[IMG 2] Voll Power packt sie an, die 25-jährige Salome Fürst vom Mühlebachhof in Dachsen. Auf den 1. Januar 2023 hat sie den 30 ha grossen elterlichen Betrieb übernommen. Sie sorgt im Dezember mit ihren 18 Rentieren für Weihnachtsevents. Wie auch schon ihre Eltern öffnete sie das Selfpickfeld mit Erdbeeren und Kirschen im Frühsommer. Täglich bestückte sie den Hofladen mit ihren Hofprodukten und dazu ging sie dreimal pro Woche in Schaffhausen auf den Markt.

«2023 war intensiv, vor allem auch mit der Hofübergabe, wodurch doch einiges an Mehraufwand für die Administration angefallen ist», sagt sie. Dabei blieb es nicht. So kreisten ihre Gedanken um die Realisierung eines Hofladens in der Stadt Winterthur. Sie besichtigte entsprechende Bauernläden in St. Gallen und Zug sowie Urverpackt- und Demeter-Läden. Auch suchte sie ein Ladenlokal in Winterthur, was ihr nach einigen Misserfolgen schliesslich gelang.

Fündig wurde sie an der Steinberggasse 52 in Winterthur. Das Eckhaus der Stefanini-Stiftung wurde frisch saniert. «Eigentlich wollten wir im September 2023 einziehen. Aber es standen noch Gerüste vor dem Haus und die Stadt hatte das Gebäude noch nicht abgenommen», erzählt Fürst. Am 15. Dezember war es so weit. Eine grosse Blache an einer Schalbrettwand zur linken Seite des Eingangs erhöht die Sichtbarkeit, zur rechten steht eine Kreidetafel und macht auf aktuelle Angebote aufmerksam. «Wir sind zufrieden. Der Umsatz in der Vorweihnachtszeit war erfreulich», sagt die junge Frau.

Klar, werde der Umsatz von Januar bis März etwas zurückgehen, das ist sie sich bewusst. Das wisse sie auch aus ihren Erfahrungen aus der Marktfahrertätigkeit. «Am besten läuft es in der zweiten Wochenhälfte.» Im Frühjahr werde der Umsatz mit Blumensträussen und Gemüse von ihrem Hof steigen, prognostiziert sie. Auch werde der Laden noch sichtbarer, wenn dann endlich alle Gerüste des Gebäudes weg sind. Zur linken Seite des Ladens wird ein Restaurant entstehen, zur rechten soll es einen weiteren Laden geben.

Ladenkonzept à la Fürst

[IMG 3] Stimmig ist auch das Innere des 75 m2 grossen Ladens: Lichtdurchflutet mit einem strapazierfähigen Vinylboden in Holzoptik und dazu passende Regale, die Salome Fürst im Internet bestellte. Dazwischen stehen eine Kommode und ein Schrank in Shabby-Chic-Optik, die sie im Brockhaus gefunden hat. Die Verkaufstheke konnte sie von einem Floristikunternehmen übernehmen, das die Geschäftstätigkeit aufgab, und die drei Kühl- und Gefrierschränke sowie die Selbstbedienungswaage waren auch rasch gefunden.

«Am meisten Zeit, um mich zu entscheiden, brauchte ich für das Kassensystem», erinnert sich die Jungunternehmerin. Die Auswahl sei riesig. Es gäbe unzählige Anbieter im In- und Ausland, günstige und sehr teure, solche mit einem guten Helpdesk und andere mit kaum einer Anleitung. Unkompliziert war hingegen die Wahl der Verkaufsleiterin. Salome Fürst nutzte dafür ihre Facebook-Seite und fand mit Christina Bless eine ideale Mitarbeiterin.

Regalplatz pro Quadratmeter

Salome Fürst vermietet in ihrem Winti-Hofladen Regalplätze an 20 Bauernbetriebe. Pro Monat kostet der Regalplatz Fr. 100.–/m2. Es ist nicht so, dass die Produzenten ihr eigenes Regal haben. Fürst stellt sie nach Produktgruppen zusammen. Ende Monat wird abgerechnet. Die Produzenten bestimmen den Verkaufspreis für ihre Produkte selbst. Fürst holt noch eine Marge für sich heraus.

«Anfänglich fragte ich im Freundes- und Bekanntenkreis herum, ob sie ein Regal mieten wollen, und nutzte auch Facebook», erzählt Fürst. Betriebe, die von Beginn an lieferten, waren unter anderen der Martella-Hof aus Marthalen, Bringolf Weinbau aus Hallau oder der Wylandhof aus Henggart.

