bern Invasive Neophyten, das tönt ein wenig nach kriegerischem Eindringen. So schlimm ist es zwar nicht gerade, wenn ungebetene Pflanzen von ennet der Grenzen neu aufs Schweizer Territorium gelangen. Aber es wäre falsch, die Invasoren wie Ambrosia oder Erdmandelgras nicht ernst zu nehmen. 

Ergänzen statt streichen

Genau diese Befürchtung haben die Kantone. Wie kürzlich berichtet, sind sie empört über die fehlende Bereitschaft des Bundes, eine nationale Bekämpfungsstrategie gegen das üble Unkraut Erdmandelgras in Angriff zu nehmen. Stattdessen muss nun ein jeder Kanton selber aktiv werden, was eine Vervielfachung des Aufwands bedeutet. Voraussetzung für eine von Bern orchestrierte Bekämpfung wäre ein Eintrag von Erdmandelgras in die Liste der Liste der «Besonders gefährlichen Unkräuter» in der Pflanzenschutzverordnung (PSV). 

Das Problem ist nur, dass diese schwarze Liste demnächst entfällt. Der Bund will die PSV im Einklang mit der EU ab 2020 durch eine Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV) ersetzen. «Diese wird ausschliesslich pflanzengesundheitliche Aspekte regeln», teilt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) mit. «Unkräuter fallen damit nicht mehr in den Geltungsbereich, der in dieser Verordnung geregelten Schadorganismen», so Gabriela Schachermayr, die Fachbereichsleiterin Pflanzenschutz. 

Das heisst mit anderen Worten, dass auch die gefürchtete Ambrosia, die als bisher einziges Unkraut im Anhang der PSV gelistet war, die nationale Melde- und Bekämpfungspflicht verliert. Dieser Neophyt ist nicht primär ein Landwirtschaftsschädling, sondern er wird vor allem bekämpft, weil er mit seinen stark allergenen Pollen für weit verbreitete Gesundheitsprobleme sorgt. Trotzdem hat man sich in der Landwirtschaft für die Tilgung eingesetzt, um nicht am Pranger zu stehen. Dank der bisherigen Lösung wurde diese zur Erfolgsstory. 

«Eine absolute Katastrophe»

Für Martina Jenzer, Pflanzenschutzspezialistin am Wallierhof wäre die Änderung der gesetzlichen Regelung «eine absolute Katastrophe», da sie die Bekämpfung massiv erschwert. Künftig will der Bund diese nämlich via Freisetzungsverordnung regeln. Für eine Sanktionierung müsste man neu «falschen Umgang mit verseuchtem Pflanzgut»nachweisen können. Aus Jenzers Sicht gäbe das eine Riesenbürokratie mit beschränkter Wirkung. Bisher hat man dank dem Eintrag im PSV-Anhang rasch und unbürokratisch vorgehen können.   

Markus Hochstrasser, Pflanzenschutzspezialist am Strickhof beschreibt das Beispiel des Haupt-Vogelfutterherstellers, der seine Sonnenblumenkerne noch einmal gereinigt hat, um allfällige Verschmutzung mit Ambrosia-Samen zu verhindern. 

Auch für ihn geht der Bund in die falsche Richtung. «Wir müssten die Ambrosia nicht aus dem Anhang der PSV streichen», sagt Hochstrasser, «sondern sogar noch das Erdmandelgras aufnehmen». Die bisherige Lösung mit Melde- und Bekämpfungspflicht habe sich sehr bewährt und «wir werden, auch im nahen Ausland darum benieden».

Bund verlängert bis 2021

Beim Bund wird man vom gewählten Pfad aber aller Voraussicht nach nicht abweichen. Immerhin gibt man noch etwas Gnadenfrist: «Bezüglich Ambrosia artemisiifolia werden die Bestimmungen der PSV vorübergehend weiterhin bis Ende 2021 gelten», schreibt Gabriela Schachermayr auf Anfrage. Damit ist die Problemlösung aber eher aufgeschoben als in Angriff genommen.

akr

Diesen Bericht finden Sie auf Seite 5 in der BauernZeitung vom 1. Juni. Lernen Sie  die BauernZeitung jetzt 4 Wochen kostenlos kennen und gewinnen Sie einen Reisegutschein im Wert von 3000 CHF.