Wer in Rumänien mit dem Auto unterwegs ist, muss vor allem in der Nacht höllisch aufpassen. Immer wieder begegnet man auf den oft schlecht beleuchteten Strassen Pferdefuhrwerken, die meist allerhöchstens mit einer altersschwachen Taschenlampe ausgerüstet sind.

Ross und Wagen gehören auch 2017 noch unverändert zum Inventar der rumänischen Landwirtschaft, wie die 45 Teilnehmer und Teilnehmerinnen einer BauernZeitungs-Leserreise nach Siebenbürgen letzte Woche feststellen konnten. Noch weiter verbreitet ist Handarbeit, die bei uns längst ausgestorben ist, zum Beispiel Kartoffeln graben mit dem Karst oder die private Herstellung von Backsteinen für Bauarbeiten. 

Schweizer haben investiert

Daraus zu schliessen, dass die rumänische Landwirtschaft rückständig ist, wäre aber ein Fehler. In den guten Ackerbaugebieten im Westen und im Süden des Landes haben sich unter dessen Grossbetriebe angesiedelt, die manchen Kanadier ins Staunen versetzen würde. Topfebene Felder bis an den Horizont gehören hier zum Landschaftsbild. 

Investiert haben auch einige Schweizer. Mit seiner Firma Agrarinvest hat der ehemalige Banker Theo Häni Tausende von Hektaren Land gekauft, die er teilweise  selber bewirtschaftet. Ein weiterer Betrieb ist in Siebenbürgen entstanden, wo Agrarinvest Weideland erstanden hat. Den Betrieb führen die  Schweizer Stefan Jung und Samuel Widmer, gebürtige Thurgauer, die unterdessen mit rund 8000 Stück Vieh die grösste Angusherde in Südosteuropa betreuen. 

Jung liess für die Reisegruppe die ersten neun Jahre von «Karpaten-Meat» noch einmal Revue passieren. Die grösste Herausforderung ist für die Agrarunternehmer   die Rekrutierung von geeignetem Personal. Es fehlt vor Ort eine Ausbildung zum 
praxistauglichen Landwirt. Das müssen Jung und Widmer nun selber leisten. «Nach drei Jahren sind die Angestellten langsam gut einsetzbar», erzählte Jung. Sie hoffen nun, dass sie dafür noch einen Bruchteil der Schweizer Ost-Kohäsionsmilliarde für die EU erhalten werden.

Abwanderung in den Westen

Mit ihrem Personalproblem stehen die Schweizer nicht alleine da. Einer der Gründe für den Mangel ist auch, dass sich viele der Wägsten auf den Weg nach Westeuropa machen, um dort ihr Glück zu suchen. Allerdings sahen wir auf unserer Reise durchaus auch positive Beispiele. Zu diesen gehört George Catean, ein junger, innovativer Landwirt aus der Nähe von Kronstadt. Er hält 1100 Schafe und 110 Kühe. Rund 25 Tiere würden jährlich Wolf und Bär zum Opfer fallen, sagt er beiläufig, das gehört hier zum akzeptierten Risiko. 

Die Milch verarbeitet er zu ausgezeichneten Käsespezialitäten, wie die Degustation zeigte. Diese verkauft er direkt aber auch im Regionalsortiment des Supermarkts in der nahen Grossstadt. Diese Regionalnische wird also auch in Rumänien bereits bewirtschaftet.  

Adrian Krebs