Die Marktöffnung ist eine der Schienen, die der Bundesrat mit der "Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik" verfolgt. In dem Bericht hat er verschiedene Szenarien untersucht. Eine vollständige Grenzöffnung gegenüber der EU würde die Bauern jährlich 1,2 Milliarden Franken kosten, weil billigere Produkte aus dem Ausland auf dem Markt kämen.

Nach den Plänen des Bundesrats sollen diese Ausfälle während mehrerer Jahre mit zusätzlichen Subventionen abgefedert werden. Doch das wollen die Bauern aber gar nicht: Laut Bauernverbandspräsident Markus Ritter braucht es nicht zusätzliche Beiträge, sondern faire Preise. Ohne Schutzzölle liessen sich in der Schweiz keine Lebensmittel produzieren, sagte er in einem Interview.

Zurück an den Absender

Der Bericht hat die Bauernvertreter derart in Rage gebracht, dass sie ihn in der Sommersession traktandieren liessen. Sie wollen das Papier an den Bundesrat zurückschicken, verbunden mit verschiedenen Aufträgen. Insbesondere sollen die Themen Agrarpolitik und Freihandel separat behandelt werden.

Dieses Anliegen ist umso aktueller, als Bundesrat Johann Schneider-Ammann derzeit intensiv über ein Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten verhandelt. Die Bauern befürchten, dass dadurch die Preise von Rindfleisch, Poulet, Ölsaaten und Zucker unter Druck kommen.

Nach den Anträgen der Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) müsste der Bundesrat ausserdem zuerst die aktuelle Agrarpolitik untersuchen, bevor er die nächste Agrarreform aufgleist. Die Agrarpolitik 2014-2017 brachte einen Systemwechsel bei den Direktzahlungen. Unter anderem wurde damit auf Kosten der Viehwirtschaft der Ackerbau im Talgebiet gefördert.

Seither sind die Bauern nicht mehr gut zu sprechen auf Schneider-Ammann. Als dieser Budgetkürzungen vorschlug, warfen sie ihm Wortbruch vor und gingen auf die Strasse. Als Reaktion auf die neue Agrarpolitik hatte der Bauernverband schon Ende 2013 die Initiative für Ernährungssicherheit lanciert mit dem Ziel, die einheimische Produktion zu stärken und das Kulturland zu schützen.

Neue Verfassungsgrundlage

Der Gegenvorschlag dazu wurde im letzten September mit über 78 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Die Wirtschaftskommission beantragt dem Nationalrat daher, dass die neue Verfassungsbestimmung bei der nächsten Agrarreform berücksichtigt wird. Der Bundesrat hat diese zwar in den Bericht eingepflegt, ohne aber näher auf die neue verfassungsrechtliche Situation einzugehen.

Schliesslich verlangt die Kommission, dass die Abstimmung über verschiedene noch hängige Initiativen zur Landwirtschaft abgewartet wird. Die Fair-Food-Initiative der Grünen und die Ernährungssouveränitäts-Initiative der Bauerngewerkschaft Uniterre kommen im September an die Urne. Hängig sind auch die Hornkuhinitiative, die Zersiedelungsinitiative oder die Trinkwasserinitiative.

Zusätzlich hat die WAK ein Postulat eingereicht. Damit soll der Bundesrat beauftragt werden, den Einfluss des Grenzschutzes auf die der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Branchen und Industrien zu untersuchen.

Das Vorgehen der Kommission ist nicht unumstritten. Linke und Liberale sind gegen die Rückweisung. Die Ständeratskommission will den Bericht gar nicht im Plenum behandeln. Stattdessen will sie die Botschaft des Bundesrats zur Agrarpolitik ab 2022 abwarten.

sda