Wo immer Tony Moos gerade ist, hört man schon bald sein schallendes Lachen. Der Meisterlandwirt hat stets einen lockeren Spruch auf den Lippen und scheut keine Diskussion. Doch die Lockerheit täuscht. Vor vierzehn Jahren brach Moos nämlich mit der Familientradition und verkaufte seine Milchkühe. Einfach war es nicht; aber es hat sich gelohnt.


Der schwierige Schritt

Angefangen hat alles 2004, als Tony Moos sein Milchkontingent verkaufte. «Ich sprach immer davon, aber niemand rechnete damit, dass ich es in die Tat umsetzen würde», erinnert sich Moos heute. Er ist erleichtert und auch ein wenig Stolz, dass alles so gute Wege genommen hat. Damals musste er jedoch nicht nur gegen seine eigenen anfänglichen Zweifel kämpfen, auch seine Familie, in welcher seit Generationen Milchwirtschaft mit Braunvieh betrieben wurde, begegnete dem Entscheid mit grosser Skepsis. Für Tony Moos‘ Vater war es unvorstellbar, dass der Betrieb ohne staatliches Milchkontingent genügend Einkommen erwirtschaften könnte. Das Milchkontingent war immer ein Garant für ein sicheres Einkommen. Diese Existenzgrundlage nun aufzugeben, sorgte für Angst. «Die absolut grösste Hürde war die menschliche Seite», sagt Tony Moos rückblickend.


Bald sah auch seine Familie ein, dass es Zeit war, mit dem Melken aufzuhören. Moos plagten seit einem Arbeitsunfall in jüngeren Jahren körperliche Beschwerden und im Stall wären Investitionen nötig gewesen. Wie es der Zufall wollte, lief damals gerade der Milchkaufvertrag aus. Statt diesen mit der örtlichen Käserei zu erneuern, verkaufte Moos das Kontingent an seinen Ostschweizer Cousin.


Der Entscheid war gefallen; die Milchkühe sollen aus dem Alltag von Tony Moos verschwinden. Doch eine Alternative hatte er damals noch nicht. Es begann eine intensive Planungsphase.

Zu viele Produzenten

«Die Haltung von Schweinen, Hühnern, sogar Hirschen oder eben Mutterkühen waren alles 
mögliche Szenarien für die Weiterführung des Betriebes», erzählt Moos heute. Um Klarheit zu schaffen, besuchte er einen mehrtägigen Kurs für Neueinsteiger in die Mutterkuhhaltung an der 
landwirtschaftlichen Schule in Schüpfheim LU. Es folgten zahlreiche Betriebsbesichtigungen und Gespräche mit Mutterkuhhaltern, die ihn immer mehr begeisterten: «Die tierfreundliche Haltung der Kühe mit ihren Kälbern, die Kontinuität bei der Tierbetreuung und die umweltschonende Fleischproduktion von Natura-Beef überzeugten mich.»

Allerdings währte die Freude und Begeisterung nur kurz. Moos war nicht der einzi
ge, der umstellen wollte. Gleichzeitig war die Nachfrage nach dem Fleisch noch gering, ein Angebotsüberhang die Folge. Die Schweizerische Vereinigung für Ammen- und Mutterkuhhaltung (SVAMH; heute Mutterkuh Schweiz) musste reagieren und nahm umstellungswillige Bauern nicht mehr auf.


Für Moos waren das keine guten Nachrichten. Er hatte zu der Zeit schon mit dem Stallumbau begonnen und war bereit, den zweijährigen Ertragsausfall in der Aufzuchtphase zu finanzieren. Dafür aber auf den Natura-Beef-Zuschlag zu verzichten, brachte das ganze Konzept gehörig ins Wanken. 
Entsprechend gross war die Erleichterung, als 2007 die Nachricht kam, dass der Betrieb in die SVAMH aufgenommen wird.


Unabhängigkeit wahren


Heute geniesst der mittlerweile erfahrene Mutterkuhhalter die erlangte Unabhängigkeit: Zum einen von Futtermittelfirmen, da das Vieh das reichlich vorhandene Gras frisst, zum anderen von Angestellten. Dank der arbeitsextensiven Produktion und der beachtlichen Mithilfe der Familie konnte Tony Moos eine Teilzeitanstellung als Postautowagenführer annehmen, welcher er bis heute nachgeht. Das ausserbetriebliche Arbeiten empfindet Moos nicht nur als Belastung, sondern auch als sehr positive Bereicherung seines Arbeitsalltags.

Und auch in landwirtschaftlicher Hinsicht erweiterte sich sein Horizont: «Es eröffneten sich mir völlig neue Kuhwelten.» So ist der Landwirt von der starken Kuh-Kalb-Beziehung, wie er sie während der Milchwirtschaft nie beobachten konnte, beeindruckt. Auch ist Moos der Überzeugung, mit möglichst viel Weidegang die Maschinen- sowie die Futterbaukosten tief zu halten. Nicht mehr länger an fixe Melkzeiten gebunden zu sein, war wohl der grösste Befreiungsschlag gewesen.

Doch woher kommt dieses Streben nach Freiheit? Dazu Moos: «Mutterkuhhalter sind – wie alle anderen Landwirte – zum Spielball der Politik geworden. Die aktuellen Initiativen und Mercosur sind nur die Spitze des Eisbergs, so werden wir wohl noch einiges an Veränderungen erfahren. Darum der Drang in mir, flexibel zu bleiben.»

Debora Moos
Die Autorin absolviert demnächst ein Praktikum bei der BauernZeitung und ist die Tochter von Tony Moos.