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Neu ist das Gumboro-Virus (infektiöse Bursitis) nicht. Seit Herbst 2013 gab es auf Geflügelmastbetrieben in der Schweiz vermehrt Ausbrüche mit teils hohen Verlusten an Tieren. Betroffen waren vor allem Freiland- und Bio-Pouletmast-Betriebe, weil das Virus bis zu zwei Jahren in der Umwelt überleben kann. Verseuchte Weiden seien kaum zu desinfizieren, hiess es heute an der Bio Suisse-Delegiertenversammlung in Olten SO.

«Die Krankheit ist hochansteckend», erklärte Vorstandsmitglied Christian Butscher und sprach von hohen Mortalitätsraten. Die Geflügelseuche wird mittels Impfung und Hygienemassnahmen bekämpft. Mit den herkömmlichen Lebendimpfstoffen sei der vollständige Impfschutz vor dem 21. Lebendtag oft nicht zu erreichen, so Butscher weiter. Das ist der Tag, an dem Bio-Küken auf die Weide dürfen.

Gentechnisch veränderter Impfstoff

2017 nahte eine Lösung: In der Schweiz wurde mit Vaxxitek ein neuer Impfstoff mit guter Schutzwirkung zugelassen. Der grosse Haken an der Sache: Als rekombinanter Impfstoff enthält er gentechnisch veränderte Organismen und darf gemäss den Bio Suisse-Richtlinien auf Knospe-Betrieben nicht eingesetzt werden. Die Bio-Verordnung wiederum nimmt Arzneimittel jedoch vom GVO-Verbot aus, entsprechend darf dieser Impfstoff auf Bio-Betrieben eingesetzt werden.

Diverse Geflügeltierärzte hätten aufgrund der zugespitzten Situation verlangt, den Impfstoff auch auf Knospe-Betrieben einsetzen zu können, hiess es heute weiter. Der Bio Suisse-Vorstand entschloss dann, Vaxxitek bei Knospe-Mastpoulets gegen das Gumboro-Virus befristet auf zwei Jahre zuzulassen.

Mehrmals wurde heute an der DV betont, man habe im Sinne des Tierwohls so entschieden und der Entscheid sei in den Gremien intensiv diskutiert worden. Der Vorstand habe im Rahmen der Präsidentenkonferenz mehrmals ausführlich über das Thema informiert. Es sei immer klar gewesen, dass für alle weiteren Schritte zwingend die Delegierten einbezogen werden müssten.

Rüge von der Geschäftsprüfungskomission

Diese Verteidigungshaltung wurde wegen eines kürzlich ausgestrahlten Fernsehbeitrags in der SRF-Sendung «Rundschau» nötig (die BauernZeitung berichtete). Dort wurde der Vorwurf laut, der Vorstand habe das Ganze unter den Tisch kehren wollen. Und auch, weil der Vorstand gemäss einem Bericht der internen Geschäftsprüfungskommission (GPK) seine Kompetenzen überschritten habe.

Auf Empfehlung der GPK legte der Vorstand der DV nun nachträglich den befristeten Einsatz von Vaxxitek bis Ende 2019 zur Abstimmung vor. Zusätzlich ging ein Antrag von Bio Luzern ein. Dieser forderte zur befristeten Verlängerung zusätzlich diese Punkte:

  • Eine Arbeitsgruppe aus Bio Suisse, Branche und Wissenschaft, die Alternativen ohne gentechnisch veränderte Impfstoffe erarbeitet
  • Bio Suisse fordert beim Bund die Möglichkeit des späteren Umzugs in die mobilen Ställe mit Weidegang und dadurch die Anpassung der Bioverordnung

Verlängerung trotz Kritik angenommen

Die Diskussion vor der Abstimmung war lang, mit teil kritischen, teils aber auch verständnisvollen Voten für das Handeln des Vorstands. Mehrere Delegierte sagten, sie hätten nach dem Rundschau-Beitrag Konsumenten auf dem Hof gehabt und hätten viele kritische Fragen beantworten müssen.

Dann kam die Abstimmung: Mit 49 Ja-Stimmen zu 34 Nein-Stimmen bei zehn Enthaltungen setzte sich der Antrag von Bio Luzern durch - und somit die befristete Verlängerung bis Ende 2019 mit Auflagen. Bio Suisse-Präsident Urs Brändli ist zuversichtlich, dass bis dann eine Lösung gefunden werden könne, wie er gegenüber der BauernZeitung sagte.

jw

- Mehr zum Thema in der Printausgabe der BauernZeitung vom 16. November