Nach der Ernte spriessen vielerorts die Gründüngungen und es lohnt sich bereits, in einem ruhigen Moment an die Herbstsaaten zu denken und Bestellungen vorzunehmen. Wichtig dabei – neben der Kulturwahl – ist die Frage, welche Sorte es sein soll.

Aktualisierte Listen

Für praktisch alle Ackerkulturen (Getreide, Mais, Kartoffeln, Raps, Soja und Sonnenblumen) führt Agroscope zusammen mit Swissgranum, Swisspatat und der Agridea Listen mit für den Anbau in der Schweiz empfohlenen Sorten. «Bei einigen erfolgt die Prüfung aber sequenziell, das heisst alle 5 bis 7 Jahre mit einer Pause dazwischen», erklärt Jürg Hiltbrunner von Agroscope. Das liege einerseits an der geringen Zahl neuer Sortenanmeldungen und andererseits an kleiner Nachfrage wegen kleiner Anbaufläche. Was die Herbstsaaten betrifft, so gibt es für Winterraps, -weizen und -gerste jährlich aktualisierte Listen.

«Beim Winterweizen gibt es Sortenversuchsnetze mit Standorten unter ÖLN, Extenso und Biobedingungen», erläutert Hiltbrunner. In der Regel gebe es in allen Ackerkulturen-Versuchsnetzen auch beteiligte Praxisbetriebe, wo die Landwirte die verschiedenen Sorten in «ihrem System» anbauen. «Im Maisversuchsnetz beispielsweise gibt es Standorte, an denen die Bodenvorbereitung mit Streifenfrässaat, Mulchsaat oder herkömmlich mit Pflug und Kreiselegge erfolgt», so der Wissenschaftler. Explizit auf die Eignung in verschiedenen Bodenbearbeitungssystemen werden neue Sorten aber nicht getestet. «Bodenbearbeitung vor der Saat ist meist die Regel», ergänzt Didier Pellet, ebenfalls von Agroscope.

Wenig Interesse

«Mitte der 2000er-Jahre gab es einmal Sortenvergleiche in konservierenden Systemen», erinnert sich HAFL-Dozent Bernhard Streit. Das Interesse daran und somit der Mehrwert der Arbeit sei damals allerdings gering gewesen. Seither habe man nichts mehr dergleichen gemacht und die Liste der empfohlenen Sorten bilde die Konservierende Landwirtschaft nur bedingt ab, so Streit. Aber bleibt Winterweizen am Ende nicht einfach Winterweizen, auch wenn es Unterschiede je nach Sorte geben mag? «Nicht ganz», meint Streit: «Die Sorte ist ein Stein des Mosaiks.»

Eine Sortenprüfung im Direktsaatsystem fände Streit eine gute Sache. «Es ist aber auch ein Grundsatzentscheid: Will man für Systeme abseits des Mainstreams testen?», bemerkt er. Für den Biolandbau werde das gemacht, z. T. allerdings durch das FiBL. Bei Sorten für die Konservierende Landwirtschaft sei daher die Frage zu klären, wer dafür zuständig sein sollte.

Fusarienrisiko senken

Bei Direktsaat sieht Bernhard Streit vor allem zwei wichtige Punkte, die es bei der Sortenwahl zu beachten gilt:

Mais: Rasche Jugendentwicklung (Hinweise in den Sortenlisten beachten), da sich bei reduzierter Bodenbearbeitung der Boden im Frühling langsamer erwärmt, der Sauerstoff durch die Kälte im Untergrund knapp sein kann und die N-Mineralisierung verlangsamt ist.

Winterweizen: Fusarienresistenz beachten, vor allem in Fruchtfolgen mit Mais, der das Befallsrisiko erhöht.

Diesen Punkten würde Bernhard Streit Priorität einräumen. Didier Pellet empfiehlt zusätzlich, bei Raps auf Phoma-Resistenz zu achten. Ansonsten stellen sich für die Sortenwahl und die Saat im Herbst agronomische Fragen wie generell im Ackerbau – bei konservierenden Systemen allerdings z. T. mit etwas anderen Aspekten:

Wuchsform: Wenn Herbizide zum Einsatz kommen, spielen eher waagrecht (planophil) oder senkrecht (erektophil) ausgerichtete Blätter weniger eine Rolle. Wird herbizidfrei gearbeitet, kann eine bessere Bodenbedeckung mit planophilen Sorten erreicht werden.

Bestockung: Bei Konservierender Landwirtschaft, Strip-Till bzw. Direktsaat stärker bestockende Sorten wählen oder die Saatdichte erhöhen.

Saatzeitpunkt: Da der Boden besser trägt und vor der Saat nicht bearbeitet wird, ist man hier bei der Direktsaat flexibler. Knackpunkt ist die verzögerte Erwärmung des Bodens im Frühling. Früheres Säen ermöglicht eine längere Entwicklung im Herbst und damit einen Wachstumsvorsprung im Frühling, wodurch die verzögerte Entwicklung teilweise ausgeglichen wird.

Saatstärke: Bei normal und spät gesätem Winterweizen fällt die Bestockungsphase in den Frühling mit kühleren Böden bei reduzierter oder fehlender Bodenbearbeitung. Die Pflanzen bilden weniger Halme. Daher macht eine 10 Prozent höhere Saatdichte Sinn. Früher Winterweizen oder Wintergerste bestockt normalerweise im Herbst und kann somit bei normaler Saatstärke dichte Bestände mit der angestrebten Anzahl ährentragender Halme bilden.

Saattiefe: Je nach Bodentyp (flacher in schweren Böden) und Saattermin (tiefer bei früher Saat).