Die Sicht der Zulieferer kam von Hansueli Christen, Geschäftsführer Meliofeed. Er sagte, Regelwerke wie die Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF) sei den Konsumenten schwer zu erklären, aber das positive Bild von Kühen auf der Weide könne man allen vermitteln. Ein limitierender Faktor für die Schweizer Bauern sind für ihn die Strukturkosten. In Norddeutschland etwa koste ein Stallplatz nicht 10'000 Euro pro Kuh. «Wir müssen deshalb Angebot und Nachfrage auf den Heimmarkt ausrichten», sagte er.

«Es passiert etwas!»

Christen ist überzeugt, dass die Digitalisierung die Wertschöpfungskette verändern werde. Er fragte sich gar, ob Zwischenhändler verschwinden könnten und verwies auf die Ambitionen von Onlinehandelsriesen wie Amazon und Alibaba. Da werde noch viel passieren, dass uns noch gar nicht bewusst sei. Er brach auch eine Lanze für die Agroscope: «Wir brauchen eine unabhängige nationale Forschung!» Die Schweiz habe die Wahl, ob sie sich globalen Playern wie Monsanto, Syngenta, Cargill und Co. unterwerfen oder eine eigenständige Landwirtschaft haben wolle.

«Das Tierwohl darf und soll kontrolliert werden»

Für die Produzenten sprach Christian Schönbächler, Präsident der Junglandwirte-Kommission. Er glaubt, dass man Konsumenten mit guten Argumenten beeinflussen können und machte sich für die Inlandproduktion stark. «Wir sind ein Grasland, haben ein grosses Know-how, eine gute Forschung und Ausbildung. Wir haben direkten Einfluss auf die Produktionbedingungen.» Auch für ihn ist klar, in die Forschung müsse «weiter stark investiert» werden.

Auch die oft von Produzentenseite geäusserte Forderung nach einer faireren Verteilung der Wertschöpfung kam von Schönbächler: «Für uns muss hinten recht etwas übrigbleiben!» Er sprach auch über das Tierwohl, ein wichtiges Differenzierungsmerkmal, «das auch kontrolliert werden darf und soll».

Christian Schönbächler, der einen 17-Hektaren-Betrieb in der Bergzone 2 bewirtschaftet, will der Milchproduktion treu bleiben. Er baut aktuell einen neuen Milchviehstall. «Ich will mit diesem Kühen auf diesen Flächen Milch produzieren und sie mit dieser Aussicht vermarkten», sagte er zu einem Bild von seinem Betrieb, dass dessen schöne Aussicht zeigte.

«Viehhandel ist nicht besonders sexy»

Einen grossen Auftritt mit träfen Sprüchen und manchem Lacher aus dem Publikum legte Peter Bosshard, Geschäftsführer des Schweizer Viehhändlerverbands, an der HAFL in Zollikofen BE aufs Parkett. «Ich habe mich schon gefragt, was ich als einfacher Bündner Bergbauer hier unter den erlauchten Herrschaften soll», stellte er gleich zu Beginn sein Licht unter den Scheffel. Sein Problem: «Viehhandel oder Tiertransporte sind nicht besonders sexy, nicht einfach positiv zu besetzen.» Viehhändler könnten auch nicht die trendige Marketingsprache von heute anwenden und mit Begriffen wie Handwerk, Traditiion und Unikat um sich werfen.

Es gäbe zwei Möglichkeiten, Kampfpreise wie in der EU, was er nicht wolle («Was dort passiert, ist schon fast pervers») oder dann aber Tugenden wie Qualität und Treue. Für ihn ist Letzteres der richtige Weg. «Mir ist es lieber, dass der Kunde zurückkommt als die Ware.»

«Das gläserne Tier»

 Mit Kunden und Ware kennt sich auch Philipp Allemann, Leiter Geschäftseinheit Beschaffung bei der Bell Schweiz AG, aus. Auch er sprach vom «wunderschönen Grasland Schweiz», diese Geschichte müsse man den Kunden erzählen. Bei der anschliessenden Podiumsdiskussion verlangte dann ein Vertreter der Schweinebranche übrigens, er möchte jetzt gerne einmal etwas über Schweine und Geflügel hören.

Zurück zu Allemann: Tierwohl sei das oberste Gebot, «hier gibt es eine Nulltoleranz», schliesslich habe die Schweiz schon das beste Gesetz dazu. Ein Vorteil für ihn ist die Transparenz. «Heute reden wir vom ‘gläsernen Tier’, Schweizer Fleisch lässt sich via Schlachtbetrieb und Tierverkehrsdatenbank bis zum Produzenten zurückverfolgen.» Ein gelungenes Beispiel, wie die gesamte Wertschöpfungskette etwas kreieren kann, das funktioniert, ist für ihn Natura Beef.

«Und dann wollen sie immer die alte Agrarpolitik behalten»

Zu guter Letzt durfte auch die Sicht des Bundes mit Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft, nicht fehlen. Er zeigte kurz auf, wie sich die Agrarpolitik in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat. Nebenbei sagte er, eine neue Agrarpolitik stosse immer auf sehr viel Opposition und stünde dann die nächste an, wollten viele die alte behalten und verwiesen darauf, es funktioniere doch alles.

Er kann sich vorstellen, dass der Staat in Zukunft vermehrt den Absatz branchenübergreifend unterstützen könnte statt wie heute mehrheitlich nach Branchen wie Fleisch oder Milch. Er verwies auf das irische Beispiel von «Origin Green», wo der Staat zusammen mit dem Privatsektor und den Produzenten Werbung für die irische Landwirtschaft und ihre Produkte im Gesamten macht. Für Lehmann ist es auch denkbar, dass der Bund in Zukunft neue Produktionszweige wie etwa die Fischproduktion unterstützen könnte.

jw