Wenn man die wunderbare Karriere von Nilson Ibiza aus dem Stall der Familie Hansueli und Heidi Kohler aus Häusernmoos BE zusammenfassen würde, dann durch die vielen Schöneutertitel, welche sie an verschiedenen Ausstellungen gewinnen konnte. Nur wenige Kühe konnten dabei der Nilson-Tochter in diesem Bereich die Stirn bieten. So wurde Ibiza zweimal hintereinander beste Euterkuh an der Bernischen Eliteschau (2016 und 2017). Glauben Sie aber nicht, dass das ihr einziges Talent war. Sie wurde nämlich auch Schöneutersiegerin an der Starparade 2017. Vergessen darf man dabei auch nicht die Titel der Miss RH und der Miss Emmental an der Emmentalischen Verbandsschau 2016 in Huttwil. Jetzt verstehen Sie, Ibiza ist eine wirkliche Ausnahmekuh, welche man in seiner Züchterkarriere wohl nur einmal hervorbringen kann. «Sie hat uns bis jetzt sehr viel gebracht und uns mit schönen Momenten und Emotionen bereichert», tönt der einhellige Tenor der Familie Kohler.

Stehen lieber im Hintergrund

Etwas abgelegen zwischen Häusernmoos und Dürrenroth BE bewirtschaftet die Familie Kohler einen 26 ha grossen Milchwirtschafts-, Vieh- und Schweinezuchtbetrieb. Gut, ohne Navi hätte der Redaktor der BauernZeitung den Betrieb wohl nicht zur abgemachten Zeit gefunden. Wer die Familie Kohler kennt, weiss, sie steht lieber im Hintergrund und macht kein grosses Tam Tam, wenn es um ihre Kühe geht. Am Küchentisch spürt man aber schnell, man ist zu Gast bei einer eingefleischten Züchterfamilie, welche zusammenhält und gemeinsam an einem Strick zieht. Und ihre Superkuh Ibiza ist allgegenwärtig, jetzt mehr, als ihnen lieb ist. Denn Ibiza geht es zurzeit nicht besonders gut, statt einem Kalb hat sie eine Mumie in ihrem Bauch. «Ibiza hätte eigentlich um die Weihnachtszeit vom Stier Amnesty kalben sollen», erzählt der Vater. «Und erst noch gesext.» Als Ibiza gut acht Monate trächtig war, haben Kohlers bemerkt, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Die Diagnose vom Tierarzt war schnell gestellt. Dieser stellte eine Mumie fest, welche zirka fünf Monate alt war. «Das war natürlich ein harter Schlag für uns», erzählen die Söhne. «Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals eine Mumie hatten und ausgerechnet trifft es Ibiza», erzählen Hansueli und Heidi nachdenklich. Nun ist man daran, zusammen mit dem Tierarzt, die Mumie aus dem Bauch von Ibiza zu entfernen. «Wir hoffen natürlich, dass alles gut geht und wir unsere Lieblingskuh noch viele Jahre behalten dürfen», sagen alle.

An die schönen Dinge zurück

Die Familie Kohler erinnert sich lieber an die schönen Dinge mit ihrer Ibiza zurück. «Ihr Euter war schon als Erstlingskuh eine Augenweide», erzählt Patrick, der abwechselnd mit seinem Bruder Marco Ibiza immer im Ring vorführt, wenn es an die Ausstellungen geht. Das Euter war damals so hoch und so fest, dass Ibiza zwischen den Beinen wund wurde und man einiges unternehmen musste um diese Stellen heilen zu können. «Honig einschmieren brachte schlussendlich den langersehnten Erfolg», erinnert sich der Betriebsleiter zurück. Und dann ging es Schlag auf Schlag mit der in der Zwischenzeit gut fünfjährigen Kuh: Selektion für die Starparade und Selektion für die Bernische Eliteschau. «Wir bekamen immer sehr viele Glückwünsche und Gratulationsschreiben», blickt Heidi Kohler zurück. «Sogar viele Berner Oberländer gratulierten uns an der Eliteschau zu den Schöneutersiegen», weiss Patrick noch. «Mit ein Grund dafür dürfte sein, dass wir das Euter von Ibiza nicht mit Öl einschmierten.» Kohlers wollten ihre Kuh auch nie ausserkantonal, wie an der Swiss Expo oder an der Expo Bulle ausstellen, obwohl viele sagten, man könne aus ihr noch mehr rausholen.

