Moderatorin Nina Havel begrüsste am Donnerstag im Berner Kursaal Vertreter von Grosskonzernen, KMUs, Verbänden und Politik. Sie hielten Input-Referate und standen dem Publikum anschliessend Rede und Antwort. Bio Suisse-Präsident Urs Brändli zog am Anfang eine positive Bilanz der Bio-Entwicklung: Von 2010 bis 2016 haben jährlich knapp 200 Betriebe auf Bio umgestellt. In den letzten beiden Jahren, hat sich diese Zahl verdoppelt, berichtete er begeistert. «Da schlägt das Bio-Herz», fügte er an. 

Bio-Barometer: Romands konsumieren häufiger

Hanna Stolz und Adrian Müller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) steuerten dabei den wissenschaftlichen Anteil bei. So präsentierten sie dem Publikum das Bio-Barometer Schweiz, eine im Oktober 2018 durchgeführte Studie mit rund 500 Teilnehmenden. Am auffallendsten war die Tatsache, dass in der Romandie häufiger Bio-Produkte gekauft werden als in der Deutschschweiz. «Dies lässt sich vielleicht darauf zurückführen, dass die Welschen sich eher an der angrenzenden, französischsprachigen Bevölkerung orientiere und deren Konsumgewohnheit annehmen», so Stolz. Vielen Menschen spiele eine artgerechte Tierhaltung, der reduzierte Antibiotikaeinsatz sowie die umweltschonende Produktion beim Bio-Kauf eine grosse Rolle, fügt die Wissenschaftlerin an. Handlungsbedarf sieht sie hingegen bei der Vermarktungsstrategie der Labels. Vielen Kunden ist gemäss der Studie nicht bewusst, bei welchen Labeln es sich denn nun um Bio-Produkte handelt. So bezeichneten fälschlicherweise viele Konsumenten «IP Suisse» als Bio-Hersteller. Vom Label «Demeter» hatten einige noch nie etwas gehört. Scholz schlägt den Herstellern vor, das Signalwort «Bio» besser und ersichtlicher zu platzieren.

Kaufbarriere ist der Mehrpreis

Woran liegt es dann, dass nicht mehr Bio-Produkte verkauft werden? Adrian Müller weist bei seinem Input darauf hin, dass die Mehrpreise bei Bio-Produkten für viele eine Kaufbarriere darstellen. So kostet ein Bio-Warenkorb rund 50% mehr als ein konventioneller. Hinzu kommt, dass sich viele Menschen nicht für gesundes Essen interessieren, so der Experte. «Sie gehen ins Geschäft und kaufen worauf sie Lust haben, ohne die Herkunft der Produkte zu beachten», fügt er an. Als mögliche Lösung für einen Anreiz, mehr Bio-Produkte zu verkaufen, schlagen die Vertreter vom Forschungsinstitut vor, die Umweltkosten umzuverteilen. Das heisst, konventionelle Produkte sollten teurer, Bio-Produkte hingegen günstiger werden.

Keine allzu grosse Änderung in der EU

Zudem verabschiedete das EU-Parlament eine neue Bio-Basisverordnung. Dr. Alexander Beck von der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) aus Deutschland nahm dazu Stellung. Mit voller Inbrunst erklärte er den Zuhörern was die Verordnung für Auswirkungen hätte und wie der Zeitplan der Umsetzung ist. «Erst am 1. Januar 2021 werden die letzten Anliegen rechtlich geklärt sein und dann tritt die Verordnung in Kraft», so der Experte. Es ändere sich auch nicht allzu viel, so bleibe etwa der Geltungsbereich der Bio-Verordnung bestehen. Neu hingegen ist, dass neue Rohstoffe dazugekommen sind. Dazu gehören ätherische Öle, Korkstopfen aus Naturkork, Baumwolle und Meersalz sowie andere Salze für Lebens- und Futtermittel. Auch wird eine Verfügbarkeitsdatenbank für Saatgut, wie sie bereits in der Schweiz seit Jahren besteht, obligatorisch für die Produzenten.

Keine Gefährung der Aquivalenz für die Schweiz

Priska Dittrich vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zeigte auf, was die Veränderung der EU-Verordnung für die Schweiz bedeuten würde. «Die Gleichwertigkeit ist nicht gefährdet», erklärt die Expertin. Es gebe aber Themen, die genauer betrachtet werden müssten, fügt sie an. Dazu würden die ätherischen Öle oder die Meersalz-Produkte zählen. Im Landwirtschaftsgesetz der Schweiz ist die Aquakultur nicht verankert, daher ist muss das besonders berücksichtig werden. Auch bei den Vorgaben für Pflanzenschutz- und Import-Bestimmungen muss ein Augenmerk gerichtet werden. «Schnellschüsse wird es nicht geben, wir müssen zuerst die Diskussionen der EU abwarten», so Priska Dittrich. Die Akteure der Branche hätten zudem bei der Verordnungsänderung 2020/2021 die Möglichkeit, während der Vernehmlassungsphase Stellung zu beziehen.

sdm