Ein Metzgerlehrling steht vor dem Abschluss. In der Berufsschule erhält er vom Lehrer die Aufgabe: «Könnte man die Schweine in der Schweiz mit den Lebensmittelabfällen füttern?»

Die Anfrage geht an Daniel Erdin, Leiter Agristat. Er muss nicht lange rechnen. «Zusammen mit der anfallenden Schotte reichen die Nahrungsmittel-Verluste theoretisch für die Ernährung aller Schweizer Schweine», erklärt er und legt seine Berechnungen auf den Tisch:

Futterbedarf: Alle Schweine der Schweiz haben laut den vorhandenen Zahlen von 2015 zusammen einen Futterbedarf von 12 718 Terajoules verdauliche Energie.

Nahrungsmittel: Für die menschliche Ernährung standen 2015 insgesamt 39 588 Terajoules verwertbare Energie zur Verfügung.

Verluste: Schätzungsweise erreichen rund ein Viertel der für die menschliche Ernährung zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel ihr Ziel nicht. Damit wären theoretisch rund 10 000 Terrajoules verfügbar.

Die «nicht konsumierten Nahrungsmittel» setzen sich aus Verlusten bei der Verarbeitung, im Gross- und Detailhandel sowie beim Konsumenten zusammen. Zwar sei, so Daniel Erdin, die für Schweine und Mensch verdauliche Energie nicht ganz deckungsgleich, trotzdem «kann man sagen, dass die nicht konsumierten Lebensmittel und die anfallende Schotte die Schweizer Schweine zum grössten Teil ernähren könnten», rechnet der Statistik-Spezialist aus.

BSE setzte ein Ende

Heute ist es jedoch viel einfacher und auch aus logistischen Gründen günstiger, Nahrungsmittelabfälle für die Produktion von Biogas zu verwenden. Die Schweine werden zudem vor allem mit Getreide, weiteren Nebenprodukten aus der Lebensmittelverarbeitung wie Soja-Extraktionsschrot und Rapskuchen sowie Schotte aus der Käseherstellung gefüttert.  Bis zur Jahrtausendwende war es üblich gewesen, Schlachtabfälle und Speisereste an Schweine zu verfüttern. Seit dem Auftreten von BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) wurde dies verboten. In der seit 2011 gültigen «Verordnung über tierische Nebenprodukte» ist zusätzlich die Verfütterung von Speiseabfällen mit tierischen Bestandteilen verboten. Deshalb fallen auch praktisch alle Küchen- und Speiseabfälle unter das Verbot.

Das Fütterungsverbot bleibt

Zwar wird bei den zuständigen Ämtern diskutiert, ob und unter welchen Bedingungen tierische Nebenprodukte wieder verfüttert werden könnten. Eine Lockerung dürfe aber «unter keinen Umständen eine neue BSE-Krise hervorrufen», heisst es auf der Website des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Das Fütterungsverbot dürfte daher noch eine Weile bestehen bleiben.

Hans Rüssli