälbergesundheit einen zweiten Sprung nach vorne machen, meint Jean-Jacques Duperrex. Heute seien sie mit der Gesundheit der Kälber sehr zufrieden. «Die Rotaviren, die früher für Durchfall bei unseren Kälbern sorgten, bereiten keine Probleme mehr», sagt Jean-Jacques.

Gegen Grippeviren gibt es keine Mutterschutzimpfung. Duperrex’ beobachten daher ihre Kälber jeden Tag, um allfälliges Husten oder Teilnahmslosigkeit frühzeitig zu bemerken und reagieren zu können.

Aktuell läuft es gut mit den Kälbern auf der Stöckweid. «Jetzt nur nicht nachlässig werden», mahnt Jean-Jacques sich und die anderen im Team.

«So wenig Antibiotika wie möglich»

Der Gesundheit der Kälber wird auf der Stöckweid viel Beachtung geschenkt. Es ist ein Thema, das nicht nur Duperrex’ beschäftigt, sondern schweizweit regelmässig für Diskussionen, Medienberichte und neue Empfehlungen führt.

Der erste Bericht des Informationssystems Antibiotika anfangs 2022 bestätigte, dass bei Mastkälbern viele (kritische) Antibiotika eingesetzt werden. Im Hinblick auf drohende Antibiotika-Resistenzen soll das verbessert werden. Die Kälbergesundheit wird daher – zu Recht – oft und ausführlich besprochen.

«Wir setzen so wenig Antibiotika ein wie möglich», sagt Serge Duperrex. Hat ein Kalb jedoch Fieber, werde schnell reagiert und Antibiotika verabreicht. «Je früher, desto besser für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Tiers», ist Serge überzeugt.

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Wichtig seien auch vorbeugende Massnahmen wie die Mutterschutzimpfung. Andere Massnahmen betreffen die Fütterung oder das Management. Bereits die Kleinen (ebenso die Grossen) erhalten Eisen und Selen. «Es ist erstaunlich: Kälber, deren Saugreflex nach der Geburt schlecht ist, beginnen zu suckeln, sobald sie Selen erhalten», erzählt Jean-Jacques.

Auf dem Display ablesen,wer noch nicht getrunken hat

Ihre ersten Lebenswochen verbringen die Kälber in Einzel-Boxen. Dort haben sie ihre Ruhe und trinken aus dem Eimer Milch, die nur für sie bestimmt ist. Nach zwei bis drei Wochen zügeln sie in die Gruppenhaltung, ihre Box wird gewaschen und desinfiziert und steht dann dem nächsten Kälbchen zur Verfügung.

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Der Kälberstall für die älteren Tiere befindet sich gleich neben der Fressachse der Kühe. Die Bucht ist mit Stroh eingestreut. Im hinteren Teil der Bucht verläuft die Schlauchlüftung, die das ganze Jahr über für frische Luft sorgt.

Vorne steht der Tränkeautomat. Er bietet eine gute Kontrolle über die Kälbergesundheit: Wenn ein Kalb nicht oder zu wenig trinkt, lesen Duperrex’ das auf dem Display des Automaten ab und können überprüfen, ob mit dem Kalb alles in Ordnung ist.

Milch, Heu und Pflanzenkohle

Vertränkt wird die Milch von Kühen, die leicht erhöhte Zellzahlen aufweisen. Den Kälbern sollte das nicht schaden und gleichzeitig geht die beste Milch zum Milchverarbeiter. Die Mastkälber erhalten Pulverzusatz mit der Milch zusammen.

Alle Kälber fressen ausserdem Heu aus der Raufe, in die Duperrex’ zusätzlich Pflanzenkohle streuen. «Die Tiere fressen das gerne und es hilft gegen Durchfall», erklärt Serge.

Kohle ist tatsächlich ein Mittel, das bei Durchfall geeignet ist – für die Menschen gibt es entsprechend Kohletabletten. Kohle hat eine poröse Oberfläche und dadurch ein grosses Absorptionspotenzial. Im Darm des Kalbs nimmt die Kohle Gifte und Bakterien auf. Über den Kot werden Kohle und unerwünschte Krankheitserreger ausgeschieden.

Interessante Kälbermast: Wertschöpfung auf dem Hof

Die Kälber sind einerseits für die Nachzucht der eigenen Herde bestimmt. Zu dem Zweck werden die Kühe, mit denen weitergezüchtet werden soll, mit gesextem Samen besamt. Andererseits besamen Duperrex immer einige Kühe mit Mastrassen. Diese Kälber mästet die Familie selbst aus. Mit einem Schlachtgewicht von 150 Kilogramm gehen die Kälber schliesslich zum Metzger.

Das Fleisch nehmen Duperrex’ wieder zurück und verkaufen es in ihrem Hofladen. «Die Kälbermast ist für uns interessant: Wir behalten die Wertschöpfung dabei auf dem Hof und verlieren nirgends eine Marge», betont Serge.

