Zur Hausen, der am Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) forscht, sieht mögliche Gefahren durch eine bestimmte Klasse von Erregern in Rindfleisch und Kuhmilch. Sogenannte Bovine Meat and Milk Factors (BMMF) können der Hypothese zufolge chronische Entzündungen verursachen, die ein höheres Risiko insbesondere für Dickdarm-, möglicherweise auch für Brust- und Prostatakrebs bedeuten können, wie der Mediziner Harald zur Hausen am Dienstag in Heidelberg erklärte.

Keine Kuhmilch für Kleinkinder

Das weltweit zu beobachtende Verteilungsmuster der Neuerkrankungsraten von Darm- und Brustkrebs deute auf einen engen Zusammenhang mit dem Konsum von Milch- und Fleischprodukten vom europäischen Rind (Bos taurus) hin, hiess es vom DKFZ.

Das Wissen um die BMMF - bestimmte DNA-Bestandteile - eröffne zugleich Präventionsmöglichkeiten, sagte zur Hausen, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des DKFZ. Muttermilch biete wegen des natürlichen Gehalts an bestimmten Zuckern einen Schutz vor der Aufnahme der Partikel. "Ich rate Müttern, ihre Kinder möglichst lange zu stillen, am besten über zwölf Monate." Säuglinge sollten keinesfalls früh mit Kuhmilchprodukten gefüttert werden, hiess es vom DKFZ.

Verzicht bringt bei Erwachsenen nichts

Bei Erwachsenen sei denkbar, ihnen zum Schutz solche Zucker zu verabreichen - sofern die dauerhafte Einnahme keine Nebenwirkungen habe, so zur Hausen weiter. Ein Verzicht auf Rindfleisch und Kuhmilch im Erwachsenenalter bringe nichts, weil man dann schon infiziert sei. Als weitere mögliche Massnahmen nannte er Impfungen für Rinder und das Herausfiltern der BMMF aus der Milch.

Harald zur Hausen hatte für die Erkenntnis, dass humane Papillomviren eine Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs spielen, im Jahr 2008 den Nobelpreis für Medizin erhalten. Seit einigen Jahren befasst er sich mit der Hypothese, dass bei Menschen durch die Ernährung mit Rindfleisch und Kuhmilch Krebs ausgelöst werden kann.

Dabei stiessen die Forscher auf ringförmige Erbgutelemente ähnlich den sogenannten Plasmiden von Bakterien - die BMMF. Eindeutig geklärt sei die Natur der Erreger, deren Charakteristika zwischen Viren und Bakterien lägen, bisher noch nicht, hiess es vom DKFZ. Der Annahme nach können die BMMF im Menschen chronisch-entzündliche Reaktionen auslösen, die im umgebenden Gewebe die Krebsentstehung fördern können.

sda