Fast täglich treffen bei Valentina Keller Bestellungen für den «Thurgauer Geschenkharass» ein. Die Arbeiten für den Harass beanspruchen einen grossen Teil ihrer Zeit. Ihre Schwiegermutter, Berti Keller, initiierte 1996 gemeinsam mit anderen Thurgauer Bäuerinnen den Geschenkharass. Unterdessen ist er ein betriebliches Standbein.

Kaffeebar lädt zum Verweilen

Im Hofladen ist Valentina Keller mit sichtlicher Begeisterung damit beschäftigt, die Geschenkharasse mit kulinarischen Leckerbissen, die teils vom Hof stammen, sowie mit zugekauften Produkten von bäuerlichen und gewerblichen Betrieben aus dem Thurgau, zu füllen. Mit ihrer Schwiegermutter arbeitet sie Hand in Hand. Die beiden Frauen sind ein eingespieltes Team. Vor zwei Jahren übernahmen Valentina Keller und ihr Mann Christian die Verteilzentrale für den Harass. «Der Geschenkharass hat ein Standardsortiment, aber wir gehen auch auf spezielle Kundenwünsche ein. In der Regel holen die Besteller den Harass gleichentags bei uns ab, selten ist ein Postversand nötig.»

Weil die Kunden sowohl für die Abholung wie auch für den Einkauf im Hofladen vorbei-
kommen, regte die junge Frau an, vor dem Laden eine Kaffeebar einzurichten. Ihre Schwiegermutter fand in einer Brockenstube eine Strassencafé-
Bestuhlung. Dieses zusätzliche Angebot auf dem Hof findet regen Zuspruch und die Kunden verweilen gerne noch einen Moment bei einem Kaffee und einem Stück Kuchen. Die Fernsicht vom Hof «Espe» aus, der sich etwas oberhalb des Dorfs Matzingen TG befindet, ist beeindruckend.

Dem Teig seine Zeit lassen

Gastfreundschaft ist für Valentina Keller ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit, denn in der Direktvermarktung entsteht meist ein angeregter Dialog mit den Kunden. Zum Zeitpunkt des Gesprächs mit der BauernZeitung, Ende Mai, erkundigten sich Kunden, wann es endlich Erdbeeren und kurz danach Himbeeren ab Hof gebe. «Wir produzieren unsere Beeren unter freiem Himmel und somit gehören wir bezüglich der Ernte nicht zu den Ersten. Dafür werden das intensive Aroma und die Tatsache, dass unsere Beeren direkt vom Feld kommen, besonders geschätzt.» Für die Erntearbeiten können Valentina und Berti Keller auf die Mithilfe einiger Frauen aus dem Dorf zählen. 

Der Freitagvormittag ist für Valentina Keller jeweils reserviert für das Vorbereiten von Butterzöpfen und Broten, die samstags ab Hof verkauft werden. Hierbei ist sie, die den Beruf der Bäckerin-Konditorin erlernte, besonders in ihrem Element. Stolz zeigt sie die vollen Bleche mit den schön geformten Teigen. Nebenbei hat sie Kekse mit Glückskleemotiv gebacken, die dem Sortiment für den Thurgauer Geschenkharass eine persönliche Note verleihen. «Ich habe hier auf dem Hof so viel dazugelernt. Mir behagt das Backen in diesem Stil wesentlich besser – hier lässt man dem Teig seine Zeit – als die Arbeit in der Lebensmittelindustrie. Es war eine grosse Umstellung, da wir hier mit dem Holzbackofen arbeiten. Dies erfordert einen anderen Umgang mit den Temperaturen», so die Bäuerin. 

Valentina Keller schätzt es, dass sie ihren zweijährigen Sohn Leon bei vielen Arbeiten um sich haben kann und dass Schwiegermutter Berti eine liebevolle Grossmutter ist. «Mein Mann und ich sind konsequent in der Erziehung und lassen nicht alles durchgehen. Es ist beruhigend zu wissen, dass auch Berti ihrem Enkel nicht 
alles erlaubt und unseren Er-
ziehungsstil respektiert.» 

Geschätzte Dörrbohnen

Valentina Keller wuchs in Frauenfeld TG, unweit von ihrem heutigen Wohnort, in einem nicht bäuerlichen Umfeld auf. Vor sieben Jahren lernte sie Christian Keller kennen. Der Landwirt arbeitete auf dem Hof seiner Eltern Berti und Albert Keller mit. Vor zwei Jahren übernahm er den viehlosen Betrieb von ihnen. «Ich staunte, als ich den Hof erstmals betrat und sah, wie schön Berti und ihr Mann den Hofladen, meinen künftigen Arbeitsplatz, sowie die zweckmässigen Arbeitsräume im ehemaligen Kuhstall eingerichtet haben.» Valentina und Christian Keller heirateten vor drei Jahren. Das Paar hat die für sie ideale Form der Arbeitsteilung gefunden: Christian führt, unterstützt von seinem Vater, alle anfallenden Arbeiten auf dem Feld und im Wald aus. So kann sich die Bäuerin ganz ihren Arbeiten im Hofladen, dem Backen und der Ernte widmen. Für die hofeigenen Produkte wie Sirup, Konfitüren und Eingemachtes greift Valentina Keller auf saisonale Früchte und Gemüse aus dem Bauerngarten ihrer Schwiegermutter zurück. Auch hier arbeiten die Frauen eng zusammen und inspirieren sich bei Rezepten und Dekorationen. Material für letztere finden sie sowohl im Garten wie in unmittelbarer Umgebung, denn der Hof befindet sich in Waldesnähe. 

Zum vielseitig ausgerichteten Betrieb gehören Erdbeeren, Himbeeren, Zuckerrüben, Mais, diverse Getreide, Waldwirtschaft und Hühnerhaltung. Spätestens, wenn die Beerenzeit vorbei ist, beginnt für Valentina und Berti Keller die Arbeit für Dörrbohnen. Die Bohnen pflücken sie in der Selbstpflückanlage eines Nachbarbetriebs und wenden anschliessend viel Zeit für das Dörren auf. «Für Dörrbohnen hat sich bei uns in den letzten Jahren eine rege Nachfrage entwickelt. Manche schätzen diese geschmacklich fast höher ein als frische Bohnen», weiss Berti 
Keller. 

Die Arbeitstage von Valentina Keller sind ausgefüllt. Hobbies brauche sie nicht. Sonntags erholt sich die junge Familie bei Ausflügen. Die Bäuerin sagt, dass ihr Mann und sie es sich zum Ziel gesetzt haben, in ihrer Arbeit so gut wie die Schwiegereltern zu werden. 

Isabelle Schwander

Dieses Porträt finden Sie in der BauernZeitung vom 8. Juni. Lernen Sie  die BauernZeitung jetzt 4 Wochen kostenlos kennen und gewinnen Sie einen Reisegutschein im Wert von 3000 CHF.