Die Landwirtschaft kann mit einfachen Massnahmen Treibhausgase reduzieren. Und sie hat viel Potenzial, Energie zu sparen und selber mehr erneuerbare Energie zu produzieren. Das wurde am Fachanlass «Klimafreundliche Landwirtschaft» vom 13. April  bei Thomas Pfister auf dem Neuhof hoch über Menzingen aufgezeigt, organisiert vom Zuger Bauernverband, Bio Zug, Bio Suisse und FiBL.

Tiefere Emissionen

Welchen Einfluss die Weide auf das Klima hat und welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Weidesysteme auf Betrieb und Umwelt haben, zeigte Weideberater Remo Petermann vom BBZN Schüpfheim auf. Sein Fazit: Die Weide ist besser als ihr Ruf. Und die Treibhausgasemissionen seien deutlich tiefer als bisher angenommen. Es komme aber sehr auf die Fütterung, die Kühe und die Art der Bewirtschaftung an. Und auch auf die Grashöhe. Dies, weil die Methanemissionen im Zusammenhang stünden mit dem Rohfasergehalt des Futters. Junges Weidegras habe eine hohe Nährstoffkonzentration und entsprechend weniger Fasern. Aus diesem Futter können die Kühe relativ viel Milch produzieren und stossen im Verhältnis wenig Methan aus. Weidefütterung habe das Potenzial für eine klimafreundliche Produktion. Umstellung auf Weidewirtschaft und Verbesserung von bestehenden Weidesystemen bedingten aber viel Wissen und Ausdauer, wurde auch in der Diskussion bestätigt.

«Die Quelle der Daten und die Kriterien sollten genau betrachtet werden.»

Remo Petermann wehrt sich gegen Studien, welche die Weide schlecht reden.

Studien hinterfragen

In früheren, vor allem ausländischen Studien, kamen die Rindviehhaltung, tiefe Milchleistungen pro Kuh und entsprechend die Weide bezüglich Treibhausgasemissionen nicht so gut weg. Vor allem das klimaschädliche Methan, aber auch Lachgas belaste den Anteil Landwirtschaft von 14 Prozent an den gesamten Emissionen. Petermann setzte aber Fragezeichen zur vereinfachten Überlegung, je mehr Milch pro Kuh und Jahr desto geringer der CO2-Fussabdruck der Kühe pro Kilo Milch. «Da sollten jeweils die Quelle der Daten und die Rahmenbedingungen genauer betrachtet werden.» So seien die Emissionsunterschiede bei Leistungen zwischen 6000 und 10'000 kg Milch pro Kuh nur mehr gering und die Länderunterschiede bezüglich Leistungsniveau hoch.

Im Übrigen sei der Ausstoss von Methan beim Rülpsen des Rindviehs stark von der Fütterung und Haltung abhängig. Weidekühe seien gegenüber Kraftfutterkühen ungerechtfertigt an den Pranger gestellt worden.

Vielfältige Umweltwirkungen

Neuere Studien würden zeigen, dass die Methanbelastung bei Weide sowohl pro Kuh und Tag wie auch pro Kilo Milch (energiekorrigiert) deutlich tiefer sei als angenommen. Im Übrigen sollte bei der Betrachtung der Emissionen der Milchproduktion auch das Koppelprodukt Fleisch berücksichtigt werden. Und der einseitige Fokus auf Treibhausgase vernachlässige die weiteren Umweltwirkungen von Produktionssystemen wie Flächenbedarf, Versauerung, Toxizität, Abholzung, Energiebedarf oder auch die Konkurrenz von Futtermitteln zu Lebensmitteln.

Weidegras statt Kraftfutter

«Weide bringt höchste Nährstoffkonzentration ohne Kraftfutter», betonte Petermann. Konserviertes Gras sei immer weniger gehaltvoll und bedinge mehr Kraftfutter als frisches Gras. Auch der energiereiche, aber proteinarme Mais sei gegenüber dem ausgeglichenen Gras eine weniger geeignete Futtergrundlage.

Wenn die Betrachtung auf die Nutzung der Böden ausgedehnt werde, so sei auch klar, dass Grasland dank dem Humusaufbau die Böden stärke und Klimagase binde, während Ackerland humuszehrend sei und Gase freisetze. Wenn Ackerfrüchte für die Tierfütterung und vor allem für die Wiederkäuerfütterung verwendet würden, sei die Konkurrenz zu Lebensmitteln ausgeprägt.

