Das Thema «soziale Absicherung» ist zurzeit in aller Munde. Im Rahmen der Agrarpolitik 2022+ war erstmals eine minimale Lösung zum Risikoschutz der Ehepartner vorgesehen. Was aber bedeutet soziale Absicherung genau? Wer ist für die soziale Absicherung auf den Landwirtschaftsbetrieben zuständig? Ab welchem Alter muss man sich mit der sozialen Absicherung auseinandersetzen? Was kann abgesichert werden und was nicht? 

Zu viel für einen Einzelnen

Sucht man im Internet nach einer einfachen Definition von sozialer Absicherung, wird man nicht fündig. Besser steht es um den Begriff der sozialen Sicherheit. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verweist auf das engmaschige Netz von Sozialversicherungen, welche einen weitreichenden Schutz vor Risiken bieten, deren finanzielle Folgen von den Einzelpersonen nicht allein bewältigt werden können.

In anderen Worten ausgedrückt heisst soziale Absicherung, sich mittels unterschiedlicher Versicherungen für Risiken abdecken, deren finanzielle Folgen wir als Einzelne nicht selbst tragen können. Zu den Risiken zählen Alter, Krankheit, Unfall, Invalidität, Todesfall oder auch Arbeitslosigkeit.

Wer zahlt, profitiert

Diese sozialen Versicherungen leisten Schutz, indem sie Leistungen wie Renten, Erwerbsersatz oder Familienzulagen ausrichten oder indem sie Kosten bei Krankheit oder Unfall tragen oder einmalig ein Kapital auszahlen.

Nur wer die entsprechenden Beiträge oder Prämien einbezahlt, profitiert von den Schutzleistungen, wobei ein Teil der Versicherungen obligatorisch sind. Die meisten Leistungen wiederum sind abhängig von der Höhe der einbezahlten Beiträge und Prämien.

Eigenverantwortlich

Bäuerinnen und Bauern sind selbst für ihre soziale Absicherung verantwortlich. Auf einem durchschnittlichen Landwirtschaftsbetrieb fallen jährlich rund Fr. 27 0000.– an Versicherungsausgaben an. Das Ziel sollte es sein, dass jede Betriebsleiterfamilie den optimalen Mix an Sozialversicherungen für sich findet, um den Bedürfnissen jeder Einzelperson und dem Gesamtbetrieb gerecht zu werden.

Es ist nicht der Bauer, der über die Notwendigkeit der sozialen Absicherung seiner Frau entscheidet, oder umgekehrt. Das gemeinsame Gespräch zur sozialen Absicherung kann auch emotional ausfallen – sei dies, weil über Risiken gesprochen werden muss, von denen man hofft, dass sie nie eintreffen werden oder weil man bezüglich der Notwendigkeit der einzelnen Versicherungen unterschiedlicher Auffassung ist. Um zu einer konstruktiven Lösung zu kommen, empfiehlt sich deshalb der Einbezug einer Fachperson.

Veränderte Umstände

Im Laufe des Lebens verändern sich die Sicherheitsbedürfnisse einer Person immer wieder. Die Folgen beim Eintritt eines der oben genannten Risiken fallen daher unterschiedlich ins Gewicht. So wird ein 35-jähriger Familienvater das Risiko Invalidität höher versichern als ein 63-jähriger Bauer, der kurz vor der Pension steht.

Einmal abgeschlossen, sollten die Versicherungen deshalb alle fünf Jahre überprüft und den aktuellen Umständen angepasst werden. Es empfiehlt sich zudem, bei grösseren Investitionen, einer Hofübernahme, Heirat, Geburt eines Kindes, Scheidung oder Aufnahme einer unselbstständigen Tätigkeit ebenfalls die soziale Absicherung zu durchleuchten.

Die Ehe bewusst regeln

Neben den Versicherungen gehören die Themen rund um das Ehe- und Erbrecht zur sozialen Absicherung, namentlich Güterstand, Ehe- und/oder Erbvertrag, sowie Trennung und Scheidung. Dazu gibt es allerdings keine vorsorglichen Versicherungsmöglichkeiten, um die Folgen vorgängig zu regeln. Trotzdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, vorbeugende Massnahmen zu treffen.

Auch wenn es unpassend scheint, sich vor der Hochzeitmit dem Thema Scheidung auseinander zu setzen, ist es ratsam, vor der Eheschliessung dierechtlichen Grundlagen einer Eheschliessung und mögliche Konsequenzen im Fall einer Scheidung zu besprechen.

Auf Augenhöhe

Neben den versicherungstechnischen und vorbeugenden Massnahmen für den Scheidungsfall sind regelmässige Gespräche und eine echte, gelebte Partnerschaft zentrale Faktoren für die soziale Absicherung des Betriebsleiterpaares. Nur wenn das Wohlergehen, die Ängste und Sorgen gegenseitig ausgetauscht werden, können frühzeitig Massnahmen ergriffen und Veränderungen vorgenommen werden.

Bei einer Partnerschaft auf Augenhöhe sind beide Partner gleichwertig, kennen ihre Rechte, Wissen um ihre soziale Absicherung und helfen einander nach Kräften.

Die passende Absicherung finden
Den richtigen Mix an sozialer Absicherung für die Bauernfamilie zu finden, gestaltet sich individuell. Hierbei ist es wichtig, dass die Bäuerin und der Bauer das System verstehen.
Nachfolgende Fragen können dabei helfen:

- Wie sieht die soziale Absicherung bei mir, bei uns als Paar/Familie und im Betrieb aus in Sachen Versicherungen und rechtlichen Regelungen? 
- In welcher Lebensphase stehe ich, stehen wir undwohin gehe ich, gehen wir als Paar, als Familie, inklu-sive Betrieb in den kommenden Jahren? 
- Wie sehen die Risiken in unserem Lebensabschnitt aus?
- Welche können wir selbsttragen, welche sind sinnvollerweise abzusichern oder können abgesichert werden?

Für gewisse Themen der sozialen Absicherung kann die Unterstützung einer externen Fachstelle hilfreich sein.