Die Vielfalt agrotouristischer Angebote, die auf Bauernhöfen angeboten werden, ist inzwischen gross. Nebst «Schlaf im Stroh» und «Ferien auf dem Bauernhof» gibt es heute eine Vielfalt toller und teilweise sogar recht ausgefallener Angebote.

Nicht jeder ist Gastgeber

Voller Elan starten jedes Jahr Betriebsleiterpaare mit ihren Familien mit dem Empfang von Gästen auf ihren Höfen. Einige können mit der Zeit grosse Erfolge verzeichnen, anderen wiederum gelingt der Durchbruch nicht oder nur teilweise. Mögliche Ursachen könnten sein: Die Betriebsleiterfamilien sind keine Gastgeber. Das Angebot ist für die Familie, den Betrieb und die Region nicht passend. Es hat viele Mitbewerber, die das gleiche oder ein sehr ähnliches Angebot anbieten. Die Professionalität fehlt. Die Vermarktungsformen sind nicht angebotspassend gewählt. Den rechtlichen und finanziellen Aspekten wurde zu wenig Beachtung geschenkt.

Einstieg gut durchdenken

Der Einstieg in den Agrotourismus muss also gut durchdacht sein und sollte nicht überstürzt angegangen werden. Auf jeden Fall muss das «Herzblut» für diese Art von Betriebszweig spürbar sein. Den richtigen Weg zu wählen, ist nicht immer ganz einfach, weil sehr viele Bereiche geprüft und beurteilt werden müssen. Durch gezielte Weiterbildung kann die Verwirklichung des Projektes zielstrebig angepeilt werden. Durch den Besuch der Module «Willkommen auf dem Bauernhof» eignen sich die Teilnehmenden viel Wissen an und der persönliche Gedankenprozess wird angeregt. Es ist immer wieder spannend zu erleben, welche Aussagen die Interessierten zu Beginn des Modulbesuchs machen und wo sie am Schluss mit ihrer Projektidee stehen. Ein Beispiel aus der Praxis: Eine junge Frau zog auf den Hof ihres Partners. Auf dem Hof wurde bereits erfolgreich «Schlaf im Stroh» angeboten. Auf den ersten Blick also alles wunderbar. Die junge Frau entschied sich für den Besuch des Weiterbildungsmoduls, weil sie mit dem bestehenden Betriebszweig «Schlaf im Stroh» nicht glücklich war. Sie wusste nicht genau warum, denn Gäste auf dem Hof zu begrüssen, gefiel ihr. Sie überlegte sogar, damit aufzuhören, um eine Tätigkeit ausserhaus zu suchen. Im Laufe des Moduls wurde klar, dass das Problem nicht das Angebot selber war, das sie unzufrieden machte. Ihr wurde vielmehr bewusst, dass es für sie wichtig wäre, selber einen Betriebszweig aufbauen, statt Bestehendes weiterzuführen. Mit der Zeit reifte ihre eigene Idee: Sie wollte eine «Spielgruppe auf dem Bauernhof» aufbauen und anbieten. Voll motiviert und glücklich konnte sie im vergangenen Sommer ihre ersten Spielgruppenkinder auf dem Hof begrüssen.

Aktiv bleiben

Damit der neue Betriebszweig auch längerfristig erfolgreich sein kann und zufrieden macht, ist es sehr wichtig, aktiv zu bleiben, Networking zu betreiben und Weiterbildungen zu besucht. Vielen Kantone bieten deshalb auch Arbeitskreise an. Die Erfolgsfaktoren der Arbeitskreise heissen «von Bäuerin zu Bäuerin», «von Bäuerin zu Bauer» oder «von Bauer zu Bauer». Eine Beraterin oder ein Berater begleitet, organisiert und moderiert die Treffen. Die Gruppe pflegt einen intensiven Erfahrungsaustausch. Die Gruppenmitglieder wählen die Themen selber und besuchen einander gegenseitig auf ihren Betrieben. So werden die unternehmerischen und persönlichen Fähigkeiten der Betriebsleitenden gestärkt. Es werden aktuelle Themen ausgetauscht, Möglichkeiten zu Optimierungen diskutiert und konkrete Massnahmen für Verbesserungen geplant. Die Bauernfamilien motivieren sich gegenseitig, Neues zu versuchen und den Erfolg zu beobachten. Neben dem Fachlichen wird das Gesellschaftliche und Zwischenmenschliche gepflegt. 

Andrea Bieri