In der Theorie ist Projektmanagement einfach. Gutes Projektmanagement ist klar, sachlogisch und transparent. Dasselbe gilt für gute Projekt-Kommunikation. Auch sie ist klar, sachlogisch und zielorientiert. Verschiedene Anspruchsgruppen werden identifiziert, kategorisiert und entsprechend selektiv mit Informationen versorgt. Jede einzelne Anspruchsgruppe erhält genau so viel Information, wie sie sinnvollerweise erhalten soll. Nicht mehr und nicht weniger.

Doch die Theorie hat einen Haken: Was technisch einfach lösbar scheint, ist im Umgang mit Menschen etwas anspruchsvoller. So kommt es nicht nur auf die inhaltlich richtigen Argumente an. Sondern auch darauf, ob man aus Sicht der Anspruchsgruppen die richtige Herkunft hat, um die inhaltlich richtigen Argumente anzubringen.

Die Herkunft erleichtert Zugang

René Schönbächler sagt es so: "Ich empfinde die Tatsache 'das ist einer von uns' als absolut wichtigsten Faktor in der Projektkommunikation." Schönbächler hat die Milchmanufaktur Einsiedeln mitgegründet. Er hat dafür gesorgt, dass die Einsiedler Milch auch wieder in Einsiedeln verarbeitet werden kann.

Warum Schönbächler in Anspruch nehmen kann, einer der dortigen zu sein, liegt an zwei Dingen. Erstens sprechen Projektleiter und Anspruchsgruppen insgesamt mit den gleichen Begriffen.

Das heisst, ein Käsekessi ist ein Käsekessi, keine aus Kupfer und Chromstahl gefertigte Milcherhitzungsanlage. Kuhmilch ist Kuhmilch und nicht das Gemelk von einem weiblichen Tier der Rindergattung. Und die Kette zwischen Produzent, Milchhändler und der Milchmanufaktur wird mit dem Begriff Wertschöpfungskette beschrieben, nicht als Supply oder ValueChain.

Zweitens gehört Schönbächler zu den "Eingeborenen". Sein Bruder ist Milchbauer und Präsident der Junglandwirtekommission des Schweizer Bauernverbandes. René Schönbächler kennt die Leute. Und die Leute kennen Schönbächler seit er als kleiner Bub auf den Feldern rumkraxelte und im Stall mithalf.

So kommt es nicht unüberraschend, dass Schönbächler externen Projektleitern eher kritisch gegenübersteht. Diese können seiner Meinung nach in der oft sehr kurzen Zeit nicht das nötige Vertrauensverhältnis aufbauen. "Und externe Projektleiter sind in der Regel für einen begrenzten Zeitraum angestellt. Sie können einen Anstoss geben, aber die Umsetzung müssen die direkt Betroffenen selber in die Hand nehmen." Die Milchmanufaktur Einsiedeln, da ist Schönbächler sicher, gäbe es in dieser Form nicht, wenn er in Zürich oder Basel aufgewachsen wäre. "Ein externer Projektleiter hätte es bei unseren Bergbauern auf alle Fälle schwerer gehabt", sagt er.

Auch René Epp ist in "seinem" Entlebuch gross geworden. Er kennt Tal und Menschenschlag. Teilt die Lebensrealitäten und die Herkunft. Allerdings ist es mit der Herkunft alleine nicht erklärt, wie erfolgreiche Projektkommunikation funktioniert. Und Herkunft kann unter Umständen auch einschränkend wirken. Wenn man aus der falschen Familie kommt. Zu unkonventionell denkt. Oder wenn man sich zu kompliziert ausdrückt. So gibt es neben der Herkunft noch ein paar handfeste Eigenschaften, die man mitbringen muss, damit Projektkommunikation gelingt.

Mit Argumenten überzeugen

"Die grösste Herausforderung bei einer gemeinsamen Vermarktungsplattform ist es, Konkurrenten an einen Tisch zu bringen und mit ihnen eine gemeinsame Vermarktungsstrategie zu entwickeln" meint René Epp und fügt rhetorisch Fragend an: "Wer lässt sich schon vom Konkurrenten in die Karten, die Strategie und die Kundenstruktur blicken?" Ausserdem müsse man die Betriebe davon überzeugen, dass sie gemeinsam mehr vom Erfolg haben, als wenn sie alleine arbeiten.

Gerade bei Betrieben, die relativ erfolgreich wirtschaften brauche es oft etwas mehr Zeit um Ängste abzubauen. "Zuerst muss man den Partner zum Beispiel zur Erkenntnis bringen, dass der Konkurrent nicht die Käserei aus dem Nachbardorf, sondern der Leerdammer aus den Niederlanden ist", wie es Epp formuliert. Etwas einfacher war da die Ausgangslage für Schönbächler: Die Milchverarbeitung in Einsiedeln war nicht mehr vorhanden, für etwas Neues war genügend Platz da. Als die Bauern verstanden haben, dass es Schönbächler ernst meint und vorwärts machen will und kann, konnte das Projekt vorangetrieben werden.

Dass Kommunikation eine zentrale Rolle spielt, ist offensichtlich. Ohne Kommunikation können weder Probleme noch Ideen oder Lösungsvorschläge diskutiert werden. Und ohne geschickte Kommunikation ist auch ein Projekt nicht zu lancieren. Wie René Epp ausführt, muss man dafür sorgen, dass die Meinungsführer eine Idee mittragen. Und dann muss man dafür sorgen, dass man genug Raum bietet, damit auch die Fetzen fliegen können. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass wenn es an Sitzungen rege Diskussionen gab, wir am Ende weitergekommen sind", meint Epp. Bedingung dafür ist, dass sich die Sitzungsteilnehmer Vertrauen können. Und es muss transparent sein, wer welche Ängste und Interessen vertritt.

Wenn es zudem gelingt, das Projekt so aufzubauen, dass noch nicht überzeugte Partner später einsteigen können, hat man gute Chancen bei ersten Teilerfolgen noch weiter wachsen zu können. "Wenn der Erfolg dann da ist, kommen die kritischen Partner teilweise von selber wieder", sagt Rene Epp. Weil sie wissen, dass einer von Ihnen sich um das Projekt kümmert. Und weil sie mit der Zeit Zweifel abbauen können.

lid/Hansjürg Jäger*

*Der Autor des Dossiers hilft beim Swiss Agro Forum in der Kommunikation und hat in diesem Auftrag das Dossier für den LID verfasst.