Kurz & bündig

➜  Bei Familie Salm in Veltheim hat Sohn Beni den Betrieb zuerst gepachtet und übernimmt nun rückwirkend.
➜  Die Rollenverteilung der Familienmitglieder ist klassisch: Die Männer arbeiten draussen und die Frauen schauen in Haus und Garten zum Rechten.
➜  Die junge Betriebsleiterin Nicole Salm könnte sich vorstellen, auswärts zu arbeiten, wenn die Kinder    grösser sind.
➜  Die Aufteilung hat sich in stillem Einverständnis ergeben.
➜  Da der Familien-Zusammenhalt bei Salms sehr stark ist, können die Familienmitglieder Konflikte austragen und sind nicht nachtragend.

Beni und Nicole Salm sind in den Startlöchern, um den «Berghof» zu übernehmen, den Betrieb von Benis Eltern Ernst und Trudi. Beni Salm ist Landwirt, Nicole Salm Fachfrau Hauswirtschaft. Wie die beiden Familien den Alltag regeln, wer welche Aufgaben auf dem Betrieb hat und weshalb der Familien-Zusammenhalt wichtig ist, erzählen sie am Stubentisch.

Wer ist Chef auf dem Berghof?

Beni Salm (Sohn): Ich habe den Betrieb vor drei Jahren von meinen Eltern gepachtet. Meine Frau Nicole und ich möchten den Berghof rückwirkend auf den 1. Januar 2019 definitiv übernehmen.

Ernst Salm (Vater): Bei der Arbeit könnte man aber nicht genau sagen, wer jetzt Chef ist. Wir entscheiden oft gemeinsam. Zusammen ist man in der Regel schlauer.

Beni Salm: Ja, ich bin zugegebenermassen manchmal froh um die langjährige Erfahrung meines Vaters. Und er ist andererseits vermutlich nicht unglücklich, dass er den Bürokram 
abgeben konnte.

Ernst Salm: Heute hätte ich damit Mühe, weil fast alles über den Computer läuft. Zu meiner Zeit kam ich noch gut ohne Computer durch. Ironischerweise ist gerade das Büro ein Punkt, weshalb wir mit der Hofübergabe gezögert haben.

Wie meinen Sie das genau?

Ernst Salm: Anfangs waren wir etwas skeptisch, ob Beni die ganze Betriebsleitung schafft. Er hat immer mitgearbeitet und angepackt auf dem Hof, aber nie eine Weiterbildung besucht. Darum haben wir den Hof zunächst verpachtet und nicht direkt übergeben.

Und was wäre gewesen, wenn Sie den Eindruck gewonnen hätten, dass Beni mit der Betriebsleitung überfordert ist?

Ernst Salm: Dann hätten wir vermutlich eine andere Lösung gesucht, auch wenn es hart ist. Zum Glück müssen wir uns diese Frage heute nicht mehr stellen und können den Betrieb mit gutem Gewissen übergeben.

Diese Skepsis der Eltern hat Sie nie gestört?

Beni Salm: Nein, das war für mich einigermassen nachvollziehbar. Ich habe nie etwas im Büro oder mit Buchhaltung gemacht und musste bei Null anfangen. Das war anfangs zugegebenermassen recht happig. Jetzt läuft es zum Glück ziemlich rund.

Was passiert, wenn Sie einmal doch nicht gleicher Meinung sind? Oder kommt das nicht vor?

Beni Salm: Doch doch, das gibt es. Allerdings eher bei Kleinigkeiten und nicht bei grossen Dingen. Vater möchte beispielsweise sofort mähen, wenn der Wetterbericht einigermassen gut ist, ich bin da skeptischer.

Ernst Salm: Meistens wird dann gemäht. Und meistens kommt es auch gut. (lacht)

Beni Salm: Im Alltag gibt es immer wieder kleinere und seltener auch etwas lautere Reibereien. Am nächsten Tag ist das jedoch dann wieder vergessen und wir blicken vorwärts.

Ernst Salm: Wir haben zum Glück immer genug zu tun, so dass wir nicht viel Zeit haben, um nachtragend zu sein. Und es will auch niemand um jeden Preis recht haben und seinen Kopf «durchstieren».

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Bekommen das die Frauen mit, wenn zwischen Vater und Sohn dicke Luft herrscht?

Nicole Salm (Schwiegertochter): Ja, entweder hören wir es direkt oder wir sprechen dann in unserer Wohnung kurz darüber. Es staut sich aber wirklich nie etwas Grösseres an. Dazu ist der Familienzusammenhalt vermutlich zu gross.

Beni Salm: Wir sind ja als Familie auch aufeinander angewiesen. Ich habe beispielsweise jeden zweiten Sonntag frei, weil dann Vater den Stall macht und umgekehrt. Dank der generationenübergreifenden Zusammenarbeit klappt es auch recht gut mit Ferien.

Ernst Salm: Wir gehen mittlerweile zwei Wochen pro Jahr in die Ferien und geniessen das auch. Wenn wir Krach hätten, würden alle an Lebensqualität verlieren und auch der Betrieb würde darunter leiden.

Haben Sie auf Ihrem Betrieb bewusst Gespräche geführt, wer wofür die Verantwortung übernimmt und welche Rolle übernimmt?

