Die einen können sich nicht vorstellen, Kühe ohne ihren stolzen Kopfschmuck zu halten. Die anderen sind froh, endlich mit dem Risikofaktor Horn aufgeräumt zu haben. Schlussendlich soll jeder Landwirt selber entscheiden, ob er Kühe oder Ziegen mit oder ohne Horn im Stall haben will. 

Hornförderung gehört nicht in die Verfassung

Hörner sind schon fast eine Rarität und zum Schweizer Kulturgut geworden. Denn nur noch rund zehn Prozent der Kühe sind Hornträgerinnen, der Rest ist enthornt. Dennoch gehört die Hornförderung nicht in die Bundesverfassung. Die zeitgemässe Tierhaltung – wie in Laufställen – ist nicht aufzuhalten. Und in diesen Laufställen fühlen sich hornlose Kühe sicher wohler. So müssen sie nicht ständig in Angst leben, wenn sie eine ranghohe Artgenossin mit Hörnern von hinten attackiert. Hingegen haben Forschungen ergeben, dass Kühe mit Hörnern, qualitativ eine bessere Rohmilch aufweisen. Hier wäre doch der Hebel anzusetzen, um den Konsumenten zu überzeugen, dass er für diese Milch einen Mehrwert bezahlen soll. Somit wäre die Horndebatte ein für alle Mal vom Tisch.

Hörner müssen geformt werden

Wir hatten zu Hause immer behornte Tiere im Stall. Schlecht geformte Hörner konnte ich dabei aber nicht ausstehen. Schön mussten sie sein, das gab der Kuh einen besonderen Gesichtsausdruck. Jeder weiss, dass die Hörner dabei aber nicht einfach dem Himmel entgegenwachsen. Viel Arbeit, einige Tricks und Durchhaltevermögen waren gefragt. Darum hiess es bei uns schon früh, mit Hornführern, oder wie wir Berner sagen mit verschiedenen «Jöchli» zu arbeiten. Die Grossväter sagten uns immer, man solle die Hornführer nur bei zunehmendem Mond aufsetzen, da wachsen die Hörner fast alleine in die Höhe. Wie oft verloren unsere Kälber ihre Hornführer auf der Weide, wie oft stampfte ich im Kälberweidli umher und suchte sie. Fast jedes Mal wenn «dr Ätti z Märit» ging, musste er wieder ein neues und noch besseres Jöchli für mich kaufen – ich glaube, solche Marktstände sind heute schon fast ausgestorben. Trotz aufsteigenden Mondes formten die Hornführer die Hörner nicht immer in die gewünschte Richtung. Dann hiess es an der Hornspitze Löcher bohren. Mit Draht, einer Umlenkrolle an der Stalldecke und einem Gewicht hinten am Stallgang wurde ein dauerhafter Zug erzeugt, damit die Hörner doch noch in die gewünschte Richtung nach oben wuchsen. Heute ist diese Technik zum Glück verboten. Für mich war es dann eine Genugtuung, wenn ein Gusti einen schönen Kopfschmuck vorweisen konnte. Wie war es ärgerlich, wenn dieses im Frühling nach dem ersten Weidegang mit einem kaputten Horn nach Hause kam.

Behornte Kühe schwer zu verkaufen

Kälber enthornen oder wochenlang einen Hornführer tragen – beide Varianten sind für das Tier sicher kein Zuckerschlecken. Klar ist das Enthornen schnell gemacht, schlägt sich das Kalb aber danach den Kopf auf, kann man den Schmerz in seinen Augen mitfühlen. Hornlose Tiere sind heute für den Verkauf fast ein Muss. Behornte Kühe sind dagegen schwer an den Mann zu bringen. Dies ist für viele Landwirte ein weiteres Argument auf die Hornlosigkeit zu setzen. Um auf das Ausbrennen des Hornansatzes ganz verzichten zu können, wird auch züchterisch viel getan. 

Einsatz von genetisch hornlosen Stieren heisst die Zauberformel. Dies führt dann automatisch zu mindestens 50 Prozent hornlosen Kälbern. 

Konsumenten klar für die Initiative

Fragt man den Konsumenten auf der Strasse, ist er ganz klar für die Initiative. Kühe und Ziegen zu enthornen sei pure Tierquälerei und man nehme ihnen die Würde, sind seine Argumente. Betreffend Unfallgefahr müsse man den Tieren halt mehr Platz und Freiheit einräumen. Und wenn der Konsument begreift, dass die jährlichen Kosten von zehn bis 30 Millionen nicht er zusätzlich bezahlen muss, sondern dies ja vom landwirtschaftlichen Budget stammt, könnte die Hornkuh-Initiative an der Urne zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen werden.

Peter Fankhauser