Schneider-Ammann hat noch kurz vor seinem Rücktritt einen Vorschlag für die Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) in die Vernehmlassung geschickt. Danach übernimmt eine neue Departementschefin oder ein neuer Departementschef, was das Verfahren entspannen dürfte.

Schneider-Ammann hatte sich schon über die Agrarpolitik 2014-2017 mit den Bauern verkracht. Als er in einem Bericht vor einem Jahr die nächste Reform mit dem Abbau des Grenzschutzes verknüpfte, war endgültig Feuer im Dach. Ein weiterer Zankapfel ist die Zentralisierung der Forschungsanstalt Agroscope. Inzwischen ist Schneider-Ammann zurückgekrebst. Aufräumen muss aber sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin.

Schicksalstage in der Europapolitik

Das WBF spielt auch in der Europapolitik eine wichtige Rolle. Dort ist zum Beispiel die Arbeitsmarktpolitik angesiedelt und damit die flankierenden Massnahmen. Diese gelten als grösste Hürde für eine Einigung über ein Rahmenabkommen: Für die EU ist eine Anpassung der flankierenden Massnahmen zwingend, für die Gewerkschaften ist der Lohnschutz tabu.

Am kommenden Freitag gibt der Bundesrat bekannt, wie es mit dem Rahmenabkommen weitergeht. Wie auch immer der Entscheid ausfällt: Die Folgen muss der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Schneider-Ammann ausbaden. Er oder sie muss mit der EU auch über die Weiterführung der Forschungszusammenarbeit verhandeln. 2020 läuft das gegenwärtige Programm Horizon 2020 aus. Beim Nachfolgeprogramm Horizon Europe droht der Schweiz eine Degradierung.

Nur vorübergehend entschärft

Nur vorübergehend entschärft ist das Dossier Waffenexporte. Nach jahrelangem Engagement hatte Schneider-Ammann im Juni endlich eine Mehrheit für die Lockerung der Exportbestimmungen: Kriegsmaterial sollte unter Umständen auch in Bürgerkriegsländer exportiert werden dürfen. Angesichts des heftigen Widerstands gab der Bundesrat die Pläne im Oktober wieder auf. Die "Korrektur-Initiative", die Waffenexporte einschränken will, wird trotzdem lanciert.

Der neue Departementschef oder die neue Departementschefin muss auch die Verhandlungen über verschiedene Freihandelsabkommen weiterführen. Jenes mit Indonesien hat Schneider-Ammann noch selber zum Abschluss gebracht, im Parlament vertreten wird er die Lösung aber nicht mehr.

Mit Vietnam, Indien und Malaysia sind die Verhandlungen noch nicht weit genug fortgeschritten für eine Einigung bis Ende Jahr. Auch mit den Mercosur-Staaten ist ein Abschluss nicht in Reichweite. Kurz vor dem Rücktritt wollte Schneider-Ammann noch Freihandelsgespräche mit den USA einfädeln. Das ist ihm aber nicht gelungen.

Digitalisierung und Einkaufstourismus

Nächstes Jahr will der Bundesrat die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) für die Jahre 2021 bis 2024 verabschieden. Dauerbrenner im WBF sind der Fachkräftemangel, den Schneider-Ammann unter anderem mit einer Stärkung der Berufsbildung zu bekämpfen versuchte.

Die Digitalisierung ist ebenfalls im WBF angesiedelt. Die handfesten Projekte wie Fintech, Mobilfunk oder selbstfahrende Autos werden aber in anderen Departementen behandelt.

Eine Revision des Kartellgesetzes ist unter Schneider-Ammanns Ägide gescheitert. Im Kampf gegen die hohen Schweizer Preise schlägt der Bundesrat nun eine punktuelle Anpassung vor. Um diesen indirekten Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin im WBF ebenfalls kümmern müssen.

Schliesslich steht im Moment eine Lockerung der Vorschriften über Höchstarbeits- und Ruhezeiten und die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zur Diskussion. Ein entsprechender Entwurf der ständerätlichen Wirtschaftskommission ist derzeit in der Vernehmlassung.

sda