Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Das gilt für Kinder wie junge Singvögel gleichermassen. Je nach Lernmethode fällt es Zebrafinken - ebenso wie Kindern - leichter oder schwerer, Gelerntes auf neue Situationen zu übertragen. Davon berichten Forschende um Richard Hahnloser von der Universität und der ETH Zürich im Fachblatt "Nature Communications".

Für ihre Studie stellten sie Zebrafinken verschiedene Lernaufgaben: In einem ersten Schritt sollten die Vögel lernen, Vogelgesangsvarianten anhand ihrer Länge in zwei Klassen zu unterscheiden. Allein durch Ausprobieren und Feedback brauchten die Vögel im Schnitt 4700 Wiederholungen, bis sie die Aufgabe beherrschten.

Konnten die Finken jedoch zuvor Artgenossen beim Lernen beobachten, beherrschten sie die Aufgabe praktisch sofort, schrieb die ETH in einer Mitteilung von Montag: Sie benötigten nur noch 900 Wiederholungen, von denen aber aufgrund der Versuchsanordnung 800 dazu dienten, ihr Können zu bewerten. Durch Beobachtung lernten die Vögel somit schneller.

Probieren geht über studieren

Im zweiten Schritt sollten die Finken lernen, einen neuen Satz an Gesangsvarianten ebenfalls anhand der Länge zu unterscheiden. Diejenigen Vögel, die bei der ersten Aufgabe allein durch Ausprobieren lernen mussten, schafften die zweite Aufgabe praktisch auf Anhieb. Den Finken, die durch Beobachtung gelernt hatten, fiel die zweite Aufgabe deutlich schwerer. Sie brauchten im Schnitt 3600 Durchgänge.

"Bei den Zebrafinken ist demnach das Lernen durch Ausprobieren die robustere Lernmethode", liess sich Hahnloser in der Mitteilung zitieren. "Vögel, die eine Fähigkeit durch Ausprobieren gelernt haben, können diese besser verallgemeinern und an neue Situationen anpassen als solche, welche die Fähigkeit durch Beobachten lernten."

Mithilfe von Computermodellen berechneten die Forschenden, was bei den verschiedenen Lernmethoden im Gehirn der Vögel vor sich geht. Demnach sind beim Beobachten viele Nervenzellverknüpfungen (Synapsen) beteiligt, allerdings seien diese relativ schwach aktiv.

Beim Lernen durch Ausprobieren seien hingegen wenige Synapsen beteiligt, diese dafür aber besonders stark. Dies hänge mit einer höheren Fähigkeit zur Verallgemeinerung zusammen, schrieb die ETH.

"Beim Beobachten merken sich die Vögel ganz viele Gesangsdetails, von denen viele für die Lösung des Lernproblems irrelevant sind", erklärte Hahnloser. "Beim Ausprobieren hingegen merken sich die Vögel weniger. Sie konzentrieren sich auf die prägnantesten Gesangsmerkmale wie die Länge."

Parallelen zum menschlichen Lernen

Auch Kinder und Jugendliche lernen heutzutage zunehmend durch Ausprobieren und Experimentieren. Lernen durch Beobachtung im Zuge von Frontalunterricht habe jedoch ebenfalls Vorteile: "Lernen durch Beobachten ist schneller", so der Forscher. Beide Lernmethoden kämen in unserem Bildungssystem bewusst zum Einsatz.

Ob sich die Erkenntnisse zur Synapsenaktivität bei den unterschiedlichen Lernmethoden vom Zebrafink auf den Menschen übertragen liessen, müssten künftige Studien zeigen. In der Vergangenheit habe die Forschung beim Zebrafinken aber immer wieder wichtige Hinweise und Hypothesen über neurobiologische Vorgänge beim Menschen geliefert, betonte Hahnloser.

sda