In den Medien tobt eine erbitterte Diskussion über die Ursachen. Die einen verweisen auf eine weitere Bestätigung für den Klimawandel, die anderen halten den heissen Sommer für eine weitere Laune der Natur, die nicht überinterpretiert werden sollte, während die Exponenten der Landwirtschaft nach Mitteln suchen, um die Auswirkungen der ausbleibenden Niederschläge zu lindern. 

Ob der Trockenheits-Aufregung geht fast vergessen, dass in wenigen Wochen wichtige agrarpolitische Weichenstellungen anstehen. Am 23. September stimmen wir über die Initiativen mit den Kurztiteln Ernährungssouveränität und «Fair-Food» ab. Erstere ist ein buntes Sammelsurium mit agrarpolitischen Wunschvorstellungen, die gemeinhin als chancenlos betrachtet werden. Deutlich grössere Chancen werden von Beobachtern derweil der Eidgenössischen Volksinitiative eingeräumt, die mit vollem Namen «Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel» heisst. 

Was ist von «Fair-Food» zu halten und welche Auswirkungen sind zu erwarten? Nüchtern betrachtet kommt das Volksbegehren der grünen Partei den Wünschen der Landwirte und eines Grossteils der Konsumenten in weiten Teilen entgegen. Zahlreich sind die Beschwerden in bäuerlichen Kreisen, dass die Importe meist nicht den Schweizer Anforderungen entsprächen und deshalb den Wettbewerb unfair verzerrten. Gleichzeitig scheint der Wunsch eines guten Teils der Konsumentinnen und Konsumenten nach Transparenz und nachhaltiger Produktion bei den Nahrungsmitteln zu wachsen. Daraufhin deutet das Einkaufsverhalten zumindest teilweise. Der Absatz von Bio-Lebensmitteln und solchen mit Label wächst stetig, zumindest wenn man den Statistiken glaubt. 

Genau diesen Wünschen kommt «Fair-Food» entgegen. Sowohl im Inland wie im Ausland will man die Qualität der Lebensmittel verbessern und dafür sorgen, dass der Fairness, dem Tierwohl und dem Gedeihen der bäuerlichen Familienbetriebe mehr Gewicht gegeben wird. Die Standards der Einfuhren sollen dabei nicht um jeden Preis den Schweizerischen entsprechen, aber zumindest näher an diese zu liegen kommen.

Ist also alles gut mit «Fair-Food» und eine vorbehaltlose Zustimmung aus bäuerlicher Sicht angezeigt? Mitnichten, wohl zu Recht verweisen die Gegner der Initiative auf die Gefahr, dass die Lebensmittelpreise ansteigen und die Bürokratie zunehmen könnte. Unterstützung erhält diese Argumentation durch die aktuelle Marktentwicklung. Zuletzt ist beispielsweise bei den Schweinen von Seiten Detailhandel kurzerhand eine Kürzung der Liefermöglichkeiten verhängt worden. Das zeigt, dass die Zahlungsbereitschaft der Kunden gerade bei einem günstigen Fleisch nicht endlos ausdehnbar ist. Gleichzeitig nimmt der Konsum von tierischen Produkten ab, was die Perspektiven auch für tierfreundliche Labels verschlechtert. 

Dazu kommt eine strategische Komponente: Die Initianten der unseligen Trinkwasser-Initiative hoffen offenbar auf Rückenwind durch ein Ja zu «Fair-Food». Ein Solches würde denjenigen Gegnern den Wind teilweise aus den Segeln nehmen, die zu Recht bemängeln, dass ein faktisches Pflanzenschutz-Verbot die Importe von Lebensmitteln erhöhen würde, die nicht unseren Standards entsprechen. 

Diese Bedenken reichen aber nicht aus, um ein Nein zu «Fair-Food» zu begründen. Denn die Initiative kommt dem unbestrittenen Ansinnen der Branche insgesamt entgegen, dass sich die Schweiz einerseits mit der Produktion von qualitativ hochstehenden Lebensmitteln profilieren muss und andererseits den hohen Importbedarf nicht auf Kosten der Menschen, der Tiere und der Natur im Ausland decken sollte.

Ein Ja zur Initiative, so wie es der Bäuerinnen- und Landfrauenverband mutigerweise beschlossen hat, lässt sich deshalb mindestens so gut vertreten, wie die Stimmfreigabe des Schweizer Bauernverbands. «Fair-Food» ist anders als die Pflanzenschutz-Initiativen nicht mit Zwangs-Formulierungen gepflastert, sondern liesse sich so verträglich ausgestalten, dass sich die Branche ohne Verbote nachhaltig weiterentwickeln kann. Dass dies notwendig ist, zeigt auch der sommerliche Weckruf.

Adrian Krebs

Diesen Artikel lesen Sie in der Printausgabe der BauernZeitung vom 10. August.