«Wir schauen viel zu selten genau hin», sagt Markus Ottiger und steht auf. Er schiebt den Stuhl an den Sitzungstisch, nimmt seine schwarze Tasche und den schwarzen Ordner vom Tisch. «Das habe ich auch bei meinen Kollegen gesehen. Sie sagten mir, dass sie nichts von den Machenschaften der Milchgold Käse AG wissen wollten», sagt er und seufzt. Die in der Freiämter Käserei eingemietete

Milchgold Käse AG soll systematisch Verkäsungszulagen für Milch bezogen haben, die es gar nicht gab (wir berichteten). Ob die Aktionäre der Freiämter Käserei von den Machenschaften wussten und das System duldeten, wie das während den Recherchen von mehreren Beobachtern gesagt wurde, bleibt unklar.

Wer im System ist, profitiert

Tatsache ist, dass Markus Ottiger im letzten Sommer eine Gruppe von Landwirten mobilisierte und jetzt als Verräter und Nestbeschmutzer beschimpft wird.

Ottiger hat dennoch am Kurs festgehalten und auf den Fall der Milchgold Käse AG aufmerksam gemacht. Ein Fall, der das Bundesamt für Landwirtschaft und die Sortenorganisation Emmentaler Switzerland beschäftigt und bald auch einem Richter Arbeit bescheren dürfte: Das BLW prüft die Vorwürfe, die Sortenorganisation Emmentaler soll derzeit prüfen, ob der Käser gegen die Qualitätsbestimmungen der Sortenorganisation verstossen hat. Und ein Richter wird vermutlich über die Strafanzeige befinden, die Ottiger mit einer Gruppe von Bauern Ende März gegen den Käser der Milchgold AG eingereicht hat.

Markus Ottiger hat die Beine übereinandergeschlagen, die braunen Lederschuhe fest verschnürt und legt die Hände in den Schoss. Der Landwirt sitzt aufrecht im Stuhl im Sitzungszimmer «Schürli» beim Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband in Sursee LU. Ottiger hat den Treffpunkt vorgeschlagen, der auf halbem Weg zwischen der BauernZeitung-Redaktion in Bern und seinem Hof in Sulz LU liegt. Obwohl er den Fall der Milchgold Käse AG publik machte, schlägt er ein Videointerview aus. Auch ein Foto von ihm will er nicht machen lassen. «Es geht hier nicht um mich», betont er im Gespräch mehrfach.

Innovativer Käser

Angefangen hat alles 2011. Damals wurde die Freiämter Käserei AG gegründet und Ottiger war unzufrieden mit seiner Silomilchproduktion. «Irgendwie hat das nicht zu meinem Betrieb gepasst», sagt er heute. Das Projekt von Melchior Schürmann, dem Käser und Inhaber der Milchgold Käse AG,  kam ihm da gerade  im rechten Moment. Schon damals gab es Gerüchte um Schürmann und seine flexible Handhabung von Vorschriften und Gesetzen; unter anderem war von gestreckter Schotte und fehlenden Belegen die Rede. Auch Markus Ottiger wusste um die Gerüchte. Wie er selbst sagt, haben ihn Kollegen vor dem Einstieg in die Freiämter Käserei AG gewarnt. «Die Vorurteile habe ich rasch ausgeblendet.» sagt Ottiger, der sich selbst ein Bild verschaffen wollte. «Ausserdem wussten wir, dass der Käser innovativ ist», sagt Ottiger über Schürmann.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Fünf Jahre hielt Markus Ottiger dem Käser die Treue; «Als Bauer hat man genug anderes zu tun», sagt er. Er habe ein Umfeld, das ihn stark fordere und kümmert sich alleine um seine fünfzig Holstein-Kühe, 20 Hektaren Land, Mastsauen und die Familie. 2012, als er sich in die Käserei einkaufte, hatte er gerade in einen neuen Laufstall investiert. «Zuerst hatten wir immer das Gefühl, dass es besser wird», sagt Ottiger und meint damit einen besseren Milchpreis. 

«Erst als wir intensiver mit den Leuten zu tun hatten, wurde uns klar, dass sich nichts ändern wird.» 2017 konnte er die Unzufriedenheit aber nicht mehr ausblenden und Ottiger wusste, dass etwas geschehen musste. Als er Kollegen zu einer ersten Sitzung einlud, standen die Milchpreise im Vordergrund. «Wir wollten nur Preisverhandlungen haben. Unser Ziel war ein Preis von 65 Rappen», erklärt Ottiger. Da die Milchgold Handels AG mehr als zwei Drittel des Käses exportiert, schienen ihm und seinen Kollegen die Forderung als fair.

Bei der ersten Sitzung, die Ottiger mit einer Gruppe von Produzenten organisierte, kam es dann aber anders: «Plötzlich ging es nur noch um die Frage, ob der Käser vertrauenswürdig sei.» Und da wurden auch wieder die alten Geschichten von früher herumgereicht.

Er habe sich lange überlegt, ob er kämpfen soll, sagt er. «Ich wusste, dass der Weg hart sein wird. Es geht um Geld. Und wer Geld hat, der hat das Sagen.» Den ersten Kampf hat Markus Ottiger verloren; den Verwaltungsratspräsidenten der Freiämter Käserei AG – Benedikt Felder – konnte er an der ausserordentlichen GV am 26. Januar nicht absetzen. Auch sein Lieferrecht an die Milchgold AG ist Ottiger los, er liefert wieder an die ZMP. Aufgeben will er deswegen aber nicht; und wenn sich die Chance ergebe, würde er gerne wieder an eine Käserei liefern, sagt er.

hja

Mehr zum Thema lesen Sie in der Printausgabe der BauernZeitung vom 20. Juli.

Lernen Sie die BauernZeitung jetzt 4 Wochen kostenlos kennen und gewinnen Sie einen Reisegutschein im Wert von 3000 CHF.