Milch vertränken ergibt einen höheren Milchpreis

Auch das Vertränken der Milch sei attraktiv, er habe das 2018 durchgerechnet: Ein Mastkalb saufe in seinem Leben auf der Stöckweid rund 1500 Liter Milch. Für jeden vertränkten Liter Milch erhielten Duperrex’ einen Erlös von rund 90 Rappen. Im Vergleich dazu lag der Milchpreis damals bei rund 65 Rappen.

Die Rechnung habe er mit Kälbern von Mastrassen gemacht, betont Serge. «Stierkälber von Milchrassen schneiden sicherlich weniger gut ab», sagt er und schmunzelt.

Aufzucht der zukünftigen Milchkühe

Vor ein paar Jahren kaufte Familie Duperrex Kälber zu, um noch mehr Milch zu vertränken. Damit hätten sie aber bald wieder aufgehört: «Wir schleppten Krankheitserreger ein, mit denen unsere Kälber die nächsten zwei Jahre kämpften. Wir beschlossen, bloss noch die eigenen Tiere auf dem Betrieb zu mästen. Wir kaufen auch keine Kühe mehr, sondern ziehen alles selbst nach», erzählt Serge.

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Die ersten Aufzuchttiere verlassen die Stöckweid im Alter von gut vier Wochen. Die Mehrheit der Kälber wird erst nach dem Abtränken auf einen zweiten Betrieb verstellt. Auf den zwei unterschiedlichen Betrieben werden Duperrex’ Tiere im Vertrag aufgezogen.

Die Aufzucht ist ausgelagert, weil zuhause der Platz fehlt. Das Futter wäre hingegen nicht das Problem, sind sich Vater und Sohn einig, das würde ausreichen. Mit den beiden Aufzuchtbetrieben pflegen sie eine gute Zusammenarbeit – was wichtig ist. Schliesslich wachsen da die zukünftigen Milchkühe der Stöckweid heran.

Bolus im Kuhmagen sammelt Daten
Vor kurzem haben Duperrex’ ihren Kühen elektronische Boli verabreicht. Seither senden diese kleinen, rund 10 Zentimeter langen Kapseln Informationen aus dem Netzmagen der Kühe auf das Smartphone von Serge Duperrex.

Ein Tool zur Früherkennung
Das System heisst «Smaxtec», stammt aus Österreich und überzeugte bereits Arbeitskollegen von Serge. Als Duperrex’ alte Schrittmesser langsam ausstiegen, entschied sich Serge daher für die Boli. «Gemessen werden die Körpertemperatur, die Wiederkautätigkeit und der Trinkzyklus», erklärt Serge.

Algorithmen rechnen die Daten in schöne Grafiken um, die unter anderem die Brünstigkeit anzeigen, 12 Stunden vor der Geburt des Kalbs einen Alarm senden oder anzeigen, wenn eine Kuh erhöhte Temperatur aufgrund von Krankheit hat. «Ein gutes Tool zur Früherkennung», sagt Serge.

Ein Bolus hält ein Leben lang
Jeder Bolus kostet 35 Franken. Es wird garantiert, dass er das ganze Leben der Kuh durchhält. Zusätzlich kostet der Service 3.90 Franken pro Tier und Monat. Das lohne sich, so Serge, wenn dank Früherkennung Tierarztkosten gespart werden können.

Die Kälber der immer gleichen Betriebe

Auch bei dieser Partnerschaft spielt die Gesundheit der Tiere eine Rolle. Serge weiss: «Die Aufzuchtbetriebe beziehen die Kälber nur von einer kleinen Anzahl Betriebe, immer von den gleichen.» So sollen gröbere Mischinfektionen vermieden werden. Ausserdem sind die Kälber in dem Alter, in dem sie auf die Aufzuchtbetriebe transportiert werden, schon robuster und weniger anfällig auf Durchfall oder Atemwegserkrankungen.

Mit 22 bis 24 Monaten kehren die ehemaligen Kuhkälber als Rinder zurück, bereits trächtig und kurz vor der ersten Geburt. Bald werden sie selbst mit ihrem ersten Kalb in der Abkalbebox stehen. Der Kreislauf schliesst sich.

Betriebsspiegel Stöckweid

Serge und Jean-Jacques Duperrex, Maya Duperrex, Knonau ZH

LN: 51,3 ha plus 2,8 ha Wald
Kulturen: Silomais, Winterweizen, Wintergerste, Urdinkel, Kunstwiesen, Kürbis, Spargel, Streuwiesen
Tierbestand: 57 Milchkühe (H, RH, Brown Swiss)
Weitere Betriebszweige: Lohnarbeiten (Silieren, Mähen, Saaten), Direktvermarktung mit Hofladen, Hofgastronomie, Solaranlage, 1. August-Brunch
Arbeitskräfte: Jean-Jacques, Maya und Serge Duperrex, Lehrling Jan Burkard (50 %),Kati Fábián (März bis November), diverse Aushilfen und Tagelöhner

www.stoeckweid.ch