AboMilchproduktionDie VMMO will genaue Zahlen und fordert den Richtpreis als absolutes MinimumMittwoch, 19. Januar 2022Die Produktionskosten auf den Milchviehbetrieben sind in den letzten zwei Jahren stark gestiegen. Doch bei der Frage, wie viel teurer Benzin, Strom oder Futter geworden sind, hatte man keine Antwort, weil es keine konkreten Zahlen gab. Die Genossenschaft Vereinigte Milchbauern Mitte-Ost (VMMO)hat in den vergangenen zwei Jahren zusammen mit Agridea einen Kostenrechner entwickelt. An einem Mitgliedertreffen in Gonten AI am 8. November 2023 wurde der Kostenrechner vorgestellt. Markus Berner, Geschäftsführer der VMMO, stellte sich den Fragen der BauernZeitung.

Herr Berner, warum war dieser Kostenrechner nötig?

Markus Berner: Mit dem Kostenrechner können die Milchproduzenten quartalsmässig aufzeigen, wie sich die Kosten gegenüber den Milchpreisen entwickelt haben. Eine solche Aussage fehlte bis anhin.

Worin unterscheidet sich der Kostenrechner zur Deckungsbeitragsberechnung?

Die Deckungsbeitragsrechnung wird Ende Jahr aufgrund des Buchhaltungsabschlusses erstellt. Sie ist also eine statische Vergangenheitsberechnung.

«Mit dem Kostenrechner, welcher quartalsweise aktualisiert wird, können die Milchproduzenten die Differenz zwischen Aufwand und Ertrag der Milchproduktion berechnen.»

Markus Berner zu den Vorteilen des Kostenrechners

Für die Startphase wurden im Tal- und Berggebiet je drei Betriebstypen definiert, von denen jetzt Daten vorliegen. Um wie viel Prozent sind die Produktionskosten gestiegen?

Wir können klar sagen, dass die Kosten für die Betriebsmittel gestiegen sind. Wie hoch sich die Produktionskosten pro Betrieb verändert haben, hängt davon ab, um welchen Betriebstyp es sich handelt. Diese Frage lässt sich so nicht einfach beantworten.

Was bringt die Vollkostenrechnung dem einzelnen Milchviehbetrieb?

Die aktuellen Daten sollen den Milchproduzenten bei Verhandlungen mit den Milchkäufern helfen. Die Milchkäufer können vielfach ihre detaillierte Kostensteigerung bei Preisverhandlungen vorlegen. Nun haben die Milchproduzenten auch ein Tool in der Hand, mit welchem sie detailliert ihre Kosten belegen können.

Das System wurde von der VMMO und Agridea entwickelt. Wie viel Geld hat der VMMO investiert?

Da es sich um ein IT-Projekt handelt, ist der Aufwand sehr hoch. Da das Projekt noch nicht abgeschlossen ist, können wir über die Kosten keine Angaben machen. Wir können jedoch sagen, dass es sich innerhalb der von uns vorgegebenen Kosten bewegt. Wichtig war uns bei diesem Projekt, dass wir den Milchproduzenten ein Werkzeug in die Hand geben, bei welchem sie einen Mehrwert erhalten und sich so besser auf die Milchpreisverhandlungen vorbereiten können.

Können nur VMMO-Mitglieder das IT-Programm nutzen?

Unser Ziel war es bereits bei Beginn des Projektes, etwas für die Schweizer Milchwirtschaft zu erstellen. Wir wollen, dass dieses Tool sämtlichen SMP-Mitgliedern zur Verfügung steht und Eingang in die Berufsbildung der Milchproduzenten findet.

«Unser Tool soll in der Ausbildung genutzt werden und so breit abgestützt sein, dass es auch die BOM für die Preisfestlegung implementieren wird.»

Markus Berner erhofft sich eine breite Anwendung des Kostenrechners

Momentan sind wir mit der SMP daran, die Nutzung zu klären. Unser Ziel ist es, dass die Nutzung für die SMP-Mitglieder kostenlos sein soll. Ebenfalls werden wir mit der SMP das  Datum für das «Go live» bestimmen.

Selbstkosten stiegen stärker als der Milchpreis

Für die Startphase wurden im Tal- und Berggebiet je drei Betriebstypen definiert und die Daten im IT-Programm erfasst: Biobetrieb, Käsereibetrieb und konventioneller ÖLN-Betrieb. Die Daten stammten aus den Buchhaltungen von den ausgewählten Betrieben. VMMO-Präsident Hanspeter Egli zeigte bei der Präsentation in Gonten einige Beispiele und kommentierte: «Mit dem Kostenrechner sehen wir, wie sich die Kosten und Erträge entwickelt haben. Und das gibt uns Anhaltspunkte für die Milchpreisverhandlungen.» Man könne nämlich aufzeigen, dass die Betriebskosten stärker gestiegen sind als der Milchpreis. Aber nicht nur für die Verhandlungen sei der Kostenrechner wichtig, so Egli. «Er zeigt dem Betriebsleiter auch, wo er im Vergleich zu anderen Betrieben steht.»