In Afrika haben Tiere eine andere Bedeutung als in Europa, in China einen anderen Stellenwert als in Brasilien. Im Islam wird wegen eines Tieres nicht viel Aufhebens gemacht, sie werden rein zweckmässig betrachtet. Im Buddhismus geht man mit Tieren dagegen rücksichtsvoller um als bei uns.

Früher waren die Menschen Jäger und Sammler. Die Sammeltätigkeit wurde vom Ackerbau abgelöst, die Jagd weitgehend durch die Nutztierhaltung. Die Nutztierhaltung ist ein Geben und ein Nehmen: Die Tierhalter geben den Tieren Futter und Schutz, dafür nehmen sie ihnen einen Teil ihrer Nachkommen in Form von Eiern, Fleisch oder Milch, die für die Nachkommen bestimmt sind. In der Wildnis regelt die Natur die Tierbestände. Nur die fittesten überleben, die anderen fallen Raubtieren zum Opfer. Hat es zu viele Tiere, verhungert ein Teil davon oder es breiten sich Krankheiten aus. Auch das Leben in der freien Natur hat seinen Preis.

 

Wandel der Mensch-Tier-Beziehung

Im 19. Jahrhundert drängte die zunehmende Industrialisierung die Nutztierhaltung aus der Stadt, dafür hielten Heimtiere Einzug. Sie dienten vorwiegend als Partnerersatz oder Prestigeobjekt. Sowohl beim Adel, beim Bürgertum als auch in den unteren Gesellschaftsschichten galt das Halten von Heimtieren - vielfach waren es Vögel - eine Zeitlang als modern. In dieser Zeit kamen die ersten Tierschutz-Gedanken auf.

Während Tiere den Städtern in erster Linie zur Unterhaltung dienten, versuchten die Bauern, die Nutztierhaltung effizienter zu machen. In den 40er- und 50er-Jahren standen platz-, arbeits- und kostensparende Haltungsformen mit hoher Besatzdichte im Vordergrund. Man hielt Hühner in kleinen Käfigen, Schweine in ständiger Dunkelheit, Rinder ewig angebunden und Hofhunde an der Kette. Es kam vermehrt zu Verhaltensstörungen. Die Kritik liess nicht lange auf sich warten. Die Politik reagierte und erliess Gesetze. Heute haben Tiere in unserem Kulturkreis einen deutlich höheren Stellenwert als früher. Es gibt zudem klare Tendenzen in Richtung strengerem und "erweitertem" Tierschutz, wie z.B. der Würde der Tiere, Tieranwälten, Tierrechten und mehr.

 

 

Gegenläufige Entwicklung

Die nicht-landwirtschaftliche Gesellschaft hat immer weniger Bezug zur Landwirtschaft und zur Nutztierhaltung. Früher hatte die Mehrzahl der Bevölkerung einen viel direkteren Draht zu den Bauern und Bäuerinnen. Meistens hatte jemand aus der Verwandtschaft einen Hof oder arbeitete in der Landwirtschaft. Heute ist das nicht mehr der Fall. In der Heimtierhaltung werden die Tiere zunehmend vermenschlicht.

Das ist nicht nur zu ihrem Vorteil: Oft verfügen Heimtierhalter nicht über die nötigen Fachkenntnisse, um ihre Lieblinge artgerecht zu halten. Es wird auch relativ wenig Forschung über Heimtiere betrieben und der Handel mit Gehegen, Boxen, Käfigen und Zubehör für Heimtiere erfolgt frei und unkontrolliert. Im Heimtier-Bereich werden deshalb besonders viele Missstände festgestellt: Die Tiere werden häufig in zu kleinen Gehegen gehalten, haben zu wenig Bewegung oder werden nicht optimal gefüttert.

In der Pferdehaltung ist dieser Wandel besonders ersichtlich: Seit Traktoren das Arbeitstier Pferd ersetzten nahmen auch die Fälle von Überbeanspruchung bei Pferden ab. Dafür leiden heute viele Pferde unter Bewegungsmangel oder sie müssen im Pferdesport Massnahmen wie tierschutzwidriges Zäumen, Hufstellungs-Veränderungen, Hufgewichte, Neurektomie, elektrische Dressurmittel oder das Clippen von Tasthaaren über sich ergehen lassen.

 

 

Mehr Katzen als Schweine

Während die Anzahl Heimtiere in der Schweiz laufend steigt, nehmen die Nutztierbestände seit Jahren ab. Heute hält jeder dritte Haushalt in der Schweiz eines oder mehrere Haustiere. 2,5 Mio. Heimtierbesitzer stehen noch 44'000 Nutztierhalter gegenüber. Inzwischen hat es mehr Katzen als Schweine in der Schweiz und mehr Haushunde als Schafe. Und von den im Jahr 2016 erstregistrierten Equiden wurden 60 Prozent als Heimtiere und nicht als Nutztiere deklariert.

Eveline Dudda, LID