Weniger Lachgasbelastung

Zur Belastung des Klimas mit Lachgas wies Petermann auf neue Feldstudien der Agroscope hin, wonach diese auf Schweizer Weiden deutlich tiefer sei als bisher aufgrund von ausländischen Studien angenommen. Solche Verluste entstünden im Übrigen vor allem bei der Lagerung von Hofdünger, verdichteten und nassen Böden und wenn Stickstoffdünger bei ungünstigen Bedingungen ausgebracht werden. Petermann geht ohnehin davon aus, dass N-Dünger unter Druck kommen, zumal die Produktion viel fossile Energie verschlinge.

«Weide bringt am meisten Nährstoffe.»

Remo Petermann weist auf die Vorteile hin, wenn Kühe ihr Futter selber holen.

Mit Weidestieren züchten

Ammoniakverluste liessen sich durch Trennung von Kot und Harn reduzieren, was eine bessere Nutzung des Stickstoffs in Hofdüngern ermögliche.

Der ökologische Fussabdruck der Rindviehhaltung wird gemäss Petermann in Neuseeland bereits züchterisch berücksichtigt. So seien in neuseeländischen Stierenkatalogen die Zuchtwerte aufgeführt von Vätern, bei denen die Methan- und Stickstoffeffizienz besser sei.

In vielen Bauernhöfen steckt Energiesparpotenzial
Zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft gehört auch eine energieeffiziente Landwirtschaft. Über das Potenzial zum Energiesparen und mögliche Massnahmen informierte Priska Stierli, Fachmitarbeiterin Energie und Klima beim Bauernverband Aargau. Rund eine halbe Milliarde Franken machen die Kosten für Elektrizität, Heizenergie und Treibstoff in der Schweizer Landwirtschaft aus. Mit Sanierungen und Optimierungen könnten je nach Bereich 20 Prozent (beim Treibstoffverbrauch oder der Heizungsoptimierung) bis 70 Prozent (mit Eigenstromversorgung, thermischer Sanierung oder Elektro-Mobilität) ­eingespart werden. 

Stromfresser aufspüren
Bei der Elektrizität sollten vorerst Stromfresser aufgespürt werden. Grosse Verbraucher sind Kühltank, Futtermischer, Güllepumpe, Ventilatoren, Heubelüftung oder auch die Vakuumpumpe. Stierli empfahl Vorkühlung der Milch durch Installation eines Plattentauschers vor dem Milchtank. Damit lasse sich der Strombedarf des Kühlaggregats um die Hälfte reduzieren. Und für die Warmwasseraufbereitung mache die Installation einer Wärmerückgewinnung aus der Milchkühlung Sinn. Für Wärmepumpenboiler gibt es ein Förderprogramm von Agrocleantech. Und ebenso für energieeffiziente Ferkelnester oder für den Ersatz von Kühlaggregaten, Lüftern, Pumpen oder Zusatzheizungen.

Auch die Beleuchtung sei nicht zu unterschätzen, zumal LED-Lampen zehn Mal weniger Strom verbrauchen als Glühlampen. Lohnend sei auch die Isolation von Heizleitungen, die Kosten dafür könnten in drei Jahren amortisiert werden, meinte Stierli beispielhaft.

Auf jeden Fall lukrativ sei es, wenn ein grosser Teil des Strombedarfes auf dem Hof selber produziert werden könne. So vor allem bei Milchvieh- und Schweinezuchtbetrieben mit hohem Tagesstromverbrauch.

Solarstrom ist viel günstiger
Bei Produktionskosten für Strom von der Photovoltaikanlage von 6 bis 8 Rappen pro KWh und Bezugskosten für Netzstrom von gegen 30 Rappen lohne sich die Optimierung des Eigenverbrauchs. Aber auch der Überschussstrom vom Solardach lasse sich heute besser verkaufen als noch vor Jahren, vorausgesetzt, die Ableitung ist genügend dimensioniert. Stierli empfahl, sich über die Plattform Solarrechner über das eigene Potenzial an Sonnenenergie vom Bauernhof zu erkundigen.[IMG 2]

Grundsätzlich riet Priska Stierli zu einer Energieberatung für Landwirtschaftsbetriebe. Neben Luzern bietet künftig neu auch Aargau die sogenannte «AgriPeik»-Beratung an. Dabei werden das Potenzial analysiert und wo sinnvoll konkrete Massnahmen vorgeschlagen für kurz-, mittel- oder langfristige Umsetzung. Die Kosten für die Beratung werden von Bund und Kanton zu einem grossen Teil finanziert. Wie Erfahrungen zeigen, lassen sich Investitionen in Energiesparmassnahmen auf Bauernhöfen aufgrund der gestiegenen Energiekosten in wenigen Jahren amortisieren.