Denn auch Sie haben ein Interesse daran, dass in der Schweiz weiterhin Raps für die Lebensmittelindustrie angebaut werden kann.


Der Anbau von Raps liegt im Trend. Die Anbaufläche konnte im Jahr 2018 um fast 2500 Hektaren auf 22 94 Hektaren ausgedehnt werden. Mit dem Chips-Hersteller Zweifel ist zudem ein wichtiger Abnehmer für das heimische Öl an Bord gekommen. Raps ist die mit Abstand wichtigste Ölsaat in der Schweiz, vor den Sonnenblumen und Soja.


Es ist aber leider nicht alles gelb, was glänzt. Zwar ist aktuell primär das Palmöl Gegenstand politischer Diskussionen und Sündenbock Nummer 1. Es gibt aber auch Stimmen, welche darauf hinweisen, dass der Ersatz vom Palmöl durch einheimisches Öl – beispielsweise Rapsöl – nicht zwingend ökologischer sein muss. Die Gründe dafür: Der Palmölanbau kommt mit verhältnismässig wenigen Pestiziden aus, und die Flächenproduktivität ist rund viermal besser als beim Raps. Da der Transport mit dem Schiff überaus effizient ist, fällt dieser bei der Ökobilanz kaum ins Gewicht.


Auf der anderen Seite zeigte der Herbst 2018 wieder einmal deutlich, dass der Rapsanbau hierzulande für die Ertragsstabilität Pestizide benötigt. In den Kantonen Aargau, Luzern, Bern und Zürich beispielsweise wurden flächendeckende Sonderbewilligungen für die Behandlung gegen den Rapserdfloh ausgestellt, Felder mussten bis zu zweimal gegen den Schädling behandelt werden. Hinzu kommt, dass sich der Raps aufgrund der warmen Witterung üppig entwickelte und daher mancherorts zu gross in den Winter gehen dürfte. In diesen Beständen besteht die Gefahr der Auswinterung, ein starker Frost könnte den Vegetationspunkt zerstören oder eine Schneedecke den bereits entwickelten Stängel brechen. Folglich wird eine Behandlung gegen Phoma in erster Linie wegen dem Nebeneffekt der Verkürzung und besseren Winterhärte gemacht.


Im Frühjahr wird dann nebst dem (oftmals vernachlässigbaren) Rapsstängelrüssler bestimmt wieder der Rapsglanzkäfer die Landwirte vor Herausforderungen stellen: Eine Spritzung drängt sich in der Regel auf, wobei bei der Mittelwahl die bereits entwickelten Resistenzen des Schädlings im Auge behalten werden müssen. Die Häufigkeit dieser Spritzung zeigt sich nicht zuletzt in zunehmenden Resistenzen gegen Pyrethroide A und seit neuerem auch der Klasse B. Die letzte chemische Keule, die zum Einsatz kommt, ist jene der Sklerotinia-Behandlung in die Blüte – dies allerdings eher selten und mit bedeutend kleinerer Wirkung auf den Ertrag, dafür umso schädlicherer Nebenwirkung für das Image der Landwirtschaft. Ab dann zieren die gelb blühenden Rapsfelder die Landschaft und versorgen viele Insekten mit Nahrung. Der Raps steht bis zur Ernte im Juli auf den Feldern und ist damit die Kulturpflanze mit der längsten Vegetationszeit in unseren Breitengraden.


Rapsanbau und Pestizideinsatz sind also eng verknüpft – insbesondere die Insektizide und die auftretenden Resistenzen geben zu denken. Es ist also kaum ein Zufall, dass an der Liebegger Herbsttagung zum Thema Pflanzenschutz insbesondere der Raps im Fokus stand. Während der Verzicht auf Fungizide und auch Herbizide (mechanische Unkrautbekämpfung oder Untersaat) in manchen Fällen mit relativ geringer Ertragswirkung möglich wäre, ist eine Bekämpfung des Rapsglanzkäfers kaum verzichtbar. Dieser Schädling erklärt denn auch die massiven Ertragsschwankungen im Biolandbau.


Nun hat der Raps Nachteile – genau gleich wie jede andere Produktion! Wir könnten nun sagen, diese Nachteile wiegen zu schwer, kein Raps mehr in der Schweiz, zu viele Pestizide. Letztendlich ist es aber eine Frage der Alternative, und die heisst konsumentenseitig: Import.


Das ist aber gefährlich: Am Anbau von Raps hängt viel Wertschöpfung: Nebst der Produktion findet auch die Verarbeitung und Vermarktung im Inland statt. Wir können entscheiden, wie wir unseren Raps produzieren wollen, und das vor Ort kontrollieren. Der Raps hilft dabei, unsere Fruchtfolgen – insbesondere in den getreidelastigen Anbaugebieten in der Westschweiz – aufzulockern und ist somit eine indirekte Pflanzenschutzmassnahme. Der Raps ermöglicht es den Produzenten, ihr Risiko zu verteilen und die Arbeitsspitzen zu brechen.


Und was passiert produktionsseitig, wenn wir keinen Raps mehr anbauen? Dasselbe, wie bei jedem Wirtschaftszweig, den wir aufgeben: Man muss Alternativen suchen. Alternativen suchen heisst nicht, dass ein Landwirt eine völlig neue Pflanze erfindet, diese anbaut und verkauft und die Bevölkerung sie begeistert verspeist, weil sie zufällig gerade gesund, potenzfördernd und lecker ist. Es heisst vielmehr, dass der Druck auf andere, bestehende Ackerkulturen steigen wird.


Damit wären wir wieder beim Anfang: Auch wenn ich also nicht Rapsproduzent wäre, so liegt es in meinem Interesse, dass der Rapsanbau in der Schweiz weiterhin wirtschaftlich erhalten werden kann. Klar ist es gut, wenn wir den Anbau nachhaltiger gestalten und optimieren können. Das geht aber nur, indem man weitermacht, ausprobiert und verbessert. Die Produktion aus den Händen zu geben und im Ausland zu bestellen, ist keine Lösung, sondern eine Verlagerung des Problems.

Sebastian Hagenbuch