Müller ist Generaldirektor der Groupes Minoteries und damit für die Geschäfte einer der grössten Schweizer Müllereiunternehmung verantwortlich. Und er ist offenbar ein Mann klarer Worte und Haltungen.

Losgelöst vom Souverän 

Entsprechend launisch fiel sein Referat aus, das er am Montag am Tag der Nahrungsmittelindustrie in Bern hielt. Nach Müllers Auffassung würde Bern losgelöst vom Souverän arbeiten, da das Abstimmungsresultat von Ende September 2017 nicht berücksichtigt wurde. Müller ging noch weiter, prognostizierte, dass die Landwirtschaft und die erste Verarbeitungsstufe aus der Schweiz verdrängt würden. Aber ein Land ohne leistungsfähige Landwirtschaft würde die Eigenständigkeit und die Souveränität preisgeben.

Die Landwirtschaft sei zwar in Bezug auf das BIP nur von geringer Bedeutung. Die gesamte Wertschöpfungskette trägt aber indes 7 % zum BIP bei. Die Eigenheit der Agrarwirtschaft in allen entwickelten Staaten sei, dass Landwirtschaft koste. Und im Falle der Schweiz seien das Kosten für die Unabhängigkeit, so wie die Kosten für Armee, Bildung und Forschung. «Haben Sie jemals einen Bauern gesehen, der die ETH in Frage stellte?», fragte Müller rethorisch, um danach gleich selbst zu sagen: «Ich nicht.»

Keine Rede von Abschottung

In ähnlichem Stil ging es weiter. In der Landwirtschaft würden etwa 200 Arbeitsplätze monatlich verschwinden. Aber das interessiere niemanden. Ausserdem könne man nicht von einer Abschottung sprechen, wenn die Agrarprodukte-Importe seit 1990 um 80% zugenommen hätten. «Korrigiert man das ums Bevölkerungswachstum, sind es noch 60%», rechnete Müller vor.

«Verhinderung neuer Freihandelsabkommen - das wird einfach so behauptet.» Das Freihandelsabkommen mit den USA sei eben nicht nur wegen den Bäuerlichen Interessen gescheitert. Erst vor zwei Wochen konnte Müller in der «NZZ am Sonntag» lesen, dass eben auch die Finanzindustrie ein erheblicher Stolperstein für neue Freihandelsabkommen war.

Angstmacherei vonseiten Behörden

Müller ging noch weiter, und kritisierte auch die Angstmacherei vonseiten Behörden. «Immer kommt dieses Damoklesschwert», das die Schweiz unter dem Druck anderer Staaten stehe. Die Schweiz repräsentiere 0,1% der Rindfleischexporte der Mercosur-Staaten und 0,05 Prozent der Palmölexporte von Indonesien und Malaysia. Das Marktpotenzial der Schweiz sei kurzerhand vernachlässigbar. Man kann nicht erpressen, was nicht von Bedeutung ist. Rein «Bevölkerungsmässig sind wir kein relevanter Markt», meinte Müller weiter.

Die Schweizer Bevölkerung stehe hinter ARtikel BV 104 und 104a. Für Bern sei das ein Problem. Die Verwaltung würde offensichtlich gerne eine forschere Gangart anschlagen, und spielt deshalb auch die Karte: «WTO macht Druck.» Da schaffe man zwei Jahre vorher das Schoggigesetz ab, um zu sagen, dass man dann noch Zeit habe. «Aber glauben Sie, die Industrie übt mit der Verwaltung zwei Jahre lang?» Entweder klappe die Nachfolge - oder sie klappe nicht. Müller wird deshalb den Verdacht nicht los, dass eine Politik der Angst und der Drohungen betrieben werde. Man spreche von einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. dabei konnte die Steigerung der Exporte in den letzten zehn Jahren um 60% verzeichnet werden.

Gesamtschau entzieht Landwirtschaft die Grundlage

Die Gesamtschau und der Zusatzbericht würde damit keine Evolution, sondern einen Systembruch sizzieren. Solche Systembrüche entsprechen nicht der Schweizer Konsenspolitik, die Gesamtschau entziehe der Landwirtschaft und der ersten Stufe schlicht die Grundlage für die künftige Arbeit.

Aus der Fial austreten will Müller trotz aller Kritik an der Ausrichtung nicht. «Wir fühlen uns gut, Sand im Getriebe zu sein. Es kann nicht sein, dass die Fial nur aus strammen Parteisoldaten besteht», beantwortete er eine entsprechende Frage von Moderator Roland Wyss.

hja