Beni Salm: Wir haben da eher ein stilles Einverständnis, vieles hat sich einfach so ergeben. Vater hat vor allem bei den Hühnern und dem Inventar den Überblick, ich kümmere mich vorwiegend um die Mutterkühe und den Ackerbau.

Betriebsspiegel «Berghof»

Nicole (33) und Beni Salm (34) mit Malea (1) sowie Trudi (67) und Ernst (69) Salm, Veltheim AG

LN: 43 ha
Kulturen: Raps, Winterweizen, Mais, Natur- und Kunstwiesen
Tierbestand: 36 Mutterkühe, 1100 Mast-Poulets

Aufteilung der Betriebszweige:
Ernst: Poulets, Reparaturen
- Trudi: Garten, Enkelkinder, Hühner und Enten
- Beni: Betriebsleitung, Mutterkühe, Ackerbau
Nicole: Haushalt, Liegenschaften, Kinder, Aushilfe bei Arbeitsspitzen

Das Rollenbild auf dem «Berghof» ist klassisch: Die Männer arbeiten draussen und die Frauen schauen in Haus und Garten zum Rechten. Passt das so für Sie?

Nicole Salm: Als ich Beni heiratete, wusste ich, zu was ich ja sagen würde. Ich helfe nur selten draussen aus, und für mich stimmt es im grossen Ganzen, wie es ist.

Trudi Salm (Mutter): Ich bin auf einem Landwirtschaftsbetrieb im Kanton Thurgau aufgewachsen und kannte von Kindsbeinen an nichts anderes. Ich war immer gerne auf dem Hof und mit meinen Aufgaben zufrieden. Das war für mich selbstverständlich.

Ernst Salm: Wir haben auch immer genug Geld verdient, damit Trudi nicht auswärts arbeiten musste.

Nicole Salm: Wenn die Kinder einmal in den Kindergarten gehen, könnte ich mir gut vorstellen, wieder einen Tag auswärts als Fachfrau Hauswirtschaft zu arbeiten. In erster Linie geht es mir dabei um die sozialen Kontakte. Das fehlt mir hier oben auf dem Berghof manchmal etwas, wir sind schon ziemlich abgeschieden. Aber es tut mir gut, in den Turnverein zu gehen, und ich schaue bei unseren Liegenschaften im Dorf wöchentlich einen Halbtag zum Rechten.

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Wie würden Sie damit umgehen, wenn Nicole bereits jetzt vermehrt auswärts arbeiten möchte?

Beni Salm: Das wäre schon nicht einfach (überlegt). Wir sind jetzt alle gut eingespielt in unseren Rollen. Aber wenn das wirklich der Wunsch von Nicole wäre, dann würden wir sicher gemeinsam eine Lösung finden.

Trudi Salm, ist das Bedürfnis von Nicole, auswärts zu arbeiten, für Sie nachvollziehbar?

Trudi Salm: Für mich war das überhaupt nie kein Thema. Und ich habe auch nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Ich war und bin sehr gerne auf dem Berghof und wollte nie etwas anderes. Aber die Zeiten ändern sich, und die Menschen sind verschieden. Das ist doch normal.

Eine letzte Frage an alle: Was ist Ihnen für das Leben auf dem Berghof am wichtigsten?

Ernst Salm: In letzter Zeit ist es für mich die Gesundheit geworden.

Trudi Salm: Ich geniesse es, Zeit für mein Grosskind zu haben und mit meiner Familie zu leben.

Beni Salm: Für mich ist wichtig, dass es auf dem Betrieb rund läuft, insbesondere seit ich die Verantwortung dafür habe.

Nicole Salm: Für mich spielt es eine Schlüsselrolle, dass wir uns untereinander gut verstehen und an einem Strick ziehen.

Alle Interviews für «die grüne» werden zunächst im Wortlaut transkribiert und danach – in Absprache mit den Gesprächspartnern – zur besseren Verständlichkeit bearbeitet und wenn notwendig gekürzt.

Studie zur Arbeitsteilung

Isabel Häberli und Christine Jurt haben an der HAFL im Bereich Ländliche Soziologie eine Studie durchgeführt, wie die Arbeitsteilung auf landwirtschaftlichen Familienbetrieben in der Schweiz entsteht.

Arbeitsoptimierung und Arbeitsentlastung werden auf den interviewten Betrieben hauptsächlich im jeweils eigenen Arbeitsbereich vorgenommen werden und nicht durch Neuaushandlung von Verantwortlichkeiten zwischen den Partnern erreicht.
Die Unterstützung durch Dritte (z.B. Lernende, Reinigungshilfen, Verwandte) ist wichtig für die befragten Betriebsleiterpaare. Optimierungen nur im eigenen Arbeitsbereich haben mittel- oder langfristig Grenzen.

Angesichts der oft hohen Arbeitsbelastung ist es deshalb wichtig, bei einer Betriebsanalyse die Sichtweisen aller Beteiligten einzubeziehen. Wenn Betrieb, Familie und Haushalt als Ganzheit betrachtet werden, können Lösungen für eine nachhaltige Arbeitsorganisation gefunden werden.

www.dgrn.ch/studie_arbeitsteilung