«Das Gartenjahr 2016 war so richtig mies", erinnert sich die Berner Gartenbuchautorin Sabine Reber. Rosen und Tomaten seien wegen des vielen Regens verfault. «2017 ist aber ein Superjahr. Das beste Jahr seit zwei Jahrzehnten", schwärmt Reber, die in Biel einen kleinen Garten und einen Balkon hegt und pflegt.

Superjahr für Hobbygärtner

«Die Tomaten sind gross und gesund. Die Rosen blühen ohne hässliche braune Blätter. Die Lilien waren noch nie so gross und erste Kartoffeln gab es bereits an Pfingsten», sprudelt es aus der leidenschaftlichen Gärtnerin heraus.

Gespräche mit Hobbygärtnerinnen und -gärtnern etwa im Berner Schrebergarten Schermen bestätigen das. Auch die Schneckenplage sei deutlich geringer als vor einem Jahr. Viele Schnecken seien dieses Jahr durch die Hitze umgekommen, stellen die Gartenfreunde erfreut fest.

Von «grundsätzlich fantastischen Wachstumsbedingungen» weiss denn auch Stephan Bader von MeteoSchweiz zu berichten. Das anhaltend milde und sonnige Frühlingswetter sei für die guten Erträge der Hobbygärtner verantwortlich, vermutet er.

Frost und Hitze

Einige wenige Nächte mit starkem Frost in der zweiten Aprilhälfte hätten allerdings viele Pflanzen in einem weit fortgeschrittenen «Blust»-Stadium besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Weniger problematisch sei die Hitzeperiode im Juni gewesen. Sie habe eigentlich nur fünf Tage gedauert und die Temperaturen hätten tagsüber keine Extremwerte erreicht, erklärt der Klimatologe.

Bei Hitze giessen Urban Gardener und Hobbygärtner einfach häufiger. Auch Frost ist für sie in der Regel kein Problem. «In Städten gibt es eigentlich keinen Frost mehr. Auf dem offenen Feld kann aber eine scharfe Bise wehen», sagt Sabine Reber. Sie könne sogar ihr Olivenbäumchen im Winter draussen stehen lassen.

Nicht gefeit sind «Stadtgärtner» aber gegen Hagel, wie die Gartenexpertin ein paar Tage später erfahren muss. Ihre Pflanzen sehen nach dem Hagelgewitter vom Vorabend schlimm aus. Da gebe es jetzt nur eines: zurück schneiden und gut aufräumen, damit die kaputten Blätter nicht verfaulten, stellt Reber fest. Meistens wachse alles rasch wieder nach.

Das Erfolgsrezept für Hobbygärtner sieht laut Reber wie folgt aus: Kleine Mengen pflanzen, ernten und wieder neu säen. Ist eine Serie gut und eine andere schlecht, ist der Ausfall gering. Bodenpflege und Biosetzlinge sind sehr wichtig. Die Expertin rät zu Mischkulturen. «Vielfältig und experimentell sollte der private Garten sein. Statt Bauernregeln anzuwenden, verlässt man sich besser auf sein Bauchgefühl», so Reber.

Profis in Not

Einfache Rezepte für Profis gibt es allerdings nicht. Die diesjährigen - unerwartet späten - Frostschäden sind für betroffene Bauern eine grosse finanzielle Belastung. «Je nach Ort und Lage gehen wir von Ernteausfällen zwischen 40 bis 70 Prozent aus», sagt Sandra Helfenstein, Sprecherin des Schweizer Bauernverbandes (SBV).

Allein im Kanton Bern werden die Frostschäden auf zwischen 4 und 5 Millionen Franken beziffert. Der Grossteil davon ist nicht versicherbar. In Härtefällen könnten die Bauern durch die Bernische Stiftung für Agrarkredit und den Fonds Suisse unterstützt werden, erklärt Katrina Ritter, Sprecherin des Berner Bauern Verbandes.

Im April haben besonders Kirschen, Zwetschgen und Aprikosen sowie Reben starke Frostschäden erlitten. Im Moment mache Trockenheit vor allen den Gemüsebauern zu schaffen, die stark bewässern müssten, sagt Helfenstein. Für das Abreifen des Getreides sei das Wetter hingegen ideal gewesen. Die Ackerkulturen seien 2017 in einem wesentlich besseren Zustand als im Vorjahr.

Auch Tieren machen Hitzeperioden zu schaffen. «An Tagen mit mehr als 30 Grad leiden vor allem Milchkühe», heisst es beim SBV und dem Berner Bauern Verband. Linderung versprechen Klimaanlagen in Ställen und das Rauslassen der Tiere auf die Weiden erst nachts.

Fehlende Bewässerung

«Warmes Wetter ist wüchsiges Wetter», betont die SBV-Sprecherin. Wenn die Nährstoff- und Wasserversorgung stimme, dann gedeihten Pflanzen bestens. Das Problem sei, dass in der Schweiz ein grosser Teil des Landwirtschaftslandes nicht bewässert werden könne.

«Ja, es muss dieses Jahr viel bewässert werden», bestätigt man auch beim Berner Bauern Verband. Die Pegel der Bäche seien zum Teil schon recht tief, da bereits früh im Frühling Wasser zugeführt werden musste. Alle Kulturen würden mit Wassermangel kämpfen und die Erträge im Grünland gingen zurück, wenn es nicht periodisch regne.

Wetterkapriolen wie in diesem Frühjahr sind laut dem Klimatologen eine «klare Folge des Klimawandels» und dürften künftig häufiger auftreten. Beim Bauernverband hat man «das Gefühl, dass Jahre mit Wetterextremen», d.h. anhaltender Trockenheit oder langen Phasen mit Regen, eher zugenommen haben.

Die Bauern reagieren, indem sie regensensible Kulturen wie Kirschen vermehrt vor Nässe mit Abdeckungen schützen. Sie investieren auch in Bewässerungssysteme. Der SBV prüft zudem «Ernteversicherungen», um Verluste aufgrund extremer Witterung und Naturgefahren abzufedern.

sda