Wespen gehören wie Bienen zu den ökologisch und ökonomisch wichtigsten Lebewesen: Beide bestäuben, aber Wespen halten auch Schädlinge im Zaum und dezimieren Insekten, die Krankheiten übertragen können. Trotzdem haben sie ein schlechtes Image. Diesen Umstand haben Forschende des University College London (UCL) mit einer Studie beleuchtet.

«Es ist klar, dass wir eine unterschiedliche emotionale Bindung zu Wespen als zu Bienen haben», sagte Studienleiterin Seirian Sumner gemäss einer Mitteilung des UCL vom Dienstag. «Wir leben seit langem in Harmonie mit Bienen zusammen und haben einige Arten domestiziert.» Die Interaktionen zwischen Menschen und Wespen seien hingegen meist wenig harmonisch. Sumner nennt ruinierte Picknicks und Wespennester an Wohnhäusern als Beispiele.         

Um das Image von Bienen und Wespen näher zu beleuchten, führten die Forschenden eine Umfrage durch, an der rund 750 Personen aus 46 Ländern teilnahmen – über zwei Drittel davon aus Grossbritannien. Darin ging es um ihre Wahrnehmung von Insekten, wie Schmetterlingen, Fliegen, Bienen und Wespen. Die Befragten sollten drei Wörter nennen, um diese Insektengruppen zu beschreiben, und sollten bewerten, wie sie sich beim Anblick derselben fühlten – egal wie wichtig sie für das Ökosystem seien.

Missverstanden und wenig erforscht  
Tatsächlich zeigte sich die bereits vermutete universelle Abneigung gegenüber Wespen in den Antworten der Befragten, wie die Wissenschaftler im Fachblatt «Ecological Entomology» berichten.         

Gründe dafür seien sehr wahrscheinlich ein mangelndes Interesse an Naturthemen und Unwissenheit um die ökologische Rolle von Wespen, hiess es in der Mitteilung. Schmetterlinge erhielten die höchste emotionale Bewertung, dicht gefolgt von Bienen. In der Gesamtwertung waren Bienen jedoch am beliebtesten.        

Neben der Befragung analysierten Sumner und ihre Kollegen ausserdem, wie es in den letzten Jahrzehnten um die Forschung über Bienen und Wespen stand.      

Auch hier zeigten sich die Wespen in Sachen Beliebtheit weit abgeschlagen: Von 908 untersuchten Fachpublikationen seit 1980 drehten sich 886 um Bienen und nur 22 um Wespen. Bei Konferenzbeiträgen sah es kaum anders aus: von 2543 analysierten Beiträgen aus den letzten 20 Jahren behandelte die überwiegende Mehrheit – rund 81 Prozent – Bienen.

Dieses Ungleichgewicht in der Forschung unterstütze vermutlich noch das negative Image der Wespen, schreibt das University College London. Es gebe offenbar wenig Bemühungen, die positive Rolle dieser Insekten im Ökosystem besser zu verstehen und zu kommunizieren.

Schwindende Bestäuber  
Die negative Einstellung gegenüber Wespen sei durch eine kleine Anzahl sozialer Wespenarten bestimmt, wie der Gemeinen Wespe und der Hornisse, hiess es weiter. Diese machen nur einen winzigen Bruchteil aller Wespen aus, kommen aber am häufigsten mit Menschen in Kontakt.      

Das lästige Verhalten sozialer Wespen erzeugt die Vorstellung, sie seien gefährlicher als Bienen, obwohl ihr Stich ähnlich schmerzhaft ist. Den sozial – also im Schwarm – lebenden 67 Wespenarten stehen über 75'000 solitär lebende Wespenarten gegenüber.    

Durch den Rückgang von Bienenpopulationen und die weltweite Sorge um die Bestäubungsleistung, die damit verloren geht, geniessen Bienen grosses Interesse und Unterstützung. Allerdings geht auch der Bestand der Wespen zurück, die ebenfalls wichtige Bestäuber sind. Es wäre fantastisch, wenn das Interesse an Bienen auch für Wespen gelten würde, liess sich Studienautor Alessandro Cini vom University College London und der Universität Florenz in der Mitteilung zitieren. Aber das würde eine Wende in der Einstellung gegenüber Wespen benötigen.