«Wird zum Selbstläufer»

«Andere Betriebe mit coolen Produkten fragte ich an, zum Beispiel die Sturm Saucen GmbH aus Amlikon-Bissegg», erzählt sie. Diese verarbeiten regionale Tomaten zu feinem «Kätschööp». Inzwischen aber hätte es sich zum Selbstläufer entwickelt. Immer mehr Betriebsleiter(innen) zeigen Interesse, einen Regalplatz zu mieten. Insgesamt stehen rund 200 verpackte Produkte in den Regalen. Hinzu kommen Frischprodukte wie Gemüse und Eier. Am Samstag und nächstens auch am Dienstag und Freitag gibt es zudem frisches Brot und Backwaren.

Zahlen will Fürst nicht bekanntgeben. «Ich weiss, wie viel Umsatz und Regalplatz-Einnahmen ich erzielen muss, um die Ladenmiete und den Personalaufwand zu decken und Gewinn zu erwirtschaften.»

Im Sommer will Salome Fürst im und vor dem Laden einen Degustationstag organisieren, an dem die Landwirte selber ihre Spezialitäten bekannt machen können. Sie suche übrigens eine weitere Mitarbeiterin im Bereich Verarbeitung und Floristik. Sie möchte weitere hofeigene Produkte kreieren und wunderschöne Blumensträusse im Laden und auf dem Markt anbieten.


Kleiner Player, aber konsequent regional

Lisa Fuchs macht vor, wie man sich in der Direktvermarktung stetig weiterentwickelt. Die Bäuerin vom Föhrenhof in Altdorf startete die Direktvermarktung mit einem Lieferservice, da der Betrieb für einen Hofladen zu abgelegen war. 2020 eröffnete sie den Laden Reiatmarkt in Thayngen in Zusammenarbeit mit ihren Bauernkollegen im Bezirk Reiat. Der Laden lief gut, was auch der Coronazeit geschuldet war. [IMG 4]  Was jedoch fehlte, war genügend Platz für das Konfektionieren der Produkte. Nach der Coronazeit waren die Besucherzahlen immer stärker rückläufig und Platz für das Onlinegeschäft fehlte. «Daher fiel uns die Entscheidung leicht, den Laden in Thayngen aufzulösen und eine grössere Lokalität in Schaffhausen zu beziehen», erzählt sie. Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Bruno Bosshard lancierte sie für Schaffhausen einen Onlineshop. «Wir sind überzeugt, dass wir als kleiner Player im regionalen Onlinegeschäft unseren Platz haben», sagt Fuchs. Frische Produkte und kurze Wege – das setzen sie konsequent um.

Frischprodukte laufen

Am Seilerweg 3 konfektionieren sie ihre Ware. Bestelleingang ist bis Mittwoch, am Donnerstag liefern die Bauernfamilien die Produkte an und am Freitag wird ausgeliefert. «Wir sind sehr zufrieden, wie es läuft», sagt Lisa Fuchs. Nachgefragt werden vor allem Früchte, Gemüse, Eier und Backwaren.

Die Organisationsform ist eine GmbH, ihr Name Regio-puur. Zehn Angestellte im Stundenlohn helfen bei der Konfektionierung. Für die Auslieferung steht fix ein Lieferwagen zur Verfügung. dc


Hoher Stammkunden-Anteil

Grace Schatz ist Inhaberin des Hofladens Regio Herz an der Bahnhofstrasse 2 in St. Gallen. Eröffnet hat sie ihn 2020, um Bauern und Kleinproduzenten während der Coronazeit eine Heimat zu bieten. Der 80 m2 grosse Laden funktioniert nach dem Shop-in-Shop-Prinzip. Produzenten mieten ein Regal. [IMG 5] Schatz stellt den Verkaufsraum, das Verkaufspersonal und das Kassen- und Abrechnungssystem zur Verfügung und kümmert sich um die Beratung, den Verkauf und die Abrechnung. Die Produzenten können sich rein auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Die Monatsmiete für ein Regal beträgt Fr. 60.– (Fr. 720.–/Jahr). Das funktioniere gut und sei für die Produzentenpräsenz sehr attraktiv, sagt Schatz. Auch hatte es nach der Coronazeit keinen Umsatzrückgang gegeben – im Gegenteil. «2023 war für uns ein sehr gutes Jahr mit Umsatzsteigerungen und einem bombastischen Weihnachtsgeschäft», so Schatz. Der Stammkunden-Anteil sei hoch.

Schatz will expandieren

«Meine Vision ist, auch in anderen Schweizer Städten einen Regio-Herz-Laden zu eröffnen», sagt sie. Unter regional versteht sie, in einem Umkreis von 30 km nachhaltige und qualitativ hochstehende Produkte zu produzieren und zu konsumieren. Auch sei sie interessiert an weiteren Produzenten.