Gülle und Mist stellen heute die grösste noch zusätzlich energetisch nutzbare Biomasse-Quelle dar. Heute werden nur rund 7 % der insgesamt 2,6 Mio Tonnen (Trockensubstanz) vergoren. Der Hauptgrund ist der fehlende wirtschaftliche Anreiz. Rindergülle und -mist machen zusammen rund 80 % der gesamten Hofdüngermenge aus. Sie enthalten nur ca. 70 bzw. 155 kg organische Trockensubstanz pro Tonne Substrat, der Rest ist Wasser. Insbesondere Rindergülle lässt sich relativ schlecht anaerob vergären: Nur ca. 25 % der organischen Substanz lässt sich in heutigen Anlagen zu Biogas umwandeln. Deshalb kann eine Biogasanlage ausschliesslich mit Hofdünger nicht wirtschaftlich betrieben werden.

Heute setzen praktisch alle landwirtschaftlichen Biogasanlagen in der Schweiz Co-Substrate (Speisereste, Müllereiabfälle, Glycerin) ein. Die Menge an verfügbaren Co-Substraten ist im Verhältnis zur Menge an Hofdünger klein. Zukünftige Biogasanlagen müssten deshalb primär damit betrieben werden. Deshalb müssten entweder die Anlagen anders und zu massiv tieferen Kosten gebaut werden oder es gelingt, aus derselben Menge Hofdünger mehr Biogas zu produzieren.

Ein Ansatz, um die Biogas-Ausbeute zu steigern, ist eine thermo-chemische Vorbehandlung, um einerseits gewisse Fraktionen der Güllefeststoffe wasserlöslich zu machen und andererseits die Struktur des verbleibenden Feststoffs aufzubrechen. Im Labor konnten wir so Ausbeute-Steigerungen um mehr als 50 % erreichen. Um diese Technologie unter realen Bedingungen zu testen, baut die HAFL zurzeit mit dem Institute Agricole in Grangeneuve und in Zusammenarbeit mit Industriepartnern und mit finanzieller Unterstützung des Bundesamts für Energie sowie des Kantons Fribourgs eine Pilotanlage zur Vorbehandlung von Rindergülle.

 

Michael Studer ist Professor für Agrar-, Forst- und Energietechnik an der HAFL

StandPunkt von Pascal Toffel, Direktor Grangeneuve

Biogas aus Grangeneuve

Grangeneuve plant, im Jahr 2022 eine kleine Biogasanlage neben dem neuen Kuhstall zu bauen. Das Ziel ist, diese Anlage ausschliesslich mit Nebenströmen vom Betrieb zu betreiben. An der Schule soll praxisnah gezeigt werden, wie die Biogasproduktion funktioniert und wie zukünftige Konzepte, welche nur mit Substraten vom eigenen Betrieb betrieben werden, aussehen.

Aus einem Forschungsprojekt zur Dampfvorbehandlung von Rindergülle resultierte ein Pilotprojekt mit der BFH-HAFL. Darin wird die Biogasanlage in Grangeneuve mit einer Vorbehandlung und einem Schulfermenter erweitert. Grangeneuve und die BFH-HAFL planen, die Zusammenarbeit im Bereich der landwirtschaftlichen Biogasproduktion weiter auszubauen, um das grosse ungenutzte Potenzial von Gülle und Mist endlich erschliessen und daraus einen ökonomischen Mehrwert für die Landwirtschaft generieren zu können und damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende 2050 und zum Klimaschutz zu leisten.
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