Wenn man die Website der Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft (BMG) anschaut, könnte man meinen, alles sei in bester Ordnung. "Milch ist unsere Leidenschaft", steht dort als Willkommensgruss. Die Anbnehmerin von 1,15 Mio t Milch jährlich gewährleiste dabei "ein hohes Mass an Flexibilität und Zuverlässigkeit gegenüber unseren Partnern". Man werde auch 2017 weiter wachsen "und den landwirtschaftlichen wie den milchverarbeitenden Betrieben ein kompetenter Partner sein".

Rukwied will den Markt agieren lassen

Den wichtigsten Partnern, nämlich den rund 90 meist sehr grossen Milchlieferanten müssen diese Sätze der grössten Milchhändlerin Deutschlands vorkommen, wie der reine Hohn. Letzten Dienstag hat die BMG nicht nur Insolvenz angemeldet, sondern auch gleich die operative Tätigkeit eingestellt und liess die Bauern auf ihrer Milch sitzen. 

Die neue Agrarministerin Julia Klöckner hat bereits abgewunken, was allfällige Stützung von staatlicher Seite angeht. Sie müsse diejenigen enttäuschen, die darauf setzen, der Staat werde es richten. „Diese Erwartungen kann ich nicht erfüllen“, sagte die CDU-Politikerin gemäss dem Internetportal Proplanta. Stattdessen sei die Branche gefragt. Sie müsse „alle Kräfte mobilisieren“, die gesamte Milch der BMG-Lieferanten abzuholen.

Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbands will keine staatliche Intervention in Form von Bürgschaften. Die Milchbranche bewege sich in einem Markt, der Chancen und Risiken biete, so Joachim Rukwied. Damit umzugehen, sei eine der wichtigen Zukunftsaufgaben, erklärte er diese Woche am Milchforum in Berlin.

Dies dürfte nicht unmöglich sein, so berichtet der Sender RBB24, dass die Agrargenossenschaft Mühlberg (Kreis Elbe-Elster) mit rund 1.000 Kühen und einer durchschnittlichen Tagesmilchmenge von 30.000 Kilo kurzfristig eine Molkerei gefunden hat, welche die Milch nun übernimmt.

Grosse Ausstände beim Milchgeld

Sorge bereitet den Produzenten aber nicht nur die Übernahme der Milch, sondern die Bezahlung der bereits gelieferten. Gemäss dem Sender habe BMG allein bei den 23 Betrieben der Erzeugergemeinschaft "Uckermärkische Qualitätsmilch" Ausstände von etwa 3,5 Mio Euro (gut 4 Mio Fr.).

Scharfe Kritik übt der Geschäftsführer des Bauernbunds Brandenburg, des Bundeslands wo BMG hauptsächlich aktiv war: "Die Lehre aus der Pleite der BMG kann doch nur sein, dass der Staat sich rauszuhalten hat aus dem Milchmarkt", sagte Jung gegenüber RBB24.

Marktinterventionen, das Aufkaufen von Milch und das wieder auf den Markt bringen hätten letzendlich zur Insolvenz der BMG geführt. Der Wettbewerb könne nur funktionieren, wenn über eine Verordnung sichergestellt werde, dass jeder Milchliefervertrag in Deutschland Menge und Preis enthalte, so Jung. Das sei im Augenblick nicht der Fall.

Hierbei ist man in der Schweiz dank der Allgemeinverbindlichkeit der Milchkaufverträge schon ein Stück weiter. Allerdings gibt es Fachleute, die diese Aussage anzweifeln. Solange die C-Milch in Prozenten statt in Kilos angegeben werde könne man nicht ernsthaft behaupten, dass wir in der Schweiz weiter seien.

akr