Jetzt liegen wieder viele Jäger auf der Pirsch, sie warten auch auf die Hirsche. Im eidgenössischen Jagdbanngebiet beim Brienzer Rothorn wüssten die Tiere aber genau, dass ihnen hier nichts passiere, betonen Pius Schmid aus Sörenberg und Ueli Gfeller aus Schangnau BE. Sie bewirtschaften Alpen in diesem Gebiet und stellen fest, dass sich die Hirsche rasant vermehren. "Wir reden hier nicht von Dutzenden, sondern von Hunderten Hirschen", sagt Ueli Gfeller. Die Alp Tannisbühl ob Sörenberg hat er diesen Herbst, wie schon im Vorjahr, früher verlassen müssen, weil das Futter für das Rindvieh wegen den Hirschen fehlte. Zunehmend habe er Mühe, die Alpzeit und die Stösse zu erreichen.

Verschmutzung von Wiesen


Das Problem sei nicht nur die Futterkonkurrenz, sondern auch die Verschmutzung der Weiden durch Kot und Urin. Der Druck nehme jährlich zu, und es habe hier mehr Hirsche als vermutet werde. Die Behörden im Kanton Luzern würden das Problem zu wenig ernst nehmen und versuchten zu beschwichtigen, oder den Bauern gar anzuraten, ihre Alpbewirtschaftung halt anzupassen, sagt Gfeller, selbst Berner Grossrat. Er plädiert für eine Lockerung der Vorschriften im grossen Jagdbanngebiet, das auch einige Alpen umfasst. Das Gebiet sei seinerzeit geschaffen worden, um Gemsen und Steinböcke zu schützen. Nun würden sich hier aber Hirsche extrem vermehren und den Wald und vor allem Landwirtschaftsland in grossen umliegenden Regionen bis nach Obwalden und Bern schädigen. Es sei nötig, auch in diesem Gebiet die Hirschpopulation reduzieren zu können. Diese Forderung teilt Pius Schmid, als Alpbewirtschafter mit Flächen im Banngebiet auch persönlich betroffen, und zudem Präsident des Luzerner Alpwirtschaftlichen Vereins. "Der Schutz der Hirsche im Jagdbanngbiet ist überholt und viel zu rigoros." Er selber hat diesen Sommer 1700 m Doppelzäune erstellt, um die Hirsche zumindest etwas von den Mähweiden abzuhalten. Ohne diese Massnahme hätte er auf einen Ertrag vom zweiten Aufwuchs ganz verzichten müssen.

Verbandsbeschwerde als Hindernis


Die Jäger und die Jagdbehörden seien durchaus bereit zu einer stärkeren Regulation, erklärt Daniel Schmid, Wildhüter in der Region Sörenberg. Auch die Banngebiets-Verordnung würde zulassen, innerhalb des Gebietes die Hirsche zu reduzieren. "Das ist sogar ein Bundesauftrag." Das Problem sei die Umsetzung, es brauche eine Verfügung für solche Abschüsse, die im Kantonsblatt zu publizieren ist. Und dagegen könne Verbandsbeschwerde eingereicht werden, was denn auch genutzt wird.


Probleme mit Hirschen gibt es auch im Kanton Obwalden, wenn die Tiere über den Winter von Luzern und Bern her in tiefere Lagen ausweichen. Das bestätigt Bruno Abächerli, Leiter Amt für Landwirtschaft und Umwelt. Der Druck aus dem Einstandsgebiet ennet der Kantonsgrenze nehme zu, seit Jahren. Besonders ausgeprägt war ein massives Auftreten diesen Frühling in Giswil/Kleinteil. Dort verursachten die Hirsche grosse Trittschäden am Wiesland. Die Hirschpopulation hat in Obwalden massiv zugenommen, und es wurden diesen Herbst weniger Tiere geschossen als freigegeben, wie auch im Kanton Luzern. Deshalb wurde in Obwalden eine nachträgliche Regulationsjagd angeordnet.

Josef Scherer

Ausführlicher Artikel in der BauernZeitung vom 19. Oktober.