«Wir wollen bessere Grundlagen für Boden, Klima und die Biodiversität schaffen», erklärt Reto Diener die regenerative Landwirtschaft. «Das ist nicht nur nachhaltig, sondern aufbauend.» Ursprünglich von Amerika kommend, werde dieses Konzept in den nächsten Jahren in der Schweiz stark an Bedeutung gewinnen, ist Diener überzeugt. Im Fokus stehen dabei gesunde Böden und Humusaufbau.

Boden dauernd grün

Im Obstbau heisst dies eine dauernde Bodenbedeckung, auch in den Baumreihen. Auf Herbizide wird verzichtet, das Gras bleibt länger stehen. Entscheidend sei, was wachse. Wertvolle und tiefwurzelnde Pflanzen für den Boden sollen es sein, welche Nährstoffe einbringen und die Bodenlebewesen aktivieren. «So lassen sich viele Düngersäcke einsparen.» Das habe auch positive Auswirkungen auf den Pflanzenschutz. «In einem gesunden Boden wachsen auch gesunde und robustere Pflanzen und gesunde Früchte.» Wenn in einem ungesunden Boden die Nährstoffe in einem Missverhältnis stünden, seien die Pflanzen und Früchte anfälliger auf Krankheiten und Insekten.

Diener merke das ganz deutlich beim Vergleich seiner Böden und Obstbäume gegenüber einer vor wenigen Jahren neu mit Obst bewirtschafteten Parzelle in Wauwil. Dort seien die Kirschbäume dieses Jahr viel mehr von Schorf und Monilia befallen als hier auf dem Betrieb Morgestärn, wo eben sein Vater schon über Jahrzehnte auf gesunde Böden achtete, sagt Diener.

Gut statt viel produzieren

Das nasse Wetter im Frühjahr habe aber auch hier mehr Pflanzenschutz bedingt, zumal allein gesunde Böden dem vielen Regen nicht trotzen konnten. Er setze aber meist auf biologische Mittel. «Je besser die Böden, desto weniger müssen wir aber Mittel ausbringen.» Bio sei im Übrigen auch nicht zwingend sein Hauptziel, sondern Diener will auf dem Weg der regenerativen Landwirtschaft bleiben. Das sind aber nicht immer einfache Entscheide, wenn zu Gunsten der Natur statt zu Gunsten des Portemonnaies gewählt wird. «Wir wollen nicht möglichst viel produzieren, sondern möglichst gut.»

Erfahrung mit Obst

Den Betrieb Morgestärn konnten Dieners Grosseltern 1962 kaufen, welche von Küssnacht nach Kulmerau zogen. 2016 konnte Reto den Obstbaubetrieb von seinem Vater übernehmen, der aufgrund der kleinen Nutzfläche noch einem Nebenerwerb nachging. Reto setzte aber voll auf die Strategie Spezialkulturen und möglichst 100 Prozent Direktvermarktung. Von den heute 11 ha Nutzfläche sind 3 ha gepachtet, auf 8 ha wird Obstbau betrieben mit Kirschen, Zwetschgen, Löhrpflaumen, Aprikosen, Pfirsichen und Nektarinen, Äpfeln und Birnen.

Betriebszweige sind neben der Früchteproduktion die Stromproduktion (800 m2 PV-Anlage), Biodiversität (drei ha BFF in Qualitätsstufe II), Vermarktung und Events, Verarbeitung, so den «Mr. Q Cider», ein Campingplatz, eine Mietwohnung mit Pferdepensionsplätzen und als Hobby im ruhigen Winterhalbjahr die Stickerei von T-Shirts, Caps und mehr. Der Betrieb Morgestärn beschäftigt durchschnittlich fünf Festangestellte, das schwanke aber vom Einmannbetrieb im Winter bis zu 20 Leuten in der Hochsaison.

Bei aller Vielfalt und viel Arbeit legt Diener aber Wert auf hohe Lebensqualität. Zufriedenheit und das Leben mit Familie und Freunden bewusst geniessen gehöre zur definierten Vision für seinen Betrieb.

Onlineshop im Aufbau

Wichtigstes Agrarprodukt sind die Kirschen, die Hälfte der Ernte wird direkt im Hofladen verkauft, der Rest geht mit einer täglichen Liefertour direkt an Detaillisten.

Das Marketing hat einen hohen Stellenwert, so wird zum Start der Kirschensaison jeweils ein Picknick im Obstgarten organisiert, dieses Jahr am 2. Juli, von 11 bis 17 Uhr. Und auch der während der Corona-Zeit zusammen mit dem Nachbarbetrieb Risihof lancierte «Mr. Q Cider» aus Mostäpfeln erhöhe die Bekanntheit und Kundenzahl. Ab dieser Saison bietet Diener auch einen Onlineshop mit einem Sortiment von rund 100 Produkten. «Auch damit sollen aber die Leute auf den Hof gelockt werden.»

Folie auf Knopfdruck

Diener setzt auf Innovationen, «wir haben alle Jahre neue Ideen». Aktuell ist dies eine elektronische Regenabdeckung, ein Prototyp, zusammen mit einem Betrieb in Winikon entwickelt. Auf Knopfdruck können die Folien über den Kirschbäumen bei Sonne eingezogen werden, vor Regen wieder als Schutz ausgerollt werden. Eine starke Beschattung führe zu weicheren Früchten, was unerwünscht sei, begründet Diener einen der Vorteile des je nach Wetter flexibel und kurzfristig nutzbaren Regendaches.

Weitere Informationen: www.morgestärn.ch

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Ein Waschplatz mit Blumen-Biofilter

Reto Diener hat in den vergangenen Jahren viel in den Betrieb investiert, auch mit Unterstützung der Kreditkasse. So flossen über eine halbe Million Franken in die Obstanlagen, 300 000 Franken in die Ökonomiegebäude, 200 000 Franken in Maschinen und weitere Mittel in Wohnhaus und Mietwohnung.

Einiges gekostet hat auch der Waschplatz mit Sammelgrube, aufgrund der Auflage, dass keine Dünger und Pflanzenschutzmittel in das Abwasser gelangen dürfen. Obstbetriebe ohne Tierhaltung, ohne Güllegruben und ohne Ausbringmöglichkeiten auf Flächen müssten solches Waschwasser reinigen. Das erfolgt bei Diener in einer «Blumenwand», die Pflanzen nehmen das Abwasser auf, reines Wasser verdunstet, die Rückstände bleiben im Substrat. Die Rückstände seien bei ihm aber unproblematisch, zumal er weitgehend auf biologischen Pflanzenschutz setze und kaum heikle Wirkstoffe einsetze.