Wichtiges Standbein

Ihre Traumkuh ist nicht nur schön (55 55 96, linear EX 91), sondern auch leistungsstark. So erreichte Ibiza in drei Laktationen einen Durchschnitt von 10 700 kg Milch mit 4,12% Fett und 3,3% Eiweiss. Und auch züchterisch hat Ibiza viel zu bieten, wie ihre drei Töchter zeigen. Wovon die erste schon mit der Maximalpunktierung von 44 44 90 auftrumpfen kann. Und die Chancen stehen gut, dass es vielleicht schon bald eine zweite Ibiza geben wird. Denn ihre Mutter Incas Darling steht noch im Stall und gebar letzten Sommer Drillinge, alles Kuhkälber vom Stier Atomar. Auf dem Betrieb Kohler wird eine Kuh gezüchtet, welche viel Milch, tiefe Zellzahlen, gute Gehaltswerte und noch etwas Substanz vorweisen kann. «Wir wollen einfach marktgängige Kühe», sagt Hansueli Kohler. Dies nicht ohne Grund, denn der Betrieb verkauft jährlich um die 20 Stück über die Nutzviehauktion in Langnau BE. «Der Viehverkauf ist ein wichtiges Standbein für uns und wir haben die Erfahrung gemacht, dass frisch abgekalbte Zweitlaktierende die besten Preise erzielen», sagt er. Damit auf dem Betrieb immer genügend Nachwuchs vorhanden ist, wird oft mit gesextem Sperma besamt. «Wir können dabei auf viele Kuhkälber aus den besten Linien zählen und wenn eine Kuh oder ein Rind nicht mit gesextem Samen trächtig wird, haben wir selber immer noch einen Stier im Stall», sagt der Betriebsleiter.

Jahrelange Zucht

Schöne und gute Kühe sind schon jahrelang das Motto auf dem Betrieb Kohler. «Schon mein Vater hatte ein Faible dafür», erinnert sich Hansueli zurück. Und mit der Einkreuzung, anfangs der Siebzigerjahre, gab es nochmals einen mächtigen Schub. «Ich erinnere mich noch gut, als wir 1974 als einer der ersten Betriebe eine Red Holstein an die Viehschau in Dürrenroth aufführten», erzählt er. Diese Kuh hatte schon damals ein wunderschönes Euter, aber sie hatte auch ein Handicap: Sie war fast schneeweiss. «Statt mit vielen Punkten kam sie mit einem Kreuz auf dem Füdle nach Hause», lacht Hansueli. Die Viehschau sei aber immer noch ein fester und wichtiger Bestandteil auf dem Betrieb. So geht es jeweils im Herbst mit zirka 30 Kühen zu Fuss an die Viehschau nach Dürrenroth. «Wir haben im Viehzuchtverein untereinander ein sehr gutes Verhältnis und wir mögen jedem den Klassensieg gönnen», hält Kohler ausdrücklich fest.

Wer wird übernehmen?

Auf dem Betrieb hat sich in den letzten 20 Jahren viel verändert. 1998 haben Hansueli und Heidi den Betrieb übernommen und mit zwölf bis 14 Kühen angefangen. «Damals produzierten wird noch Milch für Emmentalerkäse und hatten einen Milchpreis von 95 Rappen», erinnert sich das Betriebsleiterehepaar zurück. Heute halten sie um die 40 Kühe, teils im Anbinde- und teils im Laufstall. Auch die Produktionsart hat sich geändert, denn jetzt wird nicht mehr für Emmentaler, sondern für die Aaremilch produziert. Wie sich ihr Betrieb in Zukunft weiterentwickeln wird, sei nicht absehbar. Mit der Milchwirtschaft, dem Nutzviehverkauf und den 50 Muttersauen ist der Betrieb aber bestens aufgestellt. Und die nächste Generation steht auch schon in den Startlöchern. So ist Patrick zu 100 Prozent zu Hause angestellt und Marco absolviert zurzeit das zweite landwirtschaftliche Lehrjahr. «Wer den Betrieb schlussendlich übernehmen wird und wie er ihn bewirtschaftet, wissen wir noch nicht. Wir lassen uns mal überraschen», lacht die ganze Familie.

Peter Fankhauser