«Bereits mit 14 Jahren habe ich Kühe gesammelt», erinnert sich Bea Ammann schmunzelnd und rührt währenddessen in einer Pfanne, die bis zum Rand mit Zucchetti aus dem eigenen Garten gefüllt ist. Heute Mittag gilt es acht Mäuler zu stopfen, darunter drei auswärtige. Wobei die beiden grossen ihrer fünf Kinder nicht mit am Tisch sitzen. Dafür hat sich vor zwei Tagen das Jugendheim Erlenhof gemeldet. Sie würden noch einen Platz für eine Jugendliche suchen. Für die Bäuerin im Moment eine zeitliche Herausforderung. Ihr Mann Mathias Ammann hat ihr aber zugesichert, sich um die junge Frau zu kümmern. Zudem haben die Kinder Ferien. Frida, die Drittälteste, zupft draussen unter dem Sonnenschirm mit der «neuen Mitbewohnerin» getrocknete Blütenblätter vom Blütenkopf.

Bea Ammann bezeichnet ihren grossen Blumen- und Gemüsegarten als Hobby. Die Blüten-Trocknungsanlage hat sie zusammen mit dem Lehrling konzipiert und gebaut. Die getrockneten Blütenblätter verkauft sie den Toggenburger Kräuterfrauen: «Damit lässt sich nicht das grosse Geld verdienen, aber es bereitet Freude und liefert zumindest einen Zustupf in die Haushaltskasse».

Theater und Homöopathie

Heute Abend hat Bea Ammann zusammen mit ihren Kindern Frida, Robert und Jonathan einen der insgesamt 16 Auftritte als Laienschauspielerin am Freilichttheater «Ueli Bräker – der arme Mann im Tockenburg». Bereits zum zweiten Mal engagiert sie sich für ein Theaterprojekt. «Dieses Mal finden die Vorstellungen beim Bräkerhaus im Dreischlatt statt. 300 Meter von uns entfernt», erklärt sie und hält noch im gleichen Satz fest, dass das Bräkerhaus seit 2009 in Besitz ihrer Familie sei und dass sie es als Ferienhaus vermieten.

Der Aufgaben nicht genug, klingelt zwischendurch immer wieder das Handy. «Tut mir leid, aber ich habe heute Pikett-Dienst», entschuldigt sie sich und verschwindet für kurze Zeit ins Büro. Seit Frühling 2017 arbeitet sie als diplomierte Tierhomöopathin für den Verein Kometian (Verein für komplementäre Tiermedizin), der seinen Mitgliedern eine Hotline und einen telefonischen Beratungsdienst anbietet. Selbst für Bea Ammann eine Herausforderung: «Aber der Kontakt mit den Menschen – sei es am Telefon und ab und zu auch im Stall – macht Spass». Ihre eigenen Kühe, 2013 hat Familie Ammann die Milchwirtschaft aufgegeben und auf Mutterkuhhaltung und Bio-Weide-Beef-Produktion umgestellt, behandelt sie seit längerer Zeit homöopathisch.

Froh um Durchhaltewillen

Bevor Bea Ammann ihre Ausbildung zur Tierhomöopathin am Haus der Homöopathie in Zug begonnen hat, besuchte sie  bereits einige Kurse. Die Schule nebst Familie und Hof war für die Powerfrau eine grosse Herausforderung. Rund 1800 Stunden hat sie in die Ausbildung investiert. «Mathias hat mich immer unterstützt und mir Mut gemacht, wenn es mal nicht so gelaufen ist, wie ich wollte», hält sie lobend fest. «Heute bin ich froh, dass ich durchgehalten habe».

Ungarisches Stadtkind

Bea Ammann lebt auf dem Schaufelberg, unweit des Dorfes Krinau SG, ihren grossen Traum. Als ungarisches Stadtkind hat sie alle ihre Ferien auf dem kleinen Hof ihrer Tante verbracht. Aufgewachsen in Eger, im Norden Ungarns, im zehnten Stock eines Plattenbaus, träumte die kleine Bea davon, eines Tages auf einem Bauernhof leben und arbeiten zu können. Dieser Traum ist vor 18 Jahren wahr geworden. 1999 durfte sie als Agronomiestudentin ein Auslandpraktikum absolvieren. Da sie keine Lust auf die Traktorenprüfung hatte, die in Holland und Deutschland vorausgesetzt wurde, entschied sie sich für die Schweiz. Auf dem Schaufelberg hat sie sich von Beginn weg wohl gefühlt. Umso schöner, dass Amors Pfeil gegen Ende des Praktikums, beim Tanz in Oberhelfenschwil SG, einen Volltreffer landete.
Zu Beginn war es für die damals 22-Jährige, vor allem auch wegen der Sprache, nicht einfach. Heute spricht sie perfekt Mundart, mit den Kindern allerdings konsequent Ungarisch. Ihre Neugier und Offenheit führte sie unter anderem zu den Krinauer Bäuerinnen, die sie heute präsidiert. Die neuen Träume müssen aus Zeitgründen noch etwas warten: «Gerne würde ich wieder einmal in einem Chor singen und die Schweiz auf Wanderungen besser kennenlernen. Aber an erster Stelle träume ich davon, eines Tages einige ungarische Steppenrinder, eine alte Hausrinderrasse, auf dem Schaufelberg weiden zu sehen».

Franziska